Spiritus als Desinfektionsmittel?

  • @Naturboy64: Nein! ;)

    "Das schönste Geschenk, das die Götter den Menschen verliehen, ist die Freundschaft. Mögen manche auch den Reichtum, die Macht, die Ehre oder die Gesundheit preisen, ich ziehe Freundschaft und Weisheit allen anderen Gütern vor."

    Marcus Tullius Cicero (106 v. Chr. - 43 v. Chr.)



  • Auch ein kleiner Schwank aus der Jugend - Wenn ich mal am Wochenende bei Oma und Opa geschlafen habe und durch Baumkletteraktionen,Fahrradstürzen mit blutenden Schürfwunden ankam dann ging es mit Opa in die Laube.
    Da wurde dann der Doornkaat ausgepackt und er flüsterte mir zu " Pssscht, einen für Opa und einen für dich" :) . Also für mich nicht zu trinken,sondern die Wunde wurde vorsichtig mit einem Stofftaschentuch und Doornkaat abgetupft!
    Hat auch gut gebrannt aber ich habe es überlebt.
    Heute gehe ich nicht mehr so rabiat an Wunden dran, für Kinder und Hund gibt es ein, zwei Sprühstösse Octenisept und auf abheilende Wunden evtl.noch Bepanthensalbe.

  • Guido - das mit dem roten Platz kenne ich auch noch - allerdings hatten wir weder Wasserflasche mit noch gab es Kabinen.
    Dann nachdem man natürlich weiter gekickt hat kam man heim - dann wurde es ausgewaschen - ohne Bürste - aber dann
    kam reichlich Jod drauf. Das hat mal richtig gebrannt.

  • Die Alk-Pads sind zum desinfizieren der Werkzeuge....also Pinzette...Schere... und vielleicht noch der Wundränder. Ansonsten Octenisept oder eben sauberes Wasser zum Ausspülen. Und ausbluten lassen. So ist mein jetziger Kenntnisstand.
    Früher wurde Schnaps drüber geleert oder drüber gepisst. Oder gar nix.


    Bei richtigen Wunden empfielt sich eh der Gang zum Arzt, der macht das dann schon richtig. Naja hoffentlich.


    Wichtiger als das Desinfizieren sind wohl so Sachen wie ne Tetanusimpfung.

  • So weit ich das verstanden habe, wird Ethanol seit Juli 2013 EU-Weit einheitlich vergällt:
    Auf 100 l Ethanol werden:
    3 Liter Methylethylketon (Butan-2-on) (MEK)
    3 Liter Isopropylalkohol (Propan-2-ol) (IPA)
    1 Gramm Denatoniumbenzoat (Bitrex)
    beigemischt.


    jetzt erst seit dem 1. August 2017 werden je 100 Liter Ethanol:
    1,0 Liter Methylethylketon
    1,0 Liter Isopropylalkohol
    1,0 Gramm Denatoniumbenzoat
    beigemischt.


    Bitrex ist der bitterste Bitterstoff überhaupt . Eine Lösung mit 0,001 Promille oder 1 ppm reicht aus um eine Lösung einen unerträglich bitteren Geschmack zu verleihen.


    Die Vergällungsmittel sind zwar ungenießbar, aber in den kleinen Mengen bei einer lokalen topischen Desinfizierungen nicht giftig.


    Jeder, der einmal Brennspiritus auf die Finger bekommt hat, weiß wie schwierig es ist diesen Bitterstoffen wieder von der Haut weg zu kriegen. Trotz Händewaschen mit Wasser und Seife schmecken die Finger lange danach bitter und alles was man anfasst schmeckt ebenfalls bitter.


    Da ist es egal, ob man Biospiritus oder normaler Brennspiritus hat, dies hat kein Einfluss auf die Bitterkeit.



    Also @schwyzi auf deine Frage zurück zu kommen:


    ...Kann ich damit auch eine Wunde reinigen/ desinfizieren?
    Falls ja, wäre das ja genial, multi-use!!
    Oder schadet das Vergällungsmittel dem Körper? ?(
    ....

    würde ich sagen, dass Brennspiritus nicht mehr, oder nur geringfügig mehr schadet als reines Ethanol.


    Bevor ich persönlich eine Schurfwunde bei mir mit Brennspiritus säubern würde, würde ich eher Trinkwasser oder gar frisches [Eigen]Urin verwenden.

  • Ein Flachmann mit (gutem) Obstler ist immer Multiuse.
    Wenns wirklich notwendig ist (meist ist es das nicht) erst was auf die Wunde zur Desinfektion und dann was in den Rachen für die Nerven.
    Zur absolut äußerten Not (seltenst der Fall) kann man es auch als Reinigungmittel verwenden. Oder als Deo. 8)
    Oder zur Desinfektion einer Klinge wenn man sich einen Splitter / abgebrochenen Spreissel etc. rausschneiden will.
    Manch einer könnte sich auf einer Tour abends auch die Füsse damit einreiben.
    Wäre eine Wohltat für die anderen Teilnehmer. Und der Schlafsack würde weniger kontaminiert werden...
    Oder....Oder....Oder....


    Alkohol hat schon seine Berechtigung. Funktioniert seit x hundert Jahren. :D


  • so sieht'*s mal aus.

    Historiker J. Talmon, Israel, hat 2 Demokratiearten unterschieden: pluralistisch-liberale-dogmenfreie u. totalitäre mit herrschender Doktrin und Denkverboten. In der 2. Variation gibt es eine Wahrheit a priori. Debatten sind Störfälle. Die einzig selig machende Wahrheit wird mit Mitteln d. Wissenschaft alternativlos gemacht, auf säkulare Weise für sakrosankt erklärt. Wer Differenzierung fordert oder zweifelt, wird mit dem Etikett «Leugner» in die Ecke der Flacherdler gestellt.

  • Zum Thema Ethanol als Desinfektionsmittel. Den Grundsatz "besser als nichts" einmal ausgeklammert, weil er leicht zum Totschlagargument degeneriert, sollte man erwähnen, dass man für Kocher normalerweise Ethanol nahe 100% verwendet. Ethanol bildet mit Wasser ein Azeotrop und ist daher niemals komplett wasserfrei. Für die Wunddesinfektion ist er so im Prinzip eher ungeeignet. Ethanol über 80% Konzentration härtet die bakterienhülle, weswegen er ab dort mit zunehmender Konzentration nutzloser wird. Verwendet man den Ethanol also komplett unverdünnt, ist seine aseptische Wirkung nicht mehr gegeben. Optimal ist (bei Ethanol als impromptu-Aseptikum) eine Konzentration um 70%. Da wir von massenprozenten sprechen, ist eine Mischung durch die Volumenkontraktion und den Dichteunterschied ohne waage schlecht herzustellen. Aber da die signifikante aseptische Wirkung zwischen 50 und 70 Prozent eintritt, ist eine Mischung aus etwas mehr als zwei Drittel Sprit und einem Drittel Wasser wohl das beste improvisierte Desinfektionsmittel. Ich werde das bei Gelegenheit mal ausrechnen.



    Gruß und Kuss,


    Gilroy

  • Wider besseren Wissens habe ich schon öfter Wunden mit Spiritus desinfiziert und kann bestätigen, dass es die Wundheilung etwa für zwei Tage hemmt, allerdings hatte ich nie ein Problem mit Entzündungen. Bei Unfällen in der Zivilisation sollte man die Wunde steril verbinden und einen Arzt oder ein Krankenhaus aufsuchen, nicht auswaschen, nicht desinfizieren, das ist Aufgabe des Arztes. In der Wildnis hat man keine andere Wahl als die Wunde selbst zu reinigen, hierzu kann man Wasser abkochen und eine Prise Salz zugeben. In früheren Zeiten wurden Wundverbände mit Wein getränkt. Alternativ helfen auch Gerbstoffe bei der Desinfektin, beispielsweise kann man Verbände mit einem Tee aus Eichenrinde tränken.

  • Ausserdem würde es keinen Sinn machen, Dreck zu desinfizieren.

    Sehr wohl. Steriler Dreck führt im günstigsten Fall zu einer sogenannten Tatauierung, wortverwandt mit dem Tattoo, also der gekapselte Einschluss von Dreck. Unschön, aber zu erdulden.
    Für unsterilen Dreck hat sich Mutter Natur bunte Ideen einfallen lassen: Eiter, Tetanus, Gangrän zum Beispiel. Alle drei werden ausgelöst durch Bakterien, die in normalem Boden häufig vor kommen, nämlich solche der Gattung der Clostridien. Die A****löcher der Natur.
    Meine Mum arbeitet bei einer Schlichtungsstelle und hat mir einen Fall von einem Koch erzählt, der sich mit einem Messer in den Oberschenkel geritzt hat. Er war beim Arzt (Arbeitsunfall) und wurde behandelt, dann ging er den von mir beschriebenen Infektionsweg (ohne Tetanus), mit dem Resultat, dass das Bein wegen des Gasbrands bis zur Hälfte des Oberschenkels amputiert werden musste. Eine alltägliche Verletzung mit gewöhnlich harmlosem Verlauf ist nicht ernst genug genommen worden und dann total eskaliert.
    Darum lieber auch Dreck desinfizieren.

  • Da bin ich entschieden anderer Meinung. Die Wunde wurde viel mehr korrekt gereinigt, aber nicht korrekt desinfiziert. Sonst hätte sie sich ja nicht infiziert, der Verlauf der Geschichte steckt da schon im Wort. Der Streitfall wurde unter Verweis auf diese Tatsache zugunsten des klagenden Kochs entschieden.
    Es ist aus meiner Sicht grob fahrlässig, den Keimdruck pauschal etwaigen Fremdkörpern unterzuordnen. Wenn eine wirkstofffreie Lösung in der Lage wäre, den Keimdruck jeder beliebigen Bakterienpopulation unter die Kontaminationsgrenze zu reduzieren, dann würde es ja reichen, OP-Besteck, infektiöse Oberflächen oder eben Verletzungen ordentlich abzuspülen. Das ist nicht so.
    Ich habe mich kürzlich mit meinem Opinel beim Schinken schneiden derbe in den Finger geschnitten, von vorne bis zum Knochen runter. Im Krankenhaus hat man den Finger anderthalb Stunden desinfiziert, und die Ärztin war sehr enttäuscht, dass sie den Schnitt nicht nähen konnte. Eine Verletzung in Verbindung mit Fleisch darf nicht genäht werden, weil sich anaerobe Bakterien unter Sauerstoffausschluss in der Wunde vermehren können. Das entspricht den gängigen Behandlungsleitlinien. Und da die mechanische Spülung in diesem Fall anderthalb Stunden stattgefunden hat und trotzdem nicht als ausreichend angesehen wird, ist sie der Desinfektion meiner Ansicht nach auf keinen Fall überzuordnen.