Der Mensch ist ein Gewohnheitstier - Ein Gedankenexperiement über Selbstverständlichkeit

  • Moinsen zusammen,


    ich war eben beim Aldi einkaufen und der war ungewohnt voll von Menschen. Die unterschiedlichsten Menschen wuselten mit ihren Einkaufswagen durch die Gänge, die Regale waren gut gefüllt, die Truhen voller Leckereien, Die Getränke stapelten sich fast bis zur Decke. Obst und Gemüse aus den unterschiedlichsten Ländern waren ordentlich drapiert, dass man nur zugreifen musste. Es waren 4 Kassen geöffnet und die Kassiererinnen zogen die vielen Waren in gewohnter Schnelligkeit an den Scannern vorbei. Der Aldi war hell erleuchtet und der Parkplatz voll. Geöffnet hat er bis um 20 Uhr und keine 2 Kilometer weitert ist ein noch größeres Geschäft, welches gar bis um 24 Uhr geöffnet hat. Sollte einem das noch immer nicht reichen, könnte man gar am Sonntag rund um die Uhr eine gut sortierte Tankstelle aufsuchen und sich dort fehlende Lebensmittel kaufen.
    Wenn man heim kommt, dann drückt man den Lichtschalter und dieser taucht die Wohnräume in warmes und helles Licht. Dreht man den Griff an der Heizung und es dauert nicht lange und es wird mollig warm. Wenn man den Wasserhahn öffnet dann läuft trinkbares Wasser beinahe unendlich heraus, bis man ihn wieder schließt.
    Wenn bei uns mal ein Wasserrohrbruch ist, dann dauert es nicht lange und ein großer Anhänger mit Wassertank steht bereit (gerade vor zwei Tagen passiert) und der Fehler wird schnellstmöglich behoben.
    Ein Stromausfall dauert meist nur wenige Stunden, wenn kompetentes Fachpersonal mit Hochdruck an der Fehlerbehebung arbeitet. Streikt der ÖPVN dann solidarisiert man sich ggf mit Nachbarn/Kollegen etc und stellt unkomplizierte Fahrgemeinschaften auf die Beine. Hat ein Lebensmittelgeschäft nicht die gewünschten Artikel, dann geht/fährt man eben zum nächsten, denn die Auswahl ist groß, wenn man nicht gerade in ländlicher Gegend wohnt und einige Kilometer fahren muss zum nächsten Geschäft. Wenn man lebensbedrohlich erkrankt ist, dann ruft man einfach die 112 an und kann sich darauf verlassen, dass schnellstmöglich medizinisches Fachpersonal auf dem Weg ist usw..


    Wie sehr habt ihr euch daran gewöhnt, dass es einfach "läuft"? Wie sehr würde es euch aus dem Konzept bringen, wenn eines der Rädchen im System mal längerfristig ausfällt (aus welchen Gründen jetzt auch immer)? Habt ihr euch daran gewöhnt, weil ihr es nicht anders kennt? Viele von euch haben Lebensmittelreserven vorrätig, schlafen bei niedrigen Temperaturen draußen, wissen, wie man mit wenig Feuer macht und was man von draußen in der Not essen könnte. aber niemand macht es wohl, weil er es muss, sondern weil er es will. Was ist, wenn man dieses Wissen mal in der Not anwenden müsste? Würde es dann auch funktionieren?



    Wenn bei mir der Strom mal für mehrere Tage ausfallen würde, oder kein Wasser zur Verfügung stehen würde....Ich bin mir ziemlich sicher, dass mich das sehr durcheinander bringen würde und ich mir teilweise sehr hilflos vorkommen würde. Ich persönlich habe mich einfach zu sehr daran gewöhnt, dass diese Dinge stets zur Verfügung stehen, weil ich es eben nicht anders kenne. Sollte man da etwas mehr Demut an den Tag legen, oder es einfach als gegeben hinnehmen? Würdet ihr euch auch als ein "Gewohnheitstier" sehen?


    Ich bin gespannt auf eure Meinungen und Gedanken disbezüglich.



    PS: Sollte diese Thematik am falschen Ort gelandet sein, dann bitte verschieben :)



    LG Eichenblatt :Squirrel:

  • Ich verlasse mich ganz und gar auf unsere Infrastruktur, dafür ist sie ja auch da.
    Sollten Strom und Wasser ausfallen, kann ich meinen Alltag eine ganze Weile aufrecht erhalten.
    Bricht hier alles zusammen und ich müsste mich ausschließlich im Wald selbst versorgen, siehts schlecht aus.
    Ich kann einen Kaktus nicht von einem Kohrabi unterscheiden. :whistling:

  • Ich habe ein Beispiel aus den vergangenen 14 Tagen.


    Heizung ausgefallen !!


    Na ja , sooo schlimm war es nicht, haben einen Kachelofen und reichlich Holzvorräte, aber die Umstellung , gerade in den kalten Tagen ,die wir schon hatten, war enorm für einen sonst so routinierten Alltag .


    Schon früh morgens den Ofen anheizen und füttern , bis man zur Arbeit musste,wenn es der Arbeitsalltag ermöglichte immer mal tagsüber Holz nachlegen. Abends das gleiche Spiel, möglichst schnell das Haus warm bekommen, da man ja auch bald wieder ins Bett musste und über Nacht wenig Wärme verloren gehen sollte ( musste ja morgens wieder aufheizen) Das über Ca. 2Wochen.


    Sicherlich hätte es einige andere ohne alternative Heizmöglichkeit deutlich härter getroffen, aber man wurde schon sehr aus seinem gewohnten Alltag herausgerissen. Gut, nach mehreren Tagen hatte ich den neuen Rythmus drin, aber unglaublich wenn der sonst so normale "Schalter " nicht funktioniert.


    Das Leben ist ein Spiegel: wenn du hineinlächelst, lächelt es zurück
    George B. Shaw

  • Moin,
    glaube so was ähnliches wurde schon hier aufgegriffen."Überleben" in den eigenen 4 Wänden"

    Ja, stimmt!
    Und seit dem Faden hab ich jetzt allen Ernstes 'ne 12 l - Notreserve Wasser im Keller, mein Vorratsschrank ist begehbar und ich hab sogar einen Liter Sonnenblumenöl gekauft, um Tony-Lennartz-mäßig einen Behelfsofen zu bauen;
    im Moment versuche ich gerade, eine hohle Badenudel aufzutreiben, um mir ein worst-case-Klo zu basteln...
    DIESEN Faden boykottiere ich jetzt! X(
    Ich hab keinen Platz mehr für noch mehr Vorsorge... ;)
    LG schwyzi


    PS Man bloß gut, dass ich nicht preppe...

    One man's trash is another man's treasure!
    Tough enough to wear pink.
    Member of the Hateful fifteen

  • Ich höre gerade das Buch Blackout das mich auch noch mal nachdenklich gemacht hat.
    Ich denke ich könnte es so lange gut zu Hause haushalten solange ein Ende absehbar ist und ich die grundlegenden Bedürfnisse wie Wärme, Wasser und Essen stillen kann.
    Gehts dann wie gewohnt weiter? Nein, natürlich nicht.
    Aber ich denke so lange es nicht zu dauerhaften Ausfällen einem Zusammenbruch im gesamten Bundesgebiet kommt sind wir hier in Deutschland in der komfortablen Lage solche Situationen relativ gelassen zu ertragen vorausgesetzt es geht durch Naturkatastrophen an die persönliche wirtschaftliche Existenz.

  • Autsch? Dann bitte schließen und im anderen Faden weiterführen. Hab da nicht aufgepasst :/

    Not all those who wander are lost. - J.R.R.T

  • Versorgung für einige Zeit ist gesichert:


    - Wasser ist in Glas- und PET-Flaschen im Keller genug vorhanden (schätzungsweise für mehrere Wochen)
    - Konserven und "trockene" Gundnahrungsmittel für noch länger
    - Brennstoffe fürs Kochen dürften auch reichen
    - Heizen der Wohnung sehe ich nicht als wesentlich an, dicke Klamotten müssen reichen


    Entsorgung könne ein Problem darstellen:


    - Wald ist nur wenige Meter weit weg, ob man da fürs Geschäft immer hingehen möchte?
    - Notkklo mit Eimer und Abstreumaterial ist vorhanden
    - auf Dauer könnte die Entsorgung ein Fragezeichen aufwerfen
    - dann hilft immer noch der Schacht und "Donnerbalken" den wir im Garten der Eltern eingerichtet haben


    Sollte der Versorgungsengpass mehr als einige Wochen umfassen, wird es eng!


    Dann brauche ich mir aber speziell zu diesem Thema keine großen Gedanken mehr machen, weil es dann ganz andere Probleme geben wird.

    "Das schönste Geschenk, das die Götter den Menschen verliehen, ist die Freundschaft. Mögen manche auch den Reichtum, die Macht, die Ehre oder die Gesundheit preisen, ich ziehe Freundschaft und Weisheit allen anderen Gütern vor."

    Marcus Tullius Cicero (106 v. Chr. - 43 v. Chr.)



  • das denke ich mir auch, da gehts ums gegenseitige Überleben, plünderungen, Überfälle usw.

    Ist ein bisschen OT ( und es nicht persönlich, @Naturboy64 !), aber das oben Gesagte fiel mir jetzt schon häufiger in mehreren Fäden auf...
    Anscheinend wird von manchen automatisch davon ausgegangen, dass im "Ernstfall" immer nur die schlechtesten Seiten der Menschen zum Vorschein kommen; nie las ich:"Dann werden sich Menschen zusammentun und sich gegenseitig helfen"
    Genau darauf hoffe ich aber. Ist vielleicht etwas naiv, aber meine Erfahrungen in meinem bisherigen Leben bestärken mich da eher-
    gerade wenn man z.B. auf Wandertour "aufgeschmissen " ist, weil z.B. trotz Internetrecherche die angegebenen Unterkünfte gar nicht mehr existent sind, haben sich mehr Leute 'n Kopp und v.a. Mühe gemacht, mir zu helfen, als dass sich welche achselzuckend abgewandt hätten - eigentlich hat das nicht einer...
    Ich will auf gar keinen Fall (!) hier darüber eine Diskussion starten, das wäre total zwecklos, weil niemand bisher den "worst case"
    erlebt hat und damit alle Aussagen spekulativ wären -
    ich möchte es nur mal zu bedenken geben - es könnte ja auch so kommen, wie ich es erhoffe, eigentlich sogar erwarte.
    Nur mal zum Nachdenken ;)
    LG schwyzi

    One man's trash is another man's treasure!
    Tough enough to wear pink.
    Member of the Hateful fifteen

  • Schon geschehen, das Nachdenken... ;)

  • ....schlafen bei niedrigen Temperaturen draußen, wissen, wie man mit wenig Feuer macht und was man von draußen in der Not essen könnte. aber niemand macht es wohl, weil er es muss, sondern weil er es will. Was ist, wenn man dieses Wissen mal in der Not anwenden müsste? Würde es dann auch funktionieren?
    ...

    DAS ist für mich ein wichtiger Punkt und da kann Jeder - der es möchte/der es wissen möchte - ja auch selbst mal ein bißchen "survivel spielen"; mir macht das Spaß und ich glaube, ich habe da auch schon etwas dazugelernt, obwohl ich nun alles andere als ein großer Prepper oder gar Der-als-Erstes-in-den-Wald-Renner bin :) ; ich mag es aber, alles was ich mir so als "urban survival" vorstellen kann, mal ausprobiert zu haben; Nachfolgendes bezieht sich natürlich alles nur auf Mietbutze:
    -klar ist es auf dem Balkon eines geheizten Hauses trotz Styropordämmung noch wärmer, als wenn das Haus schon ausgekühlt wäre, aber man kann ja trotzdem mal im Winter ein paar Nächte da draußen pennen; ich habe gelernt, womit ich meinen billigen 3-Jahreszeiten-Schlafsack so pimpen kann, dass ich trotzdem draußen nicht friere (diese tollen 15-Euro-Kuscheldecken sind zwar viel zu schwer und zu groß zum Mitschleppen, aber dorheeme funzt das schon); und loggisch würde ich dann natürlich nicht auf dem Balkon pennen, aber irgendwie muss man den Wurst-Käs ja imitieren :)
    -Getränke und Schmackofatz mit dem Holzvergaser auf dem Balkon erwärmt: man merkt recht schnell, welches Holz "zivil verbrennt" und welche Mengen man dafür braucht; außerdem bekomme ich nur so meine "Rotation" hin, da ich Dosenfraß eigentlich nicht esse; einen Gaskocher schaffe ich mir aber trotzdem nicht an :)
    -es hülft sicherlich auch, schon mal in Friedenszeiten :) in den Eimer zu k***en (diese Schwimmnudelgeschichte als Sitzverbreiterung ist wirklich eine geniale Idee), und das dazu benötigte Material dort vorrätig zu haben, wo man es braucht (wenn es mal soweit ist :) ),
    -das Geheize mit Kerzen kann man - gerade in der Weihnachtszeit - auch ausprobieren...
    ...und dabei natürlich auch das Lüften üben :)
    -was ich noch mache (keine Empfehlung, da schon sehr weit hergeholt, aber mir macht es halt Spaß): bei allen möglichen Witterungen und Lichtverhältnissen meinen "Fluchtweg" (der bei mir dummerweise bedeutet, erstmal einmal im großen Bogen um die Stadt herum zu latschen) zu gehen und zu erkunden, ob es vllt. Veränderungen gibt und danach meine "Karte im Kopf" umzugestalten.


    VG
    Bolt



    Tante Edith: @schwyzi Dass die Leute zusammenhalten/sich neu zusammentun, wird sicherlich auch passieren; dort, wo ich an einem Hof beteiligt bin, gehe ich sogar stark davon aus und stimme dir somit zu.
    Dort, wo ich meine Mietbutze habe, aber eher nicht... :)

    Vollkommenheit entsteht offensichtlich nicht dann, wenn man nichts mehr hinzuzufügen hat, sondern wenn man nichts mehr wegnehmen kann.
    Antoine de Saint-Exupéry

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