Improvisierte Kompassnadel - Redneck Physics

  • Hallo zusammen,


    viele wissen, dass man eine magnetisierte Nadel als improvisierte Kompassnadel nehmen kann.
    Die Frage ist nun, wie bekomme ich eine Nadel magnetisiert?


    Es gibt zum Beispiel die Theorie, dass man einen Nagel magnetisieren kann indem man ihn in Nord-Süd-Richtung legt und mit einem Hammer auf ein Ende davon schlägt. Die Theorie besagt, dass die Elektronen durch den Schlägen an des Magnetfeld der Erde sich ausrichten. Ich hab's ohne Erfolg ausprobiert. Ebenfalls das Erhitzen des nach Norden ausgerichteten Nadels über den Curiepunkt und anschließende Abkühlung. Ich vermute einfach, dass das Magnetfeld der Erde hierzu zu schwach ist.


    Dann gibt es noch den "Urban-Legend" vom Nehberger, dass man eine Nadel durch Reibung mit Wolle, Stoff oder Haare magnetisieren kann, was wieder quatsch ist.*


    Auf jeden Fall sicher funktioniert die Magnetisierung mittels starkem Magnet. Da habe ich zum Beispiel einen Neodym-Magnet aus einer alten Festplatte ausgebaut. Diese wird mehrfach in einer Richtung an der Nadel entlang gestreift.


    Falls Ihr jedoch einen Feuerzeug mit Piezozündung (Elektronisch), eine Nadel und einen Stück isoliertem Gartendraht habt, gibt es noch eine Methode eine Magnetnadel herzustellen. Redneck-Style. 8)



    zuerst baut man die Zündung aus und biegt die Zündleitung etwas nach aussen. Dann nimmt man ein Stück Draht und wickelt diese eng um die Nadel. An beiden Enden des Stahldrahts kratzt man die Oberfläche mit einem Messer oder Stein bis man blankes Metall sieht.


    Jetzt kommt das prickelnde Teil:
    Mit der Nadel in der fertiggeformten Spule, nimmt man eine Ende des Drahts in einer Hand und mit dem Piezo-Zünder erzeugt man Funken auf das andere Ende des Drahts.
    Wenn alles richtig funktioniert, spürt man einen kleinen Stromschlag in den haltenden Fingern.
    Wenn man mutig genug ist, wiederholt man die Zündung so 50 - 60 Mal.
    Anschließend zieht man die magnetisierte Nadel aus der Spule.
    Damit die Nadel auf Wasser schwimmen kann (Oberflächenspannung) reibt man diese zwischen den Fingern damit sich eine Ölschicht auf die Oberfläche bildet.
    Jetzt kann man die Nadel vorsichtig auf die Wasseroberfläche legen und voila, ES FUNKTIONIERT!!!!!


    Hintergrund: legt man ferromagnetisches Material in einem Magnetfeld, richten sich die Elektronen so auf, dass sie mehrzählig Spin in der gleichen Richtung bekommen und das Material wird magnetisiert.
    Mit dem Piezozünder wird Elektrizität mit einer sehr hohen Spannung aber geringem Strom erzeugt. Dieser Gleichstrom reicht jedoch, um den Stahdraht in eine elektromagnetische Spule zu wandeln.


    Die Nadel war vor dem Vorgang nicht magnetisiert und hat sich willkürlich auf der Wasseroberfläche gedreht.
    Um sicher zu gehen, habe ich die Nadel andersrum in die Spule gesteckt und nach 100 "Ladungen" war der "Magnet" tatsächlich auch umgepolt und hat um 180° in der andere Richtung gezeigt.


    Zu der Frage, welches Ende ist Nord oder Süd?


    Der Piezozünder erzeugt eine positive Stromladung an der Elektrode (Kathode).


    Wenn ich die Nadel in der linken Hand halte und den Draht im Uhrzeigersinn um die Nadel wickele, entsteht eine linksdrehende Spule mit "S-Windung" (Andersherum gib es die rechtsdrehende Z-Windung oder Korkenzieher)
    Ich nehme jetzt die Nadel und stecke diese von links in die Spule, sodass der Spitze nach Rechts zeigt. Wenn ich die Spule jetzt in der linken hand festhalte und mit dem Piezozünder auf das rechte Drahtende drauf blitze, erzeuge ich einen Nordpol auf der Spitzenseite der Nadel.


    Apropos Korkenzieher:
    Wenn ich einen Victorinox Offiziersmesser zur Hand habe, habe ich gleichzeitig eine rechtsdrehende Spule. Da kann ich meine Nadel in Papier wickeln und in den Korkenzieher stecken, sodass die Spitze zum Messer hin zeigt. Wenn ich jetzt mit dem Piezozünder auf die Spitze des Korkenziehers blitze, erzeuge ich eine Magnetnadel mit Nordpol auf der Spitze.
    Da ich aber wenige Windungen habe im Korkenzieher, wird das Magnetfeld entsprechend schwächer sein und ich muss dann öfters zappen als mit dem enggewickeltem Stahldraht. Es Funktioniert aber!!


    Wenn man kein Stahldraht zur Hand hat, funktioniert das auch mit einem sehr dünnen Kabel, wie z.B. von Kopfhörer. Falls der Draht nicht isoliert ist, kann man diesen durch Wachs ziehen und die Nadel in einem kleinen Stück Papier wickeln, um diesen zu isolieren.
    Ein Nadel verliert jedoch die Magnetkraft mit der Zeit, dies hauptsächlich wegen Erschütterungen. Wenn man den Nadel auf einen Lautsprecher legt (Wechselfeld) passiert das auch. Deshalb sollte man Kompasse nicht neben Lautsprecher lagern. Dazu reicht unter Umständen sogar der Lautsprecher eines Smartphones.


    Cheers Mike



    *Nehberg hat die Nadel-Stoff-Geschichte vom USAF Survival manual abgeschrieben, ohne die Methode jedoch selbst zu testen. Inzwischen wird diese Methode weiter empfohlen, obwohl es eigentlich nicht funktioniert.
    Statische Elektrizität wird nur dann aufgebaut, wenn kein Strom fließt. Wenn kein Strom fließt gibt es auch kein elektromagnetisches Feld.
    Fakt ist allerdings, dass viele Nadeln/Büroklammern etc. von Werk aus bereits magnetisch sind.