Schnüre und Tauwerkwerk aus Fichtenwurzel

  • Hallo Zusammen,


    bei der Herstellung von Utensilien und Lashings (Verbindungen/Zurrungen) in Bushcraftmanier braucht man zwangsläufig Schnüre und Tauwerk.
    Ein einfache Quelle hierfür bieten Baumwurzeln.
    Fichtenwurzeln insbesondere sind sehr biegsam, haben eine sehr hohe Reißfestigkeit und wachsen zudem sehr lange.


    Da Fichtenwurzeln häufig ganz nah an der Oberfläche zu finden sind, ist es möglich hier das Material ohne große Kraftaufwand und ohne besondere Grabwerkzeuge (außer ein Grabstock) zu sammeln.
    Ich suche mir meistens Jungfichten im Hangbereich. Mit einem Grabstock kratze ich an die Oberfläche bis ich irgendwann eine Wurzel finde.
    Wenn man eine Wurzel gefunden hat, kann man diese einfach rausziehen. Häufig liegen dann andere Wurzeln oben drüber. Hier muss man diese Stellen mit dem Grabstock freimachen und die Wurzel vorsichtig rausfädeln und befreien. Häufig bekommt man dann einzelnen Wurzeln mit einer Länge von 1 bis sogar 2 Meter herausgezogen.

    Als Bindung und Zurrung nehme ich gerne eher dünnere Wurzeln mit einer Durchmesser bis circa 5 mm. Dickere Wurzel kann man als dickeres Tauwerk verwenden.
    Die Wurzel haben einen schuppigen Mantel (Wurzelrinde) und einen glatten, holzigen kern.
    Bevor man das Material weiterverarbeitet, sollte man diesen Mantel entfernen.

    Dies geschieht ganz einfach wenn man die Wurzel für ein paar Tage ins Wasser legt bis alles schön aufgeweicht ist.
    Braucht man jedoch die Schnur sofort, kann man den Mantel auch mit den Fingern wegschälen (etwas mühseliger).

    Um das Schälen zu vereinfachen, kann man die Wurzel vorher ein paar Mal durch einen gespaltenen Stock durchziehen.

    Fichtenwurzeln kann man auch spalten und dadurch auch dünnere Schnüre erzeugen.

    hierzu nehme ich einfach meinen Finger als Keil und drücke die Faser sorgfältig und langsam auseinander.

    Wenn man das Gefühl hat, dass die gespaltenen Wurzelfaser zu dünn werden, muss man einfach den dickeren Strang eher von der Spalte wegbiegen, dann kommt die Spalte wieder zurück zur Wurzelmitte. Somit kann man eine Wurzel sorgfältig und gleichmäßig auf die gesamte Länge durchspalten.
    Die Wurzel lässt sich am einfachsten weiterverarbeiten wenn sie zuvor im Wasser eingeweicht wird.
    Als Bindeknoten kann man einen Mastwurf nehmen. Wenn die Bindung aber nach dem Austrocknen fest bleiben sollte, eignet sich hierzu einen Konstriktorknoten am Besten.
    Hier den Einsatz von Fichtenwurzelschnur bei der Abkochung von Wasser in einem im Wald gefundenes Glas:


    Hier einen Woggle (Halstuchknoten) aus einer Fichtenwurzel:

    Hierzu wurde die Wurzel als Türkischer Bund um einen Stock geknüpft und anschließend getrocknet und geölt.


    Kleiner Hinweis, als ressourcenschonender und umweltbewusster Bushcrafter, sollte man nicht unbedingt alle Wurzeln bei nur einem Baum ausgraben, sondern einzelnen Wurzeln bei mehreren Bäumen ausgraben und die Grabstellen hinterher wieder zumachen. :saint:


    Cheers Mike

  • oh shucks, getting all embarrassed now :rotwerd:
    Viele Erfahrungen diesbezüglich habe ich eher gemeinsam mit anderen Leuten gesammelt, die unheimlich viel wissen, aber eher selten in den Foren unterwegs sind.
    Ich kenne so einige "Top-Bushcrafter" aber die Meisten haben keine Lust auf Computer und Internet und verbringen ihre Zeit lieber draußen. Sie machen es einfach.
    Bei mir gibt es einfach das Bedürfnis, die Erfahrungen festzuhalten und weiter zu geben, aber ich werde stets ein Lehrling bleiben.

  • Mike hast du schon einmal versucht mit Fichtenwurzel Feuer zu bohren?
    Ist das haltbarer als Brennesselschnur?


    Gruss
    Konrad

    Wer nicht will, findet Gründe, wer will, findet Wege!

    Member of the "Arctic Circle Society"!

  • Mike hast du schon einmal versucht mit Fichtenwurzel Feuer zu bohren?
    Ist das haltbarer als Brennesselschnur?


    Gruss
    Konrad


    Hab ich gemacht ... haltbarer sind die Fichtenwurzeln nicht sonderlich ... ein Wenig vielleicht, mehr aber auch nicht.


    lieben Gruß
    kahel

  • aber ich werde stets ein Lehrling bleiben.

    Gute Einstellung, @MacGyver. :thumbup: Denn wer denkt, dass er schon alles kann hat aufgehört besser zu werden.

    Ist das haltbarer als Brennesselschnur?

    Wie @kahel schon sagte: ein Fitzele haltbarer. Der Vorteil ist: die Schnur ist schneller gemacht. Ich habe schon 8 oder 9 Schnüre verschlissen ehe ich am Ziel war. Also knappe 10 Meter. Bis ich das aus Brennesselschnur zamm hab ist ja der halbe Tag rum.

  • Warum nimmt man hier am besten Fichtenwurzeln?
    Weil sie schön lang sind und relativ oberflächennah? Würden theoretisch auch andere Flachwurzler gehen?
    Hier bei uns gibt es in Wäldern meist ausschließlich Fichte oder gar keine.

  • Warum nimmt man hier am besten Fichtenwurzeln?
    Weil sie schön lang sind und relativ oberflächennah? Würden theoretisch auch andere Flachwurzler gehen?
    Hier bei uns gibt es in Wäldern meist ausschließlich Fichte oder gar keine.

    Fichtenwurzel, weil Fichten wie auch Douglasien zu den Flachwurzlern gehören und diese ganz nah unter der Erdoberfläche in den verhältnismäßig dünnen und lockeren Nadelwaldhumusschicht liegen. Somit kann man sie ganz einfach ziehen und ausserdem sind sie unheimlich lang im Vergleich zu den Wurzeln von anderen Bäumen, die ich bisher gesammelt habe.
    Kiefern und Tannen besitzen Pfahlwurzeln die meistens eher tiefer im Boden stecken.
    Im Grunde genommen kann man jede Wurzel nehmen, nur habe ich bisher die Erfahrung gemacht, dass Fichtenwurzel am Besten als Schnur und Tauwerk geeignet waren.
    Der Kern von der Fichtenwurzel ist, wie bereits beschrieben, besonders geschmeidig und biegsam und ist zudem auch sehr harzig. Wenn sie geschält und getrocknet sind, sind sie nahezu weiß. Dies sieht auch hinterher sehr schön aus, wenn man zum Beispiel einen Gestell oder sonstige Utensilien machen will, die hinterher auch schön sein sollen.


    I have just looked for the equivalent German terms for pioneering, square lashing and frapping but without success. What do German Scouts call these things?
    Small lashings from spruce roots are incredibly stable, even when they dry out. You can make really tight frapping in your lashings and they don't loosen much when the roots dry out. When dry, you will have a nice stiff and strong connection in your wooden framework.
    I have no idea how to phrase this correctly in German because I cannot seem to find the right words.


    lashing - Auspeitschung =O 8o
    frapping (has nothing to do with fapping :shock: ) - Zurrung 8)
    square lashing
    Pioneering - vorreiten ???

  • Pioneering meine ich im Sinne von Scouting & Woodcraft.
    Kommt meines Wissens nach aus dem Militär. Da würden Ingenieure (Pioniere) bei Feldzügen vorausgeschickt um Brücken und Straßen für die Heere zu bauen.
    Als Pfadfinder habe ich bei sehr, sehr vielen Pioneering-Projects mitgemacht. Dazu gehöhrten Monkey-Bridges, Türme und einmal auf einem Strand haben wir einen Schleuder (Trebuchet) gebaut, der großen Steine über 100 Meter weit schleudern konnte. Ja, das war immer mein absolut Lieblingsbeschäftigung bei den Pfadfindern. Nicht um sonst bin ich jetzt ein Bauingenieur! 8)
    Bei der Herstellung von "Bush-Möbel" werden Elemente aus den großrahmigen Pionierbauten in kleinerem Maßstab gleichermaßen umgesetzt. Hierzu benötigt man Holzstöcken und Schnur. Alles was man dazu braucht, findet man draußen in der Natur und im Bezug zu diesem Faden, genauer gesagt in dem Wald im Boden.

  • Sodele, inzwischen liegen meine gesammelte Wurzeln bereits eine Woche lang im Wasser.

    Das Wasser riecht allmählich etwas streng, dafür lässt sich die Wurzelrinde mühelos mit einem eingeschnittenen Holzkeil entfernen.
    Da geht die schuppige Aussenhaut und noch eine Bastschicht dann mit.

    Voila:

    Die harzige Rinde lass ich dann trocknen. Gibt prima Zunder.
    Die Wurzeln sind jetzt sehr weich und geschmeidig, aber weiterhin sehr reißfest.
    Man kann sie jetzt wunderbar mit einem Mastwurf oder Konstriktorknoten an einem Stock befestigen :
    I
    Hier eine Kreuzverbindung (square lashing) :

    Wenn man die Verbindung trocknen lässt (und sich etwas mehr Mühe gibt wie ich gerade) sieht sie richtig schön aus. Die Verbindung ist auf jeden Fall fest.

  • Die Schnüre kann man zusammenwickeln und trocken verstauen. Vor der Verarbeitung muss man sie aber gründlich für circa eine Stunde wässern. Dann sind sie wieder weich und geschmeidig.

    I tried connections with a square lashing and a diagonal lashing. The diagonal lashing in front ist stiffer as the square lashing in the background. :huh:
    Pictures speak more than words:


    Also, die untere Verbindung ist stabiler. 8o


    Cheers Mike