Schneehöhle Survival Winter Shelter - Infos, Gedanken und Erfahrungen

  • Die Möglichkeit im Winter Schnee als Baumaterial für eine Unterkunft in einer Survivalsituation zu nutzen wird in div. Fachliteratur oftmals erwähnt. Bedarf besteht z.B. wenn man als Skitourengeher, Wintertrekker, etc. von schlechtem Wetter überrascht wird, der Motorschlitten versagt, das Zelt kapput geht oder ein Gruppenmitglied verletzt wird, etc. Ich wollte die Sache (wieder einmal) praktisch ausprobieren und habe mir eine Schneehöhle gegraben und darin anschließend eine Nacht verbracht Meine Gedanken u. Erfahrungen dazu unterhalb ...


    Als Hilsfmittel haben sich Lawinenschaufeln bewährt. Diese sind leicht, klein im Packmaß und haben ein vernünftig großes Schaufelblatt (verglichen mal mit üblichen Klappspaten) und je größer dieses ist desto mehr Schnee läßt sich bewegen! Ich hab damit begonnen an der Stelle meiner Wahl eine Grube mit annähernd quadratischem Grundriss auszuheben. Das geht recht schnell vonstatten und es fällt sofort auf dass es wärmer wird, je tiefer man schaufelt. Bereits eine kleine Grube schützt zuverlässig vor den Elementen indem sie den Wind abhält der ansonsten für einen satten Kühleffekt sorgt. Die ausgestochenen kleinen Schneeblöcke hab ich einfach zur Seite bzw. hangabwärts raus geworfen. Hab mich so auf eine Tiefe von ca. 1,5m runter gearbeitet, der Skistock auf dem Bild ist zum Vergleich ca. 140cm lang.



    Dannach hab ich begonnen waagrecht weiter zu wühlen und den eigentlchen Eingangsbereich meiner Schneehöhle ausgegraben. Dieser verläuft nicht in einer Ebene sondern geht zuerst noch etwas runtern und nach ca. 60-80cm dann wieder hoch. So bildet sich eine Art Siphon und dieser Durchschlupf soll kalte Luft aufnehmen und diese daran hindern dass sie bis in den Schlafbereich einströmt. Die Schlafebene liegt dann etwas höher, denn warme Luft steigt bekanntlich auf ... Kam ich anfangs noch rasch voran, verlangsamte sich das Grabtempo zusehendes je weiter ich mich vorgearbeitet hab. Man liegt ja eher im Schnee und muß noch dazu die herausgebrochenen Schneemaßen am eigenen Körper vorbei in Richtung Ausgang schaffen und dann noch aus der Grube rausschaufeln. Ist mit kleiner Lawinenschaufel sehr anstrengend und zeitaufwändig. Ich kam leider auch gehörig ins Schwitzen, was man aber tunlichst vermeiden sollte. Hier ein Bild vom Eingangs- bzw. Siphonbereich:



    Ein weiteres Bild, welches von der Schlafebene Richtung Ausgang aufgenommen wurde. Hoffentlich ist hier erkennbar dass es runter geht zum Durchschlupf nach draußen:



    Hier der erhöhte Schlafbereich, je größer die Höhendifferenz, desto effektiver wirkt natürlich die 'Kältefalle':



    Da die Schneewehe mächtig war wollte ich mich nicht auf eine Miniaturausführung bei meiner Schneehöhle beschränken und hab diese etwas großzügiger ausgelegt, vor allem was die Höhe anbelangt. Ein gewisser Platzbedarf ergibt sich bereits aus der Tatsache dass man sich liegend und grabend vorarbeitet und entsprechende Armfreiheit gewährleistet sein muss bzw. seitlich noch Platz ist um den Schnee aus der Höhle rauszuschaffen. Die Decke des eigentlichen Schlafbereiches soll möglichst bogenförmig angelegt werden wie man es z.B. von Kirchen oder alten Kellergewölben kennt. Dies soll den Druck der Schneelast seitlich ableiten, bei ebenen Decken mit scharfkantigen Ecken besteht immer die Gefahr dass hier eine Bruchlinie bildet und die Decke so leichter einbricht. Wenn dies passieren sollte ist man unter dem Schnee gefangen so dass Ersticken oder Erfrieren droht! Als grober Richtwert gilt im Miniumum con ca. 50cm Schneelage über der Höhle, einerseits damit ausreichend Isolation gewährleistet ist und andererseits brechen allzu dünne Decken nochmals leichter ein. Die gewölbte Decke ist leider etwas schlecht erkennbar auf dem Foto:



    Mein Schlafbereich ist zwar ausreichend breit und hoch gewesen, er war aber mit nur ca. 220cm (Länge zw. Kopfende u. Ausgangsdurchschlupf) leider doch etwas kurz geraten. Hier schadet etwas mehr Liegelänge durchaus nicht, will man z.B. nicht mit dem SchlaSa die Schneewände berühren. Genügend Kopffreiheit in der Schneehöhle ist ebenfalls angesagt denn diese Bauwerke sacken gerne etwas nach und verkleinern sich von selbst über Nacht.



    Die Decke soll gut geglättet werden denn an hervorstehenden Schneeteilen beginnt es leider gern mal zu tropfen und die Ausrüstung darunter wird naß. Ich hab auch 3-4 Luftlöcher angelegt. Die Position hab ich mit der Lawinensonde bestimmt: Einfach reingerammt und dann mal nachgesehen ob ich auch die Höhle darunter 'getroffen' hab. Dannach einfach den Teller vom Skistock abmontiert und das kleine Loch der Sonde entsprechend mit dem Skistock erweitert auf 3-4cm Durchmesser. Da der Wind keinen Schnee mit sich führte bestand auch keine Gefahr dass die Frischluftzufuhr verweht wird über Nacht, trotzdem war am Morgen eins der Löcher verschlossen.



    Der Schnee war an dieser Stelle vom Wind sehr fest gepresst und gleich mehrere dünne Eisschichten durchzogen den Bereich. Diese Eisebenen erschweren die Grabarbeiten zusätzlich und man benötigt eine Schaufel mit sehr stabiler Kante um diese rauszubrechen.



    Generell hab ich den Zeitaufwand für den Bau meines Snow Shelters unterschätzt. Ich hab ca. 4-5 Stunden benötigt und der feste Schnee mit den zuätzlichen Eisschichten hat die Bauzeit zusätzlich verlängert. Ich war am Ende ganz schön kaputt und dies ist nicht nur meiner schlechten Kondition zuzuschreiben. Darüber hinaus war ich verschwitzt und durchnäßt, weil der Schnee an allen möglichen Ecken und Enden der Kleidung eindringt. Trotzdem bin ich mit meinem Bekleidungssystem nicht schlecht gefahren: GoreTex Hardshell Jacke & Überhose, darunter Wollpullover und Wollunterziehose (beides in 800er Qualität), dazu dicke Wollsocken u. Thermostiefel mit Filzinnenschuh. Auch wenn ich z.B. im Schnee gekniet bin, hab ich nicht sofort gefroren an Knien oder Hintern. Als Schicht direkt auf der Haut 200er Merinosachen und natürlich Handschuhe zum wechseln, da diese bald vor Nässe getrieft haben. Es war trotz windigem und bewölkten Winterhimmel beinahe warm, Temps so um den Gefrierpunkt ...


    Welche Erfahrung hab ich nun aus meiner Höhlenübernachtung mitgenommen: Mit entsprechender Biwakausrüstung wie z.B. dickem KuFa Winterschlafsack u. Schaumstoffiso war die Nacht problemlos und ich hatte es warm ;) Ich hab leider die angeschwitzte Kleidung am Abend nicht mehr gewechselt und so war am nächsten Tag echt viel Kondensat am Schlafsack und am Biwaksack, was ich aber erst beim zusammenpacken bemerkt hatte. Fazit: Ein Schlafsack ist eben doch kein Trocknungsapparat! Die Temperatur war so um den Gefrierpunkt in der Höhle, an der Decke hat aber nichts zu schmelzen begonnen und die Decke war äußerst stabil, ich konnte nicht feststellen dass hier etwas zusammengesackt wäre oder nachgegeben hätte. Ich habe im Schlafbereich keinen Kältegraben angelegt und zwecks ausreichendem Luftaustausch den Eingangsbereich weit offen gelassen - üblicherweise verschließe ich diesen mit Schneeblöcken, Packsäcken und Rucksack möglichst dicht dass hier kein Schnee oder kalte Luft reingeweht wird. Tja, die Höhle hätte sicherlich auch noch ein paar Tage länger genutzt werden können was nicht zuletzt den hohen Energieaufwand beim Bau gerechtfertigt hätte. Für längere Nutzung würde ich allerdings die Grube im Zugangsbereich noch deutlich verbessern. Die drei angelegten Trittstufen waren zu wenige und diese provisorische Treppe war auch zu steil, ich bin ein paar mal einfach runter gerutscht. Hier wäre auf alle Fälle nachzubessern um nicht zulezt das Verletztungsrisiko zu minimieren. Ich würde mir diesen Bereich auch komfortabler einrichten mit div. Abstellplätzen od. -fächern z.B. für den Kocher und Utensilien, da das Schneeschmelzen und Kochen am engen Grubenboden auf Dauer keinen Spaß macht.



    Bevor es wieder retour ging zum Parkplatz habe ich den Eingangsbereich zur Schneehöhle teilweise wieder zugeschaufelt. Einerseits um zu verhindern dass jemand aus Unachtsamkeit reinfällt und sich dabei weh tut, andererseits sollte z.B. jemand der Schutz sucht durchaus aufmerksam werden dass da die Möglichkeit besteht einen bereits vorhandenen Shelter weiter zu verwenden ...



    Wie sind Eure Erfahrungen mit Schneehöhlen, Snow Sheltern etc.?

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    Frischluftdeppert
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  • Fortsetzung von Beitrag #1, da max. Beitrags- Zeichenlänge überschritten war ...


    Zur Location: Generell ist vor allem im steilen und bergigen Gelände auf lawingengefährliche Bereiche zu achten, wie man sie z.B. in Rinnen, entlang von Graten und in Flanken, etc. vorfindet. Solche Stellen verbieten sich eigentlich für ein Biwak. Möchte an dieser Stelle nicht auf die Lawinengefahr eingehen, hier ist jeder gut beraten sich selbst zu informieren. Selbstverständlich gelten auch allgemein übliche Kriterien für Biwakplätze, wie z.B. keinen Snow Shelter in der Nähe eines dürren Baumes anzulegen ...


    Geignete Plätze mit ausreichend Schneehöhe findet man z.B. auf Kuppen von flacheren Hügeln oder an Geländekanten wo an der vom Wind abgewandten Seite gerne Schneewehen sind. Diese Schneeablagerungen entstehen durch Windverfrachtung und der Schnee ist hierbei oft sehr kompakt, vom Wind gepresst und daher mit solider Festikeit ausgestattet. Das beste 'Baumaterial' für Schneebehausungen also. Gräbt man möglichst weit oben und nicht z.B. am Hangfuß ist die Gefahr auch kleiner dass man unter hohen Schneemassen begraben wird, sollte der Schneehang brechen und mit einer Lawine abgehen. Mit Hilfe z.B. von Lawinensonden oder Skistöcken kann man die aktuelle Schneehöhe checken und allfällige Hindernisse wie z.B. Felsen ausmachen welche später beim Bau des Shelters im Wege sind. Als Mindesttiefe für eine Schneehöhle würde ich ca. 1,5-1,8m annehmen. Liegt der Schnee weniger hoch lässt sich eventl. alternativ ein Schneegraben oder Quinzhee anlegen. Event. auch das Modell 'Schrankfach', eine rechteckige Ausnehmung für den Schlafplatz wo eine Längsseite dann mit Schneeblöcken oder einem Tarp verschlossen wird. Dies ist auch an den Auskolkungen an großen Felsen möglich, wo man manchmal beinahe senkrechte Schneewände vorfindet und diese Variante ist deutlich schneller fertig gestellt als eine Höhle zu graben. Bereiche mit lockerem oder Pulverschnee sollen generell gemieden werden, die Gefahr dass später was einstürtzt ist hier einfach höher.


    Selbst wenn man eine Nacht in einer Höhle 'Variante-Kühlschrank' erstaunlich gut überstehen kann, so bestehen einige Gefahren welche nicht außer Acht gelassen werden sollen. Die richtige Wahl von Ort und Lage ist schon erwähnt worden - siehe Hinweis Lawinengefahr oberhalb. Dass man Schaufel, Eispickel etc. mit in den Schlafbereich nimmt um sich damit event. den Weg ins Freie bahnen zu können versteht sich von selbst.


    Weiters muß die Erstickungsgefahr erwähnt werden die unterm Schnee ein erhebliches Risiko darstellt, da Schnee per se relativ gasdicht und luftundurchlässig ist. Nicht nur die Ausatemluft enthält schädliche Gase, auch Wärme- oder Lichtquellen setzen Abgase frei die den Luftsauerstoff verdrängen. Aus diesem Grund vermeide ich es über längere Zeit Kerzen oder Teelichter aufzustellen und kochen kann ich außerhalb des Schlafbereiches in der Grube vor dem Höhleneingang problemlos. Wer nicht auf Licht verzichten will, dem empfehle ich LED-Leuchten - die geben keine Wärme ab und so beginnt auch nix von der Decke zu tropfen und die Batterien halten selbst in kaltem Milieu lange.


    Obwohl das Klima in einer Schneehöhle deutlich angenehmer ist als draußen ist es temperaturmäßig doch wie in einem Kühlschrank und die Temps bewegen sich um den Gefrierpunkt oder darunter. Mit unzureichender Kleidung und Bodenisolation besteht nicht nur die Gefahr von Unterkühlung sondern auch Erfrierungen sind leicht möglich besonders in Kombination mit nasser Kleidung. Mit der üblichen 'Survivalausrüstung' wie z.B. Rettungsdecke, Biwaksack, Isomatte und warmer Kleidung lassen sich aber ohne weiteres mehrere Tage in einer Schneehöhle zubringen. Vor ein paar Jahren hat z.B. ein Pensionist in den österr. Alpen tagelang in einer Gletscherspalte mit einer Rettungsdecke ausgeharrt und seinen Spaltensturz nur mit leichten Erfrierungen überlebt.


    In einer Notsituation will man keine Möglichkeit gerettet zu werden ungenutzt verstreichen lassen. Dem stehen Schneehöhlen beinahe im Wege, man ist quasi von der Erdoberläche verschwunden und für Rettungsmannschaften schwer ausmachbar. Tja, die Schneehöhlen haben in einer kontrastlosen Winterlandschaft den allerbesten Tarneffekt, sie sind so gut wie unsichtbar für allfällige Suchmannschaften! Für entsprechende Signalwirkung ist daher im Notfall zusätzlich zu sorgen. Einer meiner wasserdichten Packsäcke ist z.B. auf der Innenseite orangefarben. Diesen umgedreht, an einem Strauch fix festgezurrt oder einfach nur an den aufgestellten Skiern befestigt verschafft die nötige Aufmerksamkeit wenn Suchmannschaften in die Nähe meiner Notunterkunf kommen würden oder Hubschrauber die Stelle überfliegen. Bei Dunkelheit event. zusätzlich mit dem Strobomodus der Stirn- oder Taschenlampe beleuchten!


    Ursprüglich wollte ich mit 2 Freunden aufbrechen, die haben aber leider kurzfristig abgesagt. Ich bin mir sicher dass eine größere Schneehöhle für 2-3 Personen wo auch ebensoviele Leute mit geeigneten Schaufeln beim Bau mithelfen deutlich schneller hergestellt ist. Man muß als Einzelner den Schnee in mehreren Etappen rausschippen was enorm viel Zeit in Anspruch nimmt und nicht zuletzt an den Energiereservern des Körpers frisst. Eine Höhle für 2-3 Personen hätte ich auch anders angelegt. Mit einer Art Mittelgrabem der tiefer liegt und so die Funktion des Siphons übernimmt, also eine Kältefalle darstellt und nicht zuletzt verbrauchte Ausatemluft aufnimmt und nach draußen ableitet. Die Schlafstellen hätte ich dann links und rechts dieses Mittelgrabens angelegt, also eher eine aufgebohrte Luxusvariante meiner Schneehöhle. Im Gegensatz zu Notsheltern im Sommer wo dannach getrachtet wird dass man möglichst kleinen Raum hat um diesen gut zu wärmen ist das im Winter völlig egal. Eine größere Höhle ist nicht kälter oder wärmer als eine kleinere - man sitzt eben in einer Art Kühlschrank und die Kleidung am Körper muss einem wärmen!

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    Frischluftdeppert
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