Leiter Ausbildungskonzepte in den unterschiedlichen Verbänden

  • „Ich glaube fest daran, dass die Ausbildung interessant für die Menschen gemacht werden muss, so dass sie ermutigt werden, aus eigenem Eifer heraus für sich selbst zu lernen.“ Robert Baden-Powell

    Viele Pfadfinderverbände legen Wert auf ausgebildete Leiterinnen und Leiter.
    Mich würde es interessieren was für eine Ausbildung ihr in eurem Verband/Stamm durchlaufen habt, wie sie Aufgebaut ist und ob auf etwas besonderen Wert gelegt wird.


    Ich habe die Ausbildung der DPSG etwa so durchlaufen:


    Die Einstiegsphase
    Da ich sehr später Quereinsteiger bin und selbst keine aktive Pfadfindervergangenheit hatte wurde ich von einem Leiter des Stammes angeworben. Dieser lud mich zu seinen Gruppenstunden ein. Ich schaute sie mir ein paar mal an. Nach einiger Zeit wurde ich dem Stammesvorstand vorgestellt. Dieser war, so wie es sein sollte, sehr an mir interessiert. Er nahm sich die Zeit sich mit mir über meine Motivation und meine Vorstellungen auszutauschen. Dies passierte nicht ausschließlich beim ersten Treffen und ähnelte keinem Verhör.
    Als nächstes wurde ich einem erfahrenen Leitungsteam zugeteilt. Dort lernte ich zusammen mit den Kindern einen großen Teil des Handwerkszeugs. Eine Jurte oder eine Kothe hatte ich bis zu diesem Zeitpunkt noch nie selbst aufgebaut. Außerdem lernte ich erste Inhalte des „Wesens“ der Pfadfinder sowie der entsprechenden Pädagogik kennen. Zugegeben ein Leiter, der selbst Pfadfinder ist hier klar im Vorteil. Ich wurde dazu gebracht erste Gruppenstunden selbst zu planen und durchzuführen. Ich wurde auch an die Planung und Durchführung von Lagern herangeführt. Nach einiger Zeit endete die Praxisbegleitung und ich wurde auf eine freigewordene Leiterstelle gesetzt. Nun leitete ich zusammen mit einer Leiterin meine erste eigene Gruppe.


    Nach der Einstiegsphase sollte ein DPSG Leiter eine Vielzahl von Modulen durchlaufen. Dies geht in Wochenendkursen oder eben in einem 8 tägigen Blockseminar.
    Die Module im Überblick sind:
    Leiter/in als Person
    1a Identität und Leitungsstil
    1b Teamarbeit
    1c Gesellschaftliches Engagement
    Gruppe, Kinder&Jugendliche
    2a Lebenswelt von Kindern, Pädagogik der DPSG
    2b Geschlechtsbewusste Gruppenarbeit
    2c Pfadfinderische Grundlagen, Pfadfinderische Methodik
    2d Gewalt gegen Kinder und Jugendliche: Sensibilisierung und Intervention
    2e Gewalt gegen Kinder und Jugendliche: Vertiefung und Prävention
    Sachthemen
    3a Pfadfinderische Grundlagen: Geschichte
    3b Erste Hilfe
    3c Finanzen, Haftung, Versicherung
    3d Spiritualität
    3e Pfadfindertechniken
    3f Planung und Durchführung von Maßnahmen.


    Von besonderer Bedeutung sind in unserem Stamm die Modulbausteine 2c und 2d. Keinem Leiter ist es erlaubt an einem Lager teilzunehmen, ohne diese Module besucht zu haben. Ob es etwas bringt weiß ich nicht. Glücklicherweise hatten wir auf dieser Ebene noch keine Probleme (erkannt).


    Ich entschied mich für eine Blockseminar. Dort lernte ich interessante Leute kennen mit denen das erarbeiten von den Inhalten sehr viel Spaß gemacht hat. Wir arbeiteten in Groß- und Kleingruppen. Zu erwähnen ist noch, dass der Erste Hilfe Kurs extern besucht werden muss. Er entspricht den EH Kursen, die man für den Führerschein benötigt.


    Bis zu diesem Zeitpunkt wurden mir schon das Handwerkszeug des Leitens mittels des Stammes und die entsprechende Theorie auf dem Kurs beigebracht.


    Es wurde uns empfohlen mit diesen Erfahrungen ein Jahr unsere Gruppe weiter zu leiten bevor wir den letzten Schritt gehen sollten.
    Gesagt getan, auch wenn es keine Pflicht ist.


    Der Woodbadge Kurs ist der Abschluss der Leiterausbildung der DPSG, auch wenn man nach Vollendung des Kurses noch Weiterbildungen besuchen kann.
    Der Woodbadge Kurs ist in drei Phasen unterteilt. Den Kurs, die Vorhabensphase und das Reflexionswochenende.
    Im Kurs wird der Leiter als Person sehr in den Mittelpunkt gerückt. Man bekommt von den Teamern ein wenig Input und soll mit den anderen Kursteilnehmern das bisher gelernte anwenden indem mit mit Hilfe der Projektmethode ein Projekt entwickelt, mit welchem sich alle Teilnehmer identifizieren können. Je nach Gruppe ist dies anstrengender oder eben nicht. Man wird dazu angeleitet sich selbst zu reflektieren, so dass man sieht an welchen Stellen man sich selbst, sein Leitungsverhalten oder die persönliche Rolle im Stamm verändern kann und will. Man formuliert sich ein Lernziel, welches man in dem nächsten halben Jahr, der Vorhabensphase, erreichen will. Nach diesen anstrengenden 9 Tagen geht man Nachhause mit einer Idee im Gepäck welches Projekt man in der Gruppe, im Stamm oder im Bezirk durchführen will. Das Projekt sollte natürlich zum persönlichen Lernziel passen. Dabei wird man von einem der Teamer begleitet, die einem mit Rat und Tat zur Seite stehen. Das Projekt dokumentiert man. Die Dokumentation soll mindestens eine Seite und höchstens zwei lang werden, aber sein wir mal ehrlich. Es wird viel viel mehr. Diese Dokumentation sendet man an seinen betreuenden Teamer. Der liest sie sich bis zum Reflexionswochenende durch. An diesem Wochenende reflektiert man zusammen mit dem Teamer das persönliche Projekt und überlegt ob man sein persönliches Lernziel erreicht hat, was man hätte besser machen können und wie die persönliche Zukunft aussehen soll. Nach Abschluss dieses Gesprächs empfiehlt der Teamer dem Bundesvorstand die Ernennung zum Woodbadgeträger oder eben nicht. Ggf. wird einem noch mehr Zeit zugesprochen.


    Mein Woodbadge Kurs war sehr interessant. Auch hier habe ich sehr viele interessante junge Pfadfinder kennengelernt. Das schöne ist, dass es sich bei Pfafinderleitern meist um Menschen handelt mit denen andere Pfadfinderleiter super zurecht kommen. Auch hier gibt es natürlich sympathischere Personen. Im Grunde kommt man aber mit den meisten sehr gut zurecht. Auf die genauen Inhalte des Kurses und des Kursprojekts möchte ich nicht eingehen. Die persönlichen Lernziele sind etwas sehr privates. Außerdem besteht die Gefahr, dass ich bei zu genauem drauf eingehen einem zukünftigen Kursbesucher wichtige Erkenntnisse vorweg nehme.
    Ähnlich ist es mit der Durchführung meines Projektes. Es war eine super Sache. Mir ist es glücklicherweise leichter gefallen als ich dachte und alle teilnehmenden Personen hatten eine Menge Spaß. Über das Entwicklungswochenende kann ich nicht allzu viel berichten, da es noch aussteht.


    In unserem Stamm wird auf die Phasen 1 und 2 großen Wert gelegt, so dass der Modulkurs auch von ihm finanziert wird. Der Woodbadge Kurs selbst wird eher als Kür angesehen.


    Wie sind eure Ausbildungserfahrungen?
    Habt ihr eine padfinderische Ausbildung durchlaufen?
    Wie ist die Ausbildung in anderen Verbänden geregelt?


    Sollten Fragen bezüglich der DPSG Ausbildung bestehen stehe ich gerne zur Verfügung.

    "Ich glaube an das Pferd. Das Automobil ist eine vorübergehende Erscheinung." Wilhelm II.

  • Es gibt die Weltorganisation WOSM. Jedes Land kann sich dem WOSM anschließen. Allerdings nur ein Verband pro Land. In Deutschland wurde das so geregelt, dass sich der Ring deutscher Pfadfinder (RdP) gegründet hat. Der RdP ist ein Überverband von mehreren Verbänden. In diesem RdP sind aber bei weitem nicht alle deutschen Verbände vertreten.
    Das ist in meinen Augen eine große Bereicherung für die Pfadfinderei in Deutschland.


    Edit: Ein Beispiel mit Zahlen aus Wikipedia


    Verband/Mitgleider
    DPSG 95.000
    VCP 47.000
    BdP 30.000
    DPV 29.000
    RR 20.000
    PSG 10.000
    REGP 6.300
    CPA 4.500
    CPD 4.200
    DPB 2.500


    Nur DPSG, VCP und BdP sind im RdP, also auch in der Weltorganisation WOSM

    "Ich glaube an das Pferd. Das Automobil ist eine vorübergehende Erscheinung." Wilhelm II.

    2 Mal editiert, zuletzt von Scorch ()

  • Bei unserem Verband (Royal Rangers) gibt es zum einen Kurse (Leiterschaftstraining) die Voraussetzung für die Arbeit als Leiter in einem Team sind. Je nach Altersstufe stehen dabei die Camps oder Haiks (Wanderungen mit Übernachtungen) im Vordergrund wobei der „Camp Kurs“ Voraussetzung für den „Haik Kurs“ ist. Es gibt dann weiterführende (Leiterschafts-) Kurse, je nachdem wohin man sich in der Mitarbeit entwickeln möchte. Beim Leiterschaftstraining geht es um die Arbeit als Leiter mit pfadfinderischen und geistlichen Teil (die Royal Rangers sind ein christlicher Pfadfinderverband).


    Weiter geht’s dann mit Zusatzqualifikationen für welche die oben genannten Kurse Voraussetzung sind. Dabei geht’s um Outdoorthemen wie Wintercamps, Kanu-, Alpin-, Kletterkurse oder Wildnismedizin usw.


    Außerdem kann man verschiedene Seminare besuchen bei denen es auch um Leiterthemen geht oder um Hilfestellungen gute Stammtreffs zu planen und durchzuführen (Geschichten erzählen, Musik etc.).


    Die Royal Rangers sind weltweit selbstständig organisiert und führen eigene lokale, Bundes- oder Europacamps und Veranstaltungen durch.


    Hier gibt’s einen Überblick über die Kurse:
    Ausbildung Royal Rangers

  • Ich binn schon seit meine Kindheit mitglied einer Pfadifinder Gruppe.
    Aber als Leiter muss man auch in den Niederlanden einen oder mehere Kurse durchlaufen um anerkant Leiter zu werden.
    @Scorch schrieb 'Nach der Einstiegsphase sollte ein DPSG Leiter eine Vielzahl von Modulen durchlaufen. Dies geht in Wochenendkursen oder eben in einem 8 tägigen Blockseminar'so sieht das auch in grosse Linien hier bei uns aus. Auch die in den Modulen Themen sind ungefähr gleich.
    Wir haben da noch Modulen – 'UN'-gewünschtes Verhalten – Evaluieren von Aktivitäten – Fähigkeiten Diskussion und Beratung – Multikulturell Scouten – Erste Hilfe.
    Jede Gruppe / Sippe muss mindestens einen Leiter haben der anerkant ist. Geht man auf Lager oder Biwak dann braucht man des betreffende extra Modul 'Op Kamp' oder Op Biwak'.
    Dann sind da noch zig- viele Kurse in alle denkbare Themen die nicht in der Basis angeboten worden sind. Die heissen vertiefungs-Modulen. Jeder Leiter sollte sich jedes Jahr vertiefen.. und dass wird sehr stimuliert. Deswegen werden auch alle Kosten durch die Gruppen bezahlt.


    Ich habe auch alle Stufen durchlaufen und binn anerkant Leiter in alle Alterstufen ich habe sogar zwei mal den Woodbadge Kurs, einmal mit haupthema 'Organisation' und einmal mit Thema 'Outdoor'.
    Auch die Funktionen in der Pfadfinder Organisation habe ich so ziemlich alle durchlaufen, von Gruppenleiter, Regional Organisator und Kurs Leiter bis zur Überregionale und National ebene. Da habe ich auch mitgedacht und mitgeschrieben and diverse Modulen. Zum Gluck werden die Modulen jede 5 bis 10 Jahre evaluiert und angepasst, so bleibt die Pfadfinder Organisation bei der Zeit.


    Keine Frage ich finde dass Kurs angebot und später die anerkennung eine gute sache

  • Finden die Zusatzqualifikationen und Seminare oft statt?


    So etwas in der Richtung gibt es in der DPSG auch, aber nicht ganz so intensiv. Viel müssen wir extren lernen. Ich finde das ist eine super Sache.


    Sehe ich es richtig, dass ein Quereinsteiger im Erwachsenenalter als erstes das NTC besuchen muss?


    Edit:
    @oakleafNL seid ihr im WOSM?

    "Ich glaube an das Pferd. Das Automobil ist eine vorübergehende Erscheinung." Wilhelm II.

  • Finden die Zusatzqualifikationen und Seminare oft statt?


    So etwas in der Richtung gibt es in der DPSG auch, aber nicht ganz so intensiv. Viel müssen wir extren lernen. Ich finde das ist eine super Sache.


    Sehe ich es richtig, dass ein Quereinsteiger im Erwachsenenalter als erstes das NTC besuchen muss?

    Je nach Nachfrage. Ich denke aber hauptsächlich 1x jährlich (bis erst seit letztem Jahr dabei so das ich auch noch nicht so weit bin).
    Stimmt! Als Quereinsteiger fängst Du mit dem NTC (Campkurs) an. Das ist der allererste Kurs und auch Voraussetzung um überhaupt als Leiter mitarbeiten zu dürfen.

  • @Scorch
    Ja wir sind mitglied von WOSM



    Die Zusatzqualifikationen / vertiefungskursen müssten jedes Jahr stattfinden, bei länger keinen vertiefunskurs bekommst du prügel... ehuhm ich meine ein gespräch über deinen persönlicher fortbildung(s)'plan' innerhalb der Organiation.