Naturverbundenheit - was ist das eigentlich?

  • Salam


    In einem anderen Thread, aber auch sonst in Diskussionen kommt immer wieder das Thema von Naturverbundenheit auf, aber bei konkreter Nachfrage erfahre ich nie was das eigentlich ist, wie man das bekommt, wer das hat, wer es nicht hat (sehr wichtig) und was man damit anfangen kann.
    Bin ich Naturverbunden? Seid ihr Naturverbunden?
    Haut mal in die Tasten.

  • Naturverbundenheit bedeutet für mich, dass man die natürlichen Zusammenhänge verstehen und nach/mit diesem Wissen handeln WILL.
    Ob man das dann auch machen KANN steht auf einem anderen Blatt.


    VG
    Bolt

    Vollkommenheit entsteht offensichtlich nicht dann, wenn man nichts mehr hinzuzufügen hat, sondern wenn man nichts mehr wegnehmen kann.
    Antoine de Saint-Exupéry

  • In der heutigen Zeit?


    Überhaupt zu erkennen, dass es außerhalb der Stadtgrenzen Natur gibt.


    Zu wissen, dass ...

    • man Wildpflanzen mitunter essen kann
    • Fische selbst geangelt werden können
    • man aus Holz nicht nur Ikea-Möbel herstellen kann
    • Wasser auch aus Quellen gewonnen werden kann
    • Tiere ihre eigenen Fingerabdrücke hinterlassen
    • die Natur nicht immer so rosig ist, wie man sie sich ausmalt
    • ...

    Jedes Mal, wenn wir aus der Eifel kommend das hügelige Land verlassen, die stete Ebene erreichen und alles immer dichter und trister wird, wissen wir, was wir bis zum nächsten Besuch vermissen werden. Zu wissen und zu schätzen, dass es außerhalb von TV und PC, jenseits von Tiefkühlern und Regalen etwas wie Natur gibt, ist für mich heutzutage bereits der Beginn von Naturverbundenheit.

  • Naturverbundenheit bedeutet, sich mit der verbunden zu fühlen.


    Natur - Bäume, Bäche, Berge, Tiere , Pflanzen.


    Der Natur nahe kommen - sie verstehen wollen.


    Die Liebe zur Natur.


    Die Natur mit allen Sinnen zu erfahren - ist für viele die Motivation zu wandern.


    Die Natur bewusst wahrnehmen.


    Connection with Nature.

  • @Desertstorm Du stellst Fragen! Puh...


    Viele Leute würden mich als "naturverbunden" bezeichnen - doch: bin ich das wirklich?


    Für mich gehört zur Naturverbundenheit z.B. dass ich meinen eigenen Sauerteig habe, selbst gezüchtet, mit dem ich mein täglich Brot backe. Nichts weiter als Mehl und Wasser - und Milchsäurebakterien.


    Ebenso: Ich möchte gerne Pilze in meinem Garten züchten.
    Manchmal hole ich mir auch welche aus dem Wald.


    Ich gehe gerne spazieren, fernab von lärmenden Strassen, hektischen Städten, für mich, durch den Wald. Es gibt nichts schöneres für mich, als morgens dort aufzuwachen, wo ich gerne sein möchte - nämlich draußen. Im Wald.


    Ich sehe mir gerne den Sternenhimmel an: Sternbilder, ihre Positionen zu verschiedenen Jahreszeiten... Das bedeutet auch: Orientierung.


    Wetterbeobachtung: Immer gut zu wissen...


    Ich mag es, mich mit ökologischen Zusammenhängen zu befassen. Als ich noch einen Garten hatte, habe ich Wechselwirtschaft, Mischanbau, usw. usf. betrieben.


    Naturverbundenheit bedeutet für mich auch, dass ich versuche, mich möglichst leise und umweltverträglich - Stichwort Fahrrad - fortzubewegen (auch wenn Auto oft bequemer erscheint). Auch bei Wind und Wetter.


    Eigentlich sind das Selbstverständlichkeiten.


    Das Baumkind

  • Naturverbunden heißt für mich :
    Alles als dazugehörig zu sehen.
    Als ganzes.


    Bäume, Tiere, eben alles.
    Dem fühle ich mich verbunden.


    Also nicht dem Parkplatz vor Al..., wobei auch wieder Natur geopfert wurde.


    Ich lebe in einer Stadt. Dem versuche ich, so oft es geht, zu entfliehen - in die Natur.


    Weil ich mich der Natur näher fühle als anderen Bereichen.



    Durch das Erlernen/ Erkennen von natürlichen Zusammenhängen bringt es mich der Natur noch näher.

  • Was ist Verbindung? An n Baum gefesselt sein? Ich denke man kann das analog zur Verbindung zu einer Person sehen: Vergleiche einfach mal das was man einem unbekannten Mitfahrer im Zug gegebüber empfindet mit dem was (idealerweise) in der Eltern/Kind Verbindung passiert.


    Und genauso wie Menschen ihre Rythmen und Zyklen haben, genauso kann man die auch in der Natur wahrnehmen. Je mehr man mit positiver Aufmerksamkeit und Wissen über die Bestandteile, Zusammenhänge und Rhytmen unterwegs ist. Ich denke Aufmerksamkeit/Wissen/Verständnis sind in jedem Fall der Schlüssel - wie eigentlich in jeder positiven Verbindung. Und für mich ist es auch ein Unterschied ob ich neutral draufgucke oder Teil davon bin. Viel davon ist lokal, für mich zählt dazu immer zu wissen wie der Mondstand gerade ist, die Migrationsmuster der Arten bei mir zu kennen, zu wissen wo die Hauptwindrichtung ist, wie die lokalen Wetterkapriolen sind, etc. Vielleicht kennt es der ein oder andere, dass man intuitiv Wetterwechsel spürt. Das geht dann in die Richtung... Man könnte jetzt analog zum Menschebeispiel die Pole von viel und wenig Verbindung definieren, aber im Grunde ist das etwas persönliches, genauso wie die Entscheidung wie sehr man sich darauf einlassen will.


    In der Wildnispädagogik wird gerne der "Touristen Test" aus Jon Youngs Kamana Programm als Selbsttest gemacht. Das ist quasi ein neutraler Test, der mit über 100 Fragen das eigene Wissen ohne die Verwendung von Hilfsmitteln über die eigene Region abfragt. Das dauert ca. ne Stunde und es ist wirklich wertvoll den Test mal für sich zu machen. Ich muss mal schauen ob ich den auch irgendwo online finde...

    Skal hilse fra fjellet – det evige land,
    hvor moskus og jerven har bolig.
    Min lengsel dit inn er blitt som en brann.
    Kun der får jeg fred og blir rolig...


    Jon Ø. Hov

  • Moin,
    also ich bin sehr Naturverbunden.
    Das bedeutet für mich persönlich, das ich mich in der Natur sehr gerne aufhalte, am besten da wo es ruhig ist, und nicht überlaufen.
    Und ich nehme die Natur bewusst war, erfreue mich an die Flora und Fauna,Wind,Sonne,Regen,Schnee, mit allen Sinnen, sehen,riechen,hören,schmecken und fühlen.
    In einem See zu schwimmen z.B. ist für mich die pure Freiheit, man ist eins mit der Natur.
    Wenn man an einem schönen Aussichtspunkt ist, das Panorama genießt, dann sagt man sich innerlich, oder auch einfach so frei heraus "Ist das nicht herrlich"! ^^
    Das ist Naturverbundenheit aus meiner Sicht.

  • Spontaner Gedanke: 'Naturverbundenheit' ist die Vorstufe von 'ein Teil der Natur sein'.


    ... ne passt nicht. Wir Menschen sind ja alle als (besondere Art der) Säugetiere ein Teil der Natur und haben doch zumeist die Verbindung zu allen anderen Teilen der Natur weitgehend verloren. Ein Widerspruch, den ich als sehr problematisch betrachte. Man nennt es wohl auch Entfremdung.


    Also zweiter Versuch: 'Naturverbundenheit' ist ein Bewußtseinszustand des Menschen, der dieser Entfremdung entgegenwirkt.


    '„Entfremdung“ ist der gesellschaftlich vorangetriebene und unumkehrbare Prozess der Aneignung der Natur und ihrer materiellen und geistigen Umgestaltung zu Kultur...' (https://de.wikipedia.org/wiki/Entfremdung)


    Wäre also nur noch zu klären wo die Grenze zwischen Natur und Kultur verläuft. ^^


    Sorry, @Desertstorm, ich fürchte ich kann dir grad nicht wirklich weiterhelfen.

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    Mit jeder Sprache, die du erlernst, befreist du einen bis daher in dir gebundenen Geist. Friedrich Rückert

    • Offizieller Beitrag

    Vielleicht gehört dazu die Erkenntnis, tatsächlich in einer künstlichen Welt zu leben.
    Ich habe mehrfach das "Experiment" gemacht, wochenlang am Stück fernab der Zivilisation in, mit und von der Natur zu leben. Ohne Handy und Taschenradio.Ich bin nicht wirklich satt geworden. Manchmal habe ich gefroren und war froh über meine Kleidung aus gekauften Textilien. Mein Feuer habe ich mit künstlichem Material (Feuerzeug) entfacht und eine gekaufte Feldflasche benutzt, um mein Quellwasser zu speichern.
    Zeugen solche "Survivalzeiten" von Naturverbundenheit? Ich weiß es nicht.

  • Edit: zu Frieses Beitrag


    Genau das ist der Punkt. Man könnte jetzt aber auch die Frage stellen ob ein Vogelnest nicht eine 'künstliche' Behausung ist. Ganz übertrieben. Wir Menschen haben nun mal die kognitiven Fähigkeiten beim Bau unserer Behausungen z.B. neue Materialien zu erschaffen und unsere Umwelt viel stärker zu verändern. Ab welchem Punkt handelt es sich nicht mehr um Natur?

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    Mit jeder Sprache, die du erlernst, befreist du einen bis daher in dir gebundenen Geist. Friedrich Rückert

  • Ich glaube, die Horde Walker, die bei uns manchmal fröhlich schnatternd durch den Wald walkt, hält sich auch für sehr naturverbunden :evil: .
    (Die, die ihre Autos immer am Waldrand parken, Ihr wißt schon, wen ich meine...)


    Das Baumkind

  • Vielleicht gehört dazu die Erkenntnis, tatsächlich in einer künstlichen Welt zu leben.
    Ich habe mehrfach das "Experiment" gemacht, wochenlang am Stück fernab der Zivilisation in, mit und von der Natur zu leben. Ohne Handy und Taschenradio.Ich bin nicht wirklich satt geworden. Manchmal habe ich gefroren und war froh über meine Kleidung aus gekauften Textilien. Mein Feuer habe ich mit künstlichem Material (Feuerzeug) entfacht und eine gekaufte Feldflasche benutzt, um mein Quellwasser zu speichern.
    Zeugen solche "Survivalzeiten" von Naturverbundenheit? Ich weiß es nicht.


    Wo fängt die "Künstlichkeit" an? Ist nicht schon der bearbeitete Stein "künstlich" ?


    Oder anders rum gefragt, warum ist eine Großstadt nicht natürlich? Sie ist von Lebewesen aus natürlich vorkommenden MAterialien errichtet. Ist ein Wespennest auch unnatürlich, oder eine Biberburg?

  • Naturverbundenheit - ich glaub das ist ne App für´s Smartphone ;)


    " ist für mich ein nicht greifbares, kaum beschreibbares Fernziel. Jeder hat sein eigenes Maß dafür zum Beispiel fühle ich mich naturverbundener als der oder der, glaube aber jener dort müsse sich noch naturverbundener fühlen als ich, weil er es in noch unzivilisiertere Gegenden als ich geschafft hat...

  • Es ist vielleicht besser zu verstehen, wenn man es aufschlüsselt...


    Natürlich ---- künstlich


    Verbunden ---- getrennt


    und sich die gegensätzliche Bedeutung vor Augen führt.


    Mal als Beispiel:


    In die Natur gehen und Feuer machen und auf Youtube jemanden beim Feuer machen zuschauen...


    Tue ich das Erste, fühle ich mich verbunden und wohl, tue ich das Zweite, fühl ich mich getrennt und etwas traurig.


    Nur mal so als neue Richtung...



    Frohes Neues,
    JC

  • Ab welchem Punkt handelt es sich nicht mehr um Natur?

    Vielleicht bringt es etwas wenn man Natur als die Abwesendheit von Kultur zu sehen. Zumindest habe ich es so in meinen Studium mal gelernt.


    Somit haben wir bei uns in Deutschland relativ wenig Natur noch zu bieten. Die wenigen Bereiche wo sich die Natur noch völlig frei entwickeln kann lassen sich ja an wenigen Händen abzählen.


    Bushcraften ist somit "natürlich" eine Kulturtechnik, die durch uns Menschen entstanden ist und weiter gegeben wird.


    Ich fühle trotzdem naturverbunden da ich mir durch meine Draussenzeit sehr meiner systemischen Verbundenheit zum System Natur bewusst werden kann. Bushcraften wäre somit meine Möglichkeit mit beiden Systemen strukturell zu koppeln.

    "Of all the paths you take in life, make sure a few of them are dirt."
    John Muir