Anorak aus EtaProof

  • Das Ding ist nicht ganz neu, aber da es für den einen oder anderen von Interesse sein könnte, poste ich es dennoch:



    Die Entstehungsgeschichte ist etwas länger, da ich auch einige Dinge ausprobiert, erst eingeplant, wieder verworfen, anders gelöst habe... Und teilweise musste ich auch ganz einfach aufgrund mangelnder Fähigkeiten (oder Ungeduld) kapitulieren - meine näherischen Qualitäten erwiesen sich nämlich öfters als Featuregrab...


    Es schwebte mir ein leichter, leiser und robuster Ganzjahres-Wetterschutzanorak für Jagd und Outdoor vor, der flexibel den Witterungsbedingungen anzupassen ist (bedeutet im Winter: Dickeren Pullover drunter...). Er sollte auch im Sommer getragen werden können, daher plante ich gleich Ärmelbelüftung und Netzfutter für die gwünschte Hasentasche mit ein. Weitere Features sollten u.a. sein: Reißverschluss statt Klett, insgesamt gar kein oder möglichst wenig Klett, Ärmeltasche links (bin Rechtshänder), Tunnelzug im Saum, Rücken länger geschnitten, Kapuze mit Schirm, niedrige Handwärmtaschen (die aber groß genug sind, um auch bei angelegtem Bauchgurt genutzt werden zu können) und div. weitere Kleinigkeiten...


    Stefan vom BCP brachte mich dann auf den Tipp mit dem Schnitt von Green Pepper (vielen Dank nochmal an dieser Stelle, WildHog), den ich dann auch genutzt habe und den ich wirklich empfehlen kann (hier ist er, ne einfache Hose im Baumwollfrotteejogginghosenstil ist auch noch dabei: extremtextil.de/catalog/Rainie…ittmuster-GP134::683.html). Er musste nur noch etwas modifiziert werden... Die Details des "Werdens" stelle ich hier nicht alle vor, das wäre mir zu viel Arbeit und bringt ohne vernünftigen Schnitt vorliegen zu haben auch nicht viel. Daher gehe ich v.a. auf meine Modifikationen ein.



    Als Material habe ich 200er EtaProof oliv genommen, B-Ware zu 22 €/lfdm (2,5 lfdm benötigt man ca. für einen Anorak). Das Material ist zu 100% Baumwolle, dicht gewebt und zusätzlich imprägniert, um möglichst wasserabweisend zu sein. Leider raschelt der Stoff doch mehr als ich dachte (was Stefan auch schon vorhergesagt hatte), aber es geht noch. Bei Regen und Kälte wird der Stoff recht steif. Als Garn kommt das empfohlene Corespun-Garn zum Einsatz, das ist ein (ich glaube) Polyestergarn mit Baumwollmantel. Der Baumwollanteil soll bei Nässe aufquellen und so die Nähte zusätzlich abdichten (auch soll mit dünner Nadel genäht werden). Ich habe die Nähte nicht verklebt oder versiegelt
    und bin mit der Wasserdichtigkeit durchaus zufrieden. Man sollte sich beim Nähen aber schon vorsehen, dass man sich nicht ständig vernäht und so kleine Perforationsreihen als Wasserindringpforten hinterlässt...


    Einige Features näher vorgestellt



    Front-RV



    Im Schnittmuster war hier ein Klettverschluss vorgesehen, den wollte ich nicht (zu laut, zu instabil, zu fusselig). Daher spendierte ich dem Anorak hier einen RV, inkl. geknöpfter Abdeckleiste (2 Streifen Stoff auf links genäht, umgeschlagen, einen Teil der Druckknöpfe dann innen mit Unterlage gesetzt) und 2 Flauschstreifen. Die Flauschstreifen sind für optionales Zubhör, nämlich bspw. ein Moskitonetz oder ein dreieckiges Stück Stoff als Kragenerweiterung. Klingt doof, daher nenne ich es ab jetzt einfach Collar Expansion Set. 8o
    Auf dem Foto kann man auch die Schnürung der Kapuze erkennen, die Tankas werden evtl. noch verdeckt. Ich habe jeweils 2 Ösen eingeschlagen, so dass der Gummizug fast komplett verschwindet.



    Ärmelbelüftung



    Das wurde eine Quick-and-Dirty-Aktion, da ich einfach beim Zusammennähen der Ärmel 2 RV's mit eingeschoben habe Sieht originell aus, aber ehrlich: Wer guckt mir schon unter die Arme?



    Ärmelbündchen



    Hier habe ich mal so richtig Zeit auf den Kopp gehauen... Hier wollte ich gerne eine Knopflösung (erwähnte ich, dass ich mit möglichst wenig Klett auskommen wollte?). Am besten fand ich Druckknöpfe, jedoch sind die schwer zu tauschen, wenn sie verdeckt eingebaut werden. Ich habe es hier mit einer Lasche gelöst, in die ggfs. eine Ersatzknopfkappe
    eingeschoben werden kann. Ist etwas komplizierter zu nähen, da man ja auf links näht und gleichzeitig die Lasche (die ja kürzer ist) mit einnäht. Sie muss daher zwischen den beiden längeren Stofflagen liegen (und schon eine fest genähte gerade Kante haben). Die Riegel habe ich erst zu lang gemacht, dass hat mir nicht so gut gefallen, daher habe ich sie später noch kurz vor Laschenöffnung zusätzlich vernäht. So gefällt es mir sehr gut. Übrigens habe ich die Ärmel bewusst länger gemacht als im Schnitt, denn dort wird nur mit Gummisaum geplant und ich wollte ohnehin etwas verlängerte Ärmel.



    Kapuze



    Da habe ich nix dran modifiziert (ausser die Gummizuggeschichte), wollte sie nur mal zeigen
    Gefällt mir sehr gut, der Schirm ist vielleicht ein wenig lang, aber okay.



    Hasentasche



    Finde ich super praktisch, da kann ein Poncho o.ä. rein, die RV können geöffnet werden zwecks Belüftung (daher innen Meshgewebe), auf dem Schießstand kommen da Schrotpatronen rein,... Ich hatte zunächst die RV nicht abgedeckt, aber dann scheint sich dort das gesamte Wasser bei Regen zu sammeln und konzentriert dort einzudringen - sehr doof. Daher die Abdeckung. Nächstes Mal würde ich einfach wasserdichte RV nehemen... Die Abdeckleisten bekommen auch noch ein oder 2 Druckknöpfe, damit auch bei Wind oder viel Bewegung kein Öffnungsspalt entsteht.




    Ärmeltasche



    Hier habe ich lange überlegt, wie ich das löse - es sollte so regendicht wie möglich sein und mit Handschuhen zu öffnen. Daher die besonders große Klappe (ist ja sonst nicht so meins...). Ist irgendwie - individuell. Und leider doof, da man sich so an Ästen leicht verhakt. Naja, wird wohl noch wieder modifiziert...


    Die Bilder, die ich im angezogenen Zustand gemacht habe, erspare ich Euch - die sind ein wenig, äh, dystopisch geworden... :whistling: Werde gelegentlich mal neue machen.


    Packmaß ist okay, der Anorak passt gut in so manche Rucksackseitentasche. Gewicht liegt bei 780g - schwer, aber ist halt Baumwolle, und robust - also auch okay.


    Zu den Kosten:
    Stoff 55 €
    Knöpfe, Kleinkram, Tankas (tlw. noch vorhanden): etwa 3 €
    Gummiband 2 €
    Corespungarn (kaum messbar, meinetwegen 1 €)
    RV waren alle eh da (sogenannte Ehda-RV)
    Meshgewebe 1 €
    Schnittmuster 9 €
    Summe also rund 71 €
    Arbeitszeit ca. 15 h


    So, das war's erstmal - hat Spaß gemacht das Projekt, aber auch abschreckend viel Zeit gekostet. Trotzdem kann ich es jedem nur empfehlen, auch mal einen Teil seiner Ausrüstung selbst herzustellen. Es fällt mir auch ständig noch wieder
    etwas ein, was man an dem Anorak verbessern kann.