Ein Leben Retten (Prüfen, Rufen, Drücken)

  • Moinsen zusammen,


    zwei Tage noch läuft die Woche der Wiederbelebung und aus diesem Anlass möcht ich euch mal diesen Link zeigen: https://www.einlebenretten.de/


    Vorgestern habe ich eine Veranstaltung in einer örtlichen Klinik mit meiner großen Tochter besucht und wir sind jetzt quasi auf dem neuesten Stand, was die Thematik Wiederbelebung angeht.
    Meine Tochter war sehr beeindruckt und hat das erste Mal an einer Puppe geübt und wurde fachmännisch von einem Oberarzt der Kardiologie dabei begleitet :thumbup:
    Uns allen wurde auch ein sogenannter AED vorgeführt: https://de.wikipedia.org/wiki/…er_externer_Defibrillator


    Diese Dinger können nahezu von fast jedem Menschen bedient werden. Das Gerät sagt einem ganz genau, was und vor allem wann etwas getan werden muss.



    Ich persönlich denke, dass diese Thematik jeden etwas angeht und man sollte sich eines dabei bewusst sein: Mann kann dabei NIE etwas falsch machen, ausser man macht gar nichts!




    Nachdenklich hat mich der Fakt gemacht, dass wir in Deutschland (auf europäischer Ebene betrachtet) recht weit zurückliegen, bei der Thematik Ersthelfer. Im Netzt findet man diesbezüglich Statistiken, die belegen, dass andere Länder, wie z.B. die skandinavischen, weit vorne liegen. Der Oberarzt erklärte dazu, dass es oftmals daran liegt, dass man denkt, man könne etwas falsch machen. Dann kommt ggf noch Ekel, Scham, "der könnte ja nur besoffen sein" etc dazu.


    Was denkt ihr über dieses Thema?


    In diesem Sinne


    Eichenblatt :dolldrueck:

  • Was denkt ihr über dieses Thema?

    Was den Ekel betrifft.Wenns um ein Leben oder die Gesundheit geht, muss man den überwinden und sich zusammenreißen, oder eben kotzen und weitermachen.
    Ich habe mal einen Obdachlosen (hatte sich die Hüfte gebrochen und war total betrunken) in mein Auto gepackt, der ganz derb nach Urin und Penner roch. Bin fast eingegangen, neben ihm im Auto. Aber was ist schon ein bisschen Ekel oder Scham? Das vergeht wieder!


    Ansonsten versuche ich einmal jährlich etweder über die Arbeit oder den Tauchclub einen Erste-Hilfe-Kurs zu machen. Meistens klappt das auch. Dieses Jahr habe ich mit paar Kollegen den Kurs über die Arbeit gemacht. Und über die Stadt eine Einweisung in die Bedienung eines AED von einem Mitarbeiter der Firma Zoll bekommen, weil ich mit einem Kollegen eine Sportgruppe anbiete. Der Herr erzählte uns, dass kurz nachdem er eines der ersten Geräte in einer Sporthalle im Kreis aufgestellt hatte, es bei einem Wettkampf zu einem Herzinfarkt eines Trainers kam. Im Publikum war eine Krankenschwester, die ihm sofort das AED anlegte. Nur durch dieses schnelle Eingreifen hatte der Mann überlebt.


    Ich denke einfach, dass es wichtig ist, im Ernstfall ein paar Erste-Hilfe-Grundlagen sicher zu beherrschen und sich zumindest für diese Zeit zusammenreißen zu können.


    Eine Beatmungsmaske kostet auch kein Geld, lässt sich EDC-mäßig am Schlüsselbund tragen und erleichtert es, den eigenen Ekel zu überwinden, wenn... Ich habe ein EH-Kit jetzt immer dabei. Habe mich bei der Zusammenstellung an Empfehlungen von Opsbase orientiert. Zumindest für die unmittelbar Lebensbedrohlichen Sachen, bin ich nun permanent vorbereitet.

  • Ekel ist ja nur das eine, selbstüberwindung von Persönlichen animositäten kommt noch hinzu mit Pech.


    Auf einer Party hatte ich eine recht handfeste Debatte mit jemanden der sich Politisch gerne etwas in alten Zeiten sah, ging von der Person aus...lange rede kurzer Sinn, als wir die Debatte unentschieden beendet hatten ging die Party weiter. Für die Person wohl auch die Politischendebatten, jedenfalls fand ich ihn dann ziemlich zugerichtet und einer stark Blutenden Platz und einer Armwunde abseits der Feier im Strassengraben (Musste schiffen). Er hatte sich auch selbst beschmutz weshalb ich erst Angst hatte das er den Weg allen Fleisches genommen hatte. Um ehrlich zu sein, war ich erst am überlegen ihn da zu belassen weil er es irgendwie selbst konstruiert hatte was er bekommen hatte. Ist aber nicht mein Stil. Pulsertastet, aus dem Graben gezogen, stabileseitenlage, Kopf auf meinen Pullover gelegt mit meiner Jacke den Oberkörper bedeckt und Notarzt gerufen. Bis der Notarzt da war habe ich versucht ihn anzusprechen, ohne Erfolg. Immer mal wieder Atmung/Puls gecheckt.

  • Was den Ekel betrifft.Wenns um ein Leben oder die Gesundheit geht, muss man den überwinden und sich zusammenreißen, oder eben kotzen und weitermachen

    Wenn`s so einfach wäre. Es gibt definitiv Situationen bzw. Umstände, die den Grad an aushaltbarem Ekel schlichtweg übersteigen. Dann heisst es eben selbst erbrechen oder weitermachen. Beides geht zeitglich nicht.


    Beispielsweise wurde exakt aus dem Grund die zwingende Beatmung bei der HLW herausgenommen, da eine Mund zu Mund/Nase-Beatmung ins frisch Erbrochene des Opfers hinein für die meisten eine zu hohe Hürde darstellt.

  • Wenn`s so einfach wäre. Es gibt definitiv Situationen bzw. Umstände, die den Grad an aushaltbarem Ekel schlichtweg übersteigen. Dann heisst es eben selbst erbrechen oder weitermachen. Beides geht zeitglich nicht.

    Zum Glück darf das jeder für sich klären, was er sich zumuten kann. Ich weiß von mir, dass ich recht empfindlich bin, besonders was Gerüche angeht. Ich habe aber auch die Erfahrung gemacht, dass ich weit über meine Grenzen gehenn kann, wenn es sein muss. Hab mal paar Jahre in einer geschlossenen Einrichtung gearbeitet, in der ich täglich mit sämtlichen Körperausscheidungen konfrontiert war. Da wollte ich manchmal am liebsten bewusstlos werden, vor Ekel. Aber der Mensch hält viel aus, wenn er die Notwendigkeit sieht.

  • Ich war mal Rettungsdienst-Zivi und habe bei einem Einsatz einen Kerl in den RTW eingeladen, der dem Anschein nach "völlig besoffen" in einer Einfahrt liegen blieb UND das genau auf einem grossen Haufen Hundescheisse! Er hat sich nicht selber eingekotet, sondern lag einfach nur obendrauf :/ . Pech für ihn, Pech für uns, UND Pech für die Notaufnahme, wo wir den guten Mann abgeliefert haben. Leider (und auch aus verständlichen Gründen heraus) muss ich gestehen, dass jemand der nach Alkohol und Kacke riecht, sofort in eine untere Schublade einsortiert wird - manchmal zu Unrecht.


    Ich möchte hiermit nur ein Beispiel geben, für die vielen unterschiedlichen Umstände, in denen es zu einer Notsituation kommen kann, die falsch interpretiert wird.
    Vielleicht hat der gute Mann nur ein paar Bier getrunken und ist wegen einer ganz anderen Erkrankung umgekippt? Ich weiss es nicht, denn mein Job endete in der Klinik, in der wir den Patienten abgeliefert haben.


    Was lernt man daraus? Das Leben hat nicht nur Schattenseiten, sondern auch Nachteile :D
    Und wenn man schon unbedingt das Bewusstsein verlieren muss, dann doch bitte nicht über einem gigantischen "Häufchen" :whistling:

    I am here by the will of the great spirit

    and by his will I am chief

  • Beispielsweise wurde exakt aus dem Grund die zwingende Beatmung bei der HLW herausgenommen, da eine Mund zu Mund/Nase-Beatmung ins frisch Erbrochene des Opfers hinein für die meisten eine zu hohe Hürde darstellt.

    Schnake kannst du mir bitte sagen wo Beatmung aus der HLW genommen wurde? Meines Wissens wird im Erste Hilfe Kurs nur gesagt, dass es besser ist nur zu drücken als nichts zu machen. Trotzdem sollte die Atemspende durchgeführt werden.


    Selbst wenn der Patient frisch erbrochen hat, sollte man nicht versuchen die "Sauce" wieder zurück zu blasen. Hier gilt es eine Atemwegskontolle durchzuführen und ggf freizuräumen.


    Im Rettungsdienst wird unter anderem folgendes Schema angewendet:
    A - Airway - Atemwege kontrollieren
    B - Breathing - Beatmen (initialbeatmung)
    C - Circulation - Herz-Druck-Massage
    D - Disability - Bewusstseinslage
    E - Environment/Exposure - Umwelt und Ganzkörperuntersuchung


    Kann auch sein, dass ich durch die HiOrg und die daraus resultierende Garantenstellung etwas mehr machen muss, aber ich hätte diese Aussage gern verifiziert.


    Seite 15 Abschnitt 4:
    http://www.grc-org.de/leitlini…d/147--leitlinien-kompakt

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    2 Mal editiert, zuletzt von RedWolf ()

  • @RedWolf


    Du hast ein entscheidendes Wort, nämlich "zwingend" nicht beachtet.


    Zwar ist die Beatmung auch in den AHA-Richtlinien 2015 noch enthalten, aber es wird darin auch erwähnt, dass u. U. auf die Schulung der Beatmung verzichtet werden kann. Bei uns in der Klinik (Uniklinik mit führenden Notfallmedizinern) wird in den BLS-Kursen nur noch die Herzdruckmassage vermittelt. Hintergrund ist, dass primär nicht die Sauerstoffversorgung, sondern der Sauerstofftransport das Problem ist und der im Körper befindliche O2 für rund 7 bis 8 Minuten genügt. Hinzu kommen noch der Zeitverlust durch Freimachen der Atemwege und der oft inadäquaten Beatmung. Ausserdem verspricht man sich durch den möglichen Verzicht auf die Beatmung eine Senkung der Hemmschwelle für die Ersthelfer.


    Schau mal im Netz nach hands only cpr.


    Selbstverständlich darf/muss der Geschulte bzw. der Profi weiterhin beatmen.

  • ich glaube da hätte ich keine Hemmschwelle...


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    ;)

  • @Schnake srimmt das zwigend ist mir durch die Lappen gegangen ^^


    Aber es wundert mich, auch wenn ich dir glaube, trotzdem, dass es nicht mehr beigebracht werden soll im EH. Ich dachte, dass die EH Ausbildung homogenisiert sei und bei den meisten HiOrg's gehört beatmen weiterhin zur EH Ausbildung dazu. Zumindest soweit ich es im Kopf hab.

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  • Ich habe im Juli dieses Jahr meine Auffrischung im EH gemacht bei Malteser. Da war die Mund zu Mund Beatmung mit drin. Haben auch so ein Pack von denen bekommen, wo so eine Maske dabei ist, die auf den Mund des Verletzten gelegt wird.


    Ich denke, wie in vielen anderen Bereichen auch, macht das jeder nach seiner Überzeugung und was er für richtig hält.

  • RedWolf schrieb:@Schnake srimmt das zwigend ist mir durch die Lappen gegangen ^^


    Aber es wundert mich, auch wenn ich dir glaube, trotzdem, dass es nicht mehr beigebracht werden soll im EH. Ich dachte, dass die EH Ausbildung homogenisiert sei und bei den meisten HiOrg's gehört beatmen weiterhin zur EH Ausbildung dazu. Zumindest soweit ich es im Kopf hab.
    [/quote]Ein interessanter Auszug aus einem Interview mit Prof. Dr. med. Hermann H. Klein vom Klinikum Idar-Oberstein:

    Inzwischen hat sich das Vorgehen bei Herzstillstand verändert. Die Druckmassage ist immer wichtiger geworden. Heute fordern Fachleute, dass Laienhelfer bei Herzstillstand
    grundsätzlich nicht beatmen und sich nur auf die Herzdruckmassage konzentrieren sollten. Dafür gibt es gute Gründe: Neue Studien – z. B. die Studie von Bobrow et al. (Journal of the American Medical Association 2008), die 886 Fälle von Herzstillstand im US-Bundesstaat Arizona untersuchte – haben gezeigt, dass die Chancen für eine erfolgreiche Wiederbelebung durch Herzdruckmassage ohne Beatmung mindestens genauso hoch sind wie beim bisherigen Vorgehen – wenn nicht sogar höher.


    [i]





    [/i]

  • @Schnake Diese Berichte kenne ich auch, allerdings hat das meines Wissens bisher in Deutschland durch das GRC noch keine Beachtung bekommen wie man auf der zitierten Seite lesen kann. Ich glaube aber ich beende meinen Teil der Diskussion besser, da ich nicht glaube, dass dies der richtige Ort dafür ist.


    Einigen wir uns darauf: Drücken mit Sauerstoffzugabe (blasen erschien mir etwas ordinär :D ) ist gut, nur drücken auch ;)

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  • Anlässlich des gestrigen Tags der Ersten-Hilfe hole ich den Faden einfach mal wieder aus der Versenkung.


    aktuell:
    ansprechen
    Atmung prüfen (sehen, hören)
    Notruf 112 / Hilferuf!


    Mittig auf dem Brustbein Drücken,
    Refrain zu highway to hell:
    drücken
    drücken
    (repeat until fade out....)


    Wenn Beatmungshilfe (Beatmungsfolie, Maske) vorhanden, oder natürlich wenn man bei der eigenen engen Familie sicher ist, dass man sich selbst nicht mit diesem C-Mist infiziert,dann 30x Drücken, 2x Pusten.


    edit:
    weiter Drücken (und Pusten.)
    Bis euch die Puste ausgeht. wie gesagt, until fade out!


    Auf dass man es weder aktiv noch passiv braucht.

  • Genau richtig @Steuermann


    Bei uns im Haus - wie auch sicherlich in vielen anderen Kliniken - wird mehr und mehr auf Einmalbeatmungsbeutel umgestellt. Auf Intensiv gibt es noch ganz viel wiederaufbereitbares Material, weshalb wir uns (noch) dagegen stemmen, jedes Mal einen noch größeren Haufen Müll zu produzieren, bloß weil jemand (noch) nicht genug atmet nach einer Narkose. Aber im Rest vom Haus sind Einmalbeutel im Einsatz und kommen von Zeit zu Zeit auch teilweise unbenutzt und halt nur nicht mehr originalverpackt zu uns auf Station. So einen hab ich mir äußerlich desinfiziert und samt Maske in den Kofferraum gelegt.
    Immer in der Hoffnung, dass ich ihn irgendwann wegen thermischer Materialermüdung und nicht wegen Gebrauchsspuren ersetzen muss.


    `that's * the way * aha aha * I like it * aha aha * ...'

    Grüße vom Largo


    Gôdaich!

    (geht eigentlich (ganz gut))

  • Naja, allein brauchste eh keinen Beutel, aber wenn jemand (vielleicht ja auch unter Anleitung) drückt, kann ja ein Beutel (und ich kann Maskenbeatmen) nicht schaden. Immerhin ist er fürs Gefühl ganz gut, wenn er im Kofferraum mitfährt.

    Grüße vom Largo


    Gôdaich!

    (geht eigentlich (ganz gut))