In2 Tent Camping - Auswahlübersicht und Entscheidungshilfe

  • Der Kauf meines ersten Zeltes liegt gefühlt eine Ewigkeit zurück. Das Modell hieß Sierra Leone 2 von Salewa und ich war nicht nur mächtig stolz sondern auch überaus zufrieden mit dieser mobilen Behausung. In der Zwischenzeit sind viele Zelte gekommen und auch gegangen. Seit ca. 3 Jahren setze ich wiederum verstärkt auf Zelte bei meinen Overnightern, daher sind aktuell auch einige unterschiedliche Modelle in meinem Bestand. Ich hatte/ habe Zelte von Bergans, Eureka!, Helsport, Mountain Hardwear, MSR, Salewa, The North Face und VauDe. Wieso nicht ein paar Details und Infos dazu hier ins Forum schreiben, event. helfen sie ja dem einen oder anderen bei der Auswahl denn gerade jetzt zu Saisonende kann man gut Schnäppchen machen da viele Händler brauchbares kostengünstig im Abverkauf anbieten.

    Ein Zelt ist zwar eine der einfachsten Behausungen, besteht sie doch nur aus ein paar Stücken zusammengenähtem Stoff mit einigen zusätzlichen Teilen - sollte man meinen. Tatsächlich gibt es eine schier unübersehbare Modellvielfalt unterschiedlichster Formen und Materialien. Steht eine Anschaffung ins Haus schadet es nicht wenn man ein paar Infos hat um die wesentlichsten Details zu berücksichtigen. Ich möchte mich hier ganz bewußt auf backpackertaugliches beschränken und das Augenmerk liegt auf 1-3 Personenzelten welche von Gewicht & Packmaß problemlos z.B. im Rucksack bzw. im Boot, Zugschlitten oder am Fahrrad transportiert werden können - Trekkingzelte 'ready for the dirt' also ;) Familien- u. Gruppenzelte und diverse Nischenprodukte wie Autodachzelte, etc. bleiben außen vor und wer sich sowas anschaffen möchte für den sind die Auswahlkriterien schwerpunktmäßig sowieso anders gelagert.


    Einsatzzweck oder wieso man sich fünfmal am Kopf kratzen soll bevor man ans Shoppen geht
    Noch bevor man bei div. Anbietern reinschaut schadet etwas Brainstorming nicht um den angedachten Einsatzzweck abzustecken. Für eine gemütliche Schnuppertour von Campingplatz zu Campingplatz in unseren Mittelgebirgen wird man sich wahrscheinlich kein Expeditionszelt für mehr als 1.000.- Euronen anschaffen und anders herum wird ein Baumarktzelt für EUR 50.- auf einer 2-wöchigen Westalpentour mit tagtäglich stürmischen Winden eine ziemlich ungemütliche Sache am Gletscher werden, geschweige denn dass es den Belastungen standhalten wird ...

    Heiße u. trockene Regionen, nicht nur Tropen od. Wüsten sondern auch mitteleuropäischer Sommer:
    - Innenzelt (IZ) großzügig mit Moskitonetz ausgestattet für gute Belüftung
    - Kuppelzelt od. Semigeodät wo das Innenzelt auch alleine aufgestellt werden kann
    - Außenzelt (AZ) reicht nicht bis zum Boden runter f. bessere Hinterlüftung
    - UV beständiges Außenzeltgewebe
    - 2 gegenüberliegende Eingänge (auch bei Solozelten) zwecks Durchlüftung
    - helle AZ-Farbe empfehlenswert damit sich dieses nicht so aufheizt
    - solider Außenzeltstoff, muß Sturmböen bei Sommergewittern oder tropischen Regengüssen standhalten

    Regnerisch kühle Regionen wie z.B. Skandinavien, div. Gebirgs- und Küstenregionen mit viel Niederschlägen:
    - Außenzelt wird zuerst aufgebaut od. zusammen mit IZ damit dieses während Auf- und Abbau trocken bleibt
    - Außenzelt reicht komplett bis zum Boden runter so dass auch der Wind keinen Regen reindrücken kann od. Spritzwasser eindringt
    - Außenzeltgewebe u. Abspannleinen aus Materialien die sich bei Nässe nicht dehnen
    - wasserdichter u. abgetapter Boden der rundherum weit hochgezogen ist, sog. 'Bath Tube Floor'
    - Ausreichend große Apsis/ Vorzelt f. trockene Lagerung des gesamten Gepäcks und um darin bequem abwettern u. kochen zu können
    - groß dimensionierte Lüftungsöffnungen mit zusätzlichem Moskitonetz

    Winter m. Schnee u. tiefen Temperaturen:
    - Ausreichende Größe v. Innenzelt u. Apsis damit mehr Gepäck untergebracht werden kann
    - stabiles Gestänge (event. 2ter Gestängesatz) und solides AZ-Material welches Schneelasten selbst bei Wind standhält
    - windschlüpfriges Design, gegebenefalls Geodät für sehr stürmische Gebiete oder z.B. fürs (Höhen-)Bergsteigen
    - möglichst wenig Moskitonetz am IZ damit kein Schnee eindringt
    - Außenzelt reicht bis zum Boden so dass sich 'Isolierschicht' zwischen AZ und IZ bilden kann und es innen wärmer ist
    - Innenzeltgewebe wasserabweisend (nicht -dicht!) behandelt gegen abtropfenden Kondens oder abschmelzendes Eis
    - umlaufende Schneelatze um das AZ schneedicht machen zu können bzw. f. mehr Stabiltät bei Wind
    - Große Belüftungsöffnungen an den höchsten Punkten des Zeltes f. Gasaustausch wenn das AZ teilw. unter Schnee liegt
    - Bedienbarkeit m. Handschuhen - Zipperverlängerungen, vereisungssichere RV, lange Schlaufen f. (Schnee-)Heringe
    - Zusätzlich Schneeanker od. Schneeheringe, ausreichend Reparaturmaterialien

    Ich hab hier ein paar Tunnelzelte von skandinavischen Herstellern und mag die wirklich. Sie sind z.B. für die Anforderungen wie man sie in Norwegen vorfindet absolut perfekt. Auch wenn Skandinavien als Non-Plus-Ultra Outdoorregion gilt und die nordischen Hersteller sehr hoch im Kurs stehen sind sie für heiße u. trockene Verhältnisse suboptimal. Sie heizen sich bei Sonneneinstrahlung rasch auf und das weit runter gezogene Überzelt erlaubt wenig Luftzirkulation. Selbst bei geöffnetem Eingang und Lüftern ist es sehr heiß u. stickig im Innenraum wie wir bei einer Tour mit hochsommerlichen Temperaturen feststellen mussten. Ganz besonders wenn in einem kleinen 2-Personenzelt auch tatsächlich 2 Leute liegen und Windstille für keinen Luftaustausch sorgt. Hier gibts Konzepte und Designs die bei solchen Verhältnissen wahrlich besser geeignet und damit empfehlenswerter sind! Um sich vor Fehlkäufen zu schützen rate ich daher dringend mal in sich gehen um abzustecken wofür man sein Zelt später tatsächlich verwenden will. Möglichst noch bevor man sich ein Modell holt das man bei 10 anderen Leuten gesehen hat und man deshalb der Meinung ist dass besagtes Teil ja sowieso was taugen muß ...

    Zeltgröße oder der Spagat zwischen Einzimmerkabinet und großzügiger Villa
    Je größer ein Zelt desto komfortabler ist die Stoffbehausung, keine Frage. Zur Umhüllung eines größeren Raumes wird leider auch mehr Material benötigt was sich wiederum am höherem Packgewicht niederschlägt und wer schleppt sich schon gern ab? Wieviel Platz soll man pro Person ansetzen, was wird benötigt? Prinzipiell eine einfache Rechnung: Schulterbreite plus ein paar Zentimeter für den jeweiligen Schlafsack links u. rechts hinzugeben, basta. Leider wird man dann feststellen dass man mit diesen 55-60 Zentimetern Liegebreite sehr beengt daher kommt und so mancher Biwaksack breiter ausfällt! Für mich passt der Ansatz mit ca. 65-70cm IZ-Breite je Person und ca. 210cm IZ-Länge ganz gut für eine Abschätzung. Damit wird man feststellen dass übliche 2-Personenzelte welche mit ca. 120-130cm Innenzeltbreite angeboten werden für die angedachten 2 Personen schon sehr knapp bemessen sind. Ich bin mittlerweile dazu über gegangen dass ich zur Größenauswahl einfach eine Person hinzureche, also für ein Solozelt eher zu einem 2-Personenmodell tendiere und für ein 2-Mannzelt zu einer 3-Mannvariante.

    Selbstverständlich gibts auch ein paar zustätzliche Faktoren welche die (minimale) Liegebreite beeinflussen. Für ein Winterzelt rechne ich mit ca. 70-75cm (besser 80cm) je Person, da man bei tiefen Temperaturen meist einen fetteren Schlafsack und zusätzliches Zeug dabei hat. Manche Zeltkonstruktionen haben z.B. sehr flach ansteigende Wände wie z.B. Firstzelte wo sich bereits in ca. 20-30cm über dem Boden die verfügbare und auch nutzbare Fläche deutlich verkleinert hat. Die ursprüngliche Grundfläche ist theoretischer Natur da man sie nicht wirklich ausnutzen kann wenn man etwas über dem Boden mit dem SchlaSa bereits an den Zeltwänden ansteht. Manche Kuppelzelte haben ähnliche Probleme und von einer üppig scheinenden Liegelänge von 240cm stehen tatsächlich oft nur 210-220cm zur Verfügung weil der Kopf u. die Zehen am IZ anstreifen, vor allem wenn man eine sehr dicke/ hohe Iso verwendet. So ergeben sich tote Ecken, wo man lediglich Kleinzeug ablegen kann.

    Der menschliche Körper ist auf Schulterhöhe am breitesten und an den Füßen schmäler. Dem tragen auch Zelthersteller bei ihren Gewichtsoptmierungen Rechnung und bieten Modelle deren Breite sich zum Fußende hin verschmälert. Der Boden ist da nicht über die gesamte Länge gleich breit. Das Prinzip kennt man auch von Isomatten so ist dann ein konischer Zeltboden auch an eine konische Iso entsprechend abgestimmt. Das mag zur Zeit angesagt und hip sein bzw. von den UL-Fans nachgefragt werden. Ich mag die sich daraus ergebenden verkleinerten Grundflächen nicht wirklich muss ich offen gestehen, obwohl ich 2-3 Zelte habe die diesem Prinzip folgen.


    Genau so wichtig wie eine adäquate Liegefläche ist die verfügbare Innenhöhe. Ein Zelt in dem man nicht aufrecht sitzen kann ist krampfig und hier sind selbst für einfache Tätigkeiten wie Bekleidung wechseln, Schuhe an- und ausziehen, Essen, etc. Verrenkungen erforderlich. Für mich muss die Innenhöhe in Eingangsnähe/ an der höchsten Stelle des Innenzeltes 90-95cm im Minimum haben und bei einem meiner kleineren Zelte steht diese Höhe z.B. nur in einem sehr begrenzten Bereich zur Verfügung, was richtig nervig ist. Bei Schönwetter ist das etwas unbequem, ist man aber gezwungen längere Zeit im Zelt zu verbringen (Schlechtwetter, Auskurieren von Wehwechen od. ähnliches) dann törnt sowas richtig ab!

    Gute Trekkingzelte sind mit sogenannten Apsiden/ Vorzelten ausgestattet in denen man z.B. Gepäck abstellen, kochen, trocknen, etc. kann. Ich mags üppig bei Vorzelten und als Minimumanforderung muß ein großer Trekkingrucksack je Zeltbewohner sowie der übliche Kram regengeschützt darin abgestellt werden können. Das braucht nicht jeder und wer z.B. einen Teil seiner Ausrüstung in wasserdichten Fahrradtaschen, im Tourenkajak oder in der Pulka belassen kann wird event. mit einer Miniapsis genau so glücklich sein wie ich mit meinen ausufernden Stauraum vorm Schlafzimmer ;)


    Mein allerstes Zelt hatte beinahe ca. 150cm Innenzeltbreite und wurde als 2-Mannversion verkauft. Heutzutage gibt es viele Zelte von namhaften Herstellern welche 3-Mannzelte mit weniger als 150cm IZ-Breite verkaufen. Der Platzbedarf ist sehr individuell und ein paar Zentimeter mehr oder weniger können schon den Unterschied zwischen 'Beengt wie in einer Sardinendose' oder 'Wow, was für ein tolles Raumgefühl' machen. Hier schadet es nicht wenn man zusieht dass man ein ausgestelltes Modell seines Traumzeltes mal aufsucht um Platzangebot/ Raumempfinden abzuchecken und so besser beurteilen zu können ob das auch passt.

    Zeltdesigns oder wieso läuft eine Hütte spitz zusammen und eine andere hat oben einen sanften Bogen
    Besucht man einen beliebigen Outdoorshop wird einem die Formenvielfalt an Zelten verblüffen, darum gibts ein paar grundlegende Bauformen mit ihren typischen Eigenschaften:


    Kuppelzelt: Im Prinzip eine Halbkugel wegen der typischen Form auch als Iglu oder Dom bezeichnt. Ursprünglich fürs Höhenbergsteigen entwickelt und seit Jahrzehnten beliebt bei Backpackern. Meist werden 2 Gestängestangen (bei größeren Zelten auch mehr) so angeordnet dass sie vom Boden an den Eckpunkten ausgehen und sich am höchsten Punkt kreuzen und bis zur gegenüberliegenden Ecke runter laufen. Oben wird oft eine kurze Querstange am Kreuzungspunkt für mehr Kopffreiheit montiert und schon ist das charakteristische Igluzelt fertig. Charakteristisch fürs Iglu:
    - Rechteckige (seltener sechseckige od. quadratische) Liegefläche
    - Konstruktion ist selbsttragend und benötigt meist wenige Apspannleinen
    - Standortwechsel einfach, man kann das Kuppelzelte anheben und wegtragen zum versetzen ohne dass es hierfür komplett abgebaut werden muss
    - Aufbaufolge meist mit Innenzelt zuerst
    - Innenzelt kann alleine verwendet werden, Aussenzelt kann zusammen mit Zeltbodenunterlage oft auch ohne IZ verwendet werden
    - Raumausnutzung nicht ganz so ideal wie bei Tunnelzelten
    - Sturmstabil mit zusätzlicher Abspannung




    Tunnelzelt: Im Prinzip eine lange Wurst und die Gestängebögen stehen hier parallel hintereinander und überkreuzen sich nicht wie bei den Kuppelzelten. Diese Zeltform ist in Skandinavien sehr weit verbreitet
    - Bestes Raum- zu Gewichtsverhältnis mit optimaler Raumausnutzung dank relativ steil stehender Zeltwände
    - Auf- und Abbau meist mit Außenzelt zuerst bzw. AZ+IZ gemeinsam, daher schlechtwettertauglich
    - Außenzelt kann alleine verwendet werden, IZ allerdings üblicherweise nicht
    - Benötigt relativ viele Abspannpunkte und Heringe bevor es stabil steht daher zeitintensiver beim aufbauen
    - Muß für lokalen Standortwechsel wieder komplett abgebaut werden
    - Aerodynamisch günstige Form und wird es in Windrichtung ausgerichtet ist es sehr sturmsicher




    Firstzelt: Die berühmte Dackelgarage in A-Form wie man sie von den Tarps her kennt. Kuppel- und Tunnelzelte haben dem Firstzelt im Trekkingbereich den Rang abgelaufen. Im UL-Segment gibt es neuerdings zahlreiche pfiffige und inovative Ideen die auf der Firstform basiert und wo z.B. Trekkingstöcke als Stützen verwendet werden
    - A-Form (bzw. umgedrehtes V) mit relativ flachen Seitenwänden daher Raumausnutzung suboptimal
    - Liegt man quer zum First ist die Kopffreiheit etwas besser, liegt man parallel zum First ist die nutzbare Zelthöhe bestenfalls suboptimal
    - Traditionel Mittelstützen an den Schmalseiten die an Eingängen behindern, Stangen in A-Form sind besser aber meist nur bei Premiummodellen verfügbar
    - Muss abgespannt werden um sicher zu stehen
    - Nicht jedes Modell bietet Apsiden zur wettersicheren Unterbringung des Gepäcks

    Pyramidenzelt: Das klassische Indianertipi oder skandinavische Lavvo mit Mittelstange. Seit dem Erfolg des Shangri-La von GoLite gibts vermehrt auch wieder interessante tragbare Varianten für Backpacker
    - Vernünftige Stehhöhe u. Raumgefühl im Vergleich zu anderen Zeltformen
    - Hoher Eingang, das übliche 'reinkriechen' wie bei Kuppeln oder Tunneln brauchts nicht
    - Mittelstange steht im Weg und soll möglichst höhenverstellbar sein
    - Regen dringt direkt in Innenraum beim öffnen des Einganges
    - Aufbau erfordert etwas Übung für symetrisches Resultat, zahlreiche Heringe erforderlich
    - Muss gut abgespannt werden, steht aber dann relativ windstabil
    - Leichtgewichtig wenn z.B. nur Stange + AZ mitgenommen wird




    Geodäten: Aufgemotzte Kuppelzelte für härteste Bedingungen; Jeder nahmhafte Bergsportausrüster hat hier was im Programm und bekannte Vertreter wie z.B. das VE25 von The North Face oder das Trango von Mountain Hardwear werden schon seit Jahrzehnten gebaut und sind nach wie vor top für diesen Einsatzzweck
    - Gestänge überkreuzt sich mehrmals und so bilden sich (im besten Fall) Dreiecke welche die Kräfte gleichmäßig auf die gesamte Zeltfläche und die Stangen verteilt
    - Mind. 4 Gestängebögen (bei größeren Zelten auch deutlich mehr), strapazierfähige Materialen etc., daher schwergewichtig
    - 4-Jahreszeiten- und expeditionstauglich für höchste Windgeschwindigkeiten od. Schneebelastung und widrige Bedingungen
    - Overkill für Backpacking außerhalb vom Hochgebirge, polaren od. subpolaren Regionen

    Hybridzelte u. Semigeodäten: Darunter fallen Mischformen und Zwitter aus unterschiedlichen Zelttypen sowie Gestängekonstruktionen welche mehrere Knotenpunkte haben. Ziel der Hersteller ist dabei die Raumausnutzung zu verbessern und/oder gleichzeitig das Gewicht zu optimieren. Einer der Urahnen ist wohl das Tadpole 23 von TNF - ein Mittelding zwischen Kuppel- u. Tunnelzelt wobei sich die 3 Gestängebögen mehrfach überkreuzen. Diese kleine Zeltchen ist ausgesprochen windstabil, wird aber leider nicht mehr gebaut. Ich habe mit dem Bergans Antarktica 2 einen ähnlichen Geodät-Zwitter mit 3 Stangen, welches ein taugliches Winterzelt ist.



    Ein Kuppelzelt mit Gestängeanordnung in Anlehnung an einen Geodäten hab ich hier im Forum schon mal vorgestellt. Das Moraine 23 von TNF hat 3 Stangen welche sich mehrmals überkreuzen und bietet für ein Zelt dieser Grundfläche ein Raumgefühl das man sonst nur von größeren Zelten kennt, die Kopffreiheit ist nahezu perfekt.




    Das angesagteste Design sind aktuell die sogenannten Semigeodäten wo kürzere Gestängesegmente in Knotenpunkten zusammen geführt werden. Die Einzelstangen enden oftmals an diesen Knotenpunkten und laufen nicht weiter wie bei Geodäten sonst üblich. Der Gestängerahmen kann so futuristisch anmutende Formen annehmen und oftmals steht dabei die Gewichtsreduktion im Vordergrund. Die Gestängeknoten sind metallische Formstücke, Blöcke oder Ringe mit Bohrungen in die die Stangen gesschoben werden bzw. Stifte an welche die Gestängenden aufgesteckt werden. Zu dieser Gattung würde ich z.B. durchaus auch diverse Mark-Modelle von VauDe zählen, welche schon länger am Markt sind und wo der Hersteller kontinuierlich Modellpflege betreibt. Einige der Semigeodäten gelten als äußerst windanfällig wie z.B. die weit verbreiteten und beliebten Leichtzelte der Hubba-Serie von MSR, besonders die 1P und 2P Variante. Schon kräftigere Windböen können das Gestänge knicken, hier ist nichtmal ein richtiger Sturm erforderlich.



    Aufbau, oder die Erklärung weshalb mein Zelt immer nass wird beim Auf- und Abbau, das vom Nachbarn hingegen nie
    Wenn es um Zeltaufbau geht dann denkt jeder in erster Linie wohl 'je einfacher desto besser', was prinzipiell auch stimmt. Niemand ist begeistert von Stangengewirr und Herumprobieren was nun wie zusammengefügt gehört, etc. Der Aufbau sollte möglichst intuitiv und rasch vonstatten gehen. Klar sind Kuppelzelte einen Tick schneller aufgestellt als z.B. Tunnelzelte welche im allgemeinen ein paar Heringe mehr benötigen, etc. Ein wichtiger Punkt beim Aufbau ist die generelle Reihenfolge und da gibts ein paar Varianten mit Vor- und leider auch Nachteilen:

    Innenzelt zuerst, Außenzelt darüber: Ich nenns mal die 'nordamerikanische' Variante, denn die allermeisten Hersteller aus den USA folgen diesem Prinzip und diese haben überwiegend Kuppelzelte im Programm. Das Innenzelt wird zuerst aufgerichtet und am Gestänge mittels Haken eingehängt, via Kletter befestigt oder das Gestänge in die hierfür vorgesehenen Kanäle eingeschoben. Das Außenzelt wird dann einfach über geworfen und oft auch mit ein paar Klettern am Gestänge fixiert. Unten wird es z.B. mittels sogenannten 'Lock Tips' an Ösen eingehängt die an Bändern mit dem Zeltboden vernäht sind. Lock Tips sind stiftartige Verlängerungen am Gestängeabschluß. Neben diesen Lock Tips gibts noch weitere Befestigungsmöglichkeiten wie z.B. Ring Pins, wo ein kurzer Dorn ins hohle Gestängrohr eingeschoben wird oder auch Knebelverschlüsse die in vorgesehene Laschen gesteckt werden, uvm. Der Vorteil des Systems IZ vor AZ ist natürlich dass sich dass Innenzelt bei Schönwetter auch ganz ohne Außenzelt benutzen lässt. Der gravierenste Nachteil dass bei Niederschlägen während Auf- und auch Abbau das Innenzelt ebenfalls nass werden kann und als Folge dannach event. auch empfindliche Ausrüstung wie z.B. der Schlafsack, etc. Hier muß man abwägen und in manchen niederschlagsarmen Gebieten ist das akzeptabel während man sich in Gebieten mit viel Nasswetter ein unbequemes Problem einhandln kann!

    Außenzelt zuerst, Innenzelt wird eingehängt: Sozusagen die 'skandinavische' Variante der die meisten nordischen Hersteller folgen und das nicht nur bei Tunnelzelten sondern vielfach auch bei Kuppelzelten. Am Außenzelt sind Stoffkanäle angenäht in welche das Alugestänge geschoben wird. Zumeist sind am AZ praktische Plastiköcher oder einfache verstärkte Stofftaschen angebracht welche die Gestängeenden aufnehmen. Sobald das AZ steht kann das Innenzelt eingehängt werden. Hier haben sich flexible Gummibänder bewährt die mit schlichten Knebeln am AZ eingehängt werden bzw. die vereinfachte Variante mittels Plastikclips. Zusätzlich gibts oft schmale Gewebebänder mit Fastex-Verschlüssen um den korrekten Abstand zu gewährleisten. Der größte Vorteil dieses Aufbaus besteht darin dass das Außenzelt steht und das IZ geschützt vor Regen oder Schnee eingehängt bzw. auch wieder abgebaut werden kann. Diese Variante ist deshalb fürs schlechte Wetter prädestiniert. Prinzipbedingt lässt sich hier zwar oft dass AZ alleine als simpler Shelter verwenden, das IZ hingegen nicht - zumindest nicht ohne weiteres Zubehör um das IZ am Gestänge zu fixieren! Das Herausschieben der Zeltstangen aus den Kanälen erfordert etwas mehr Zeit beim Abbau gegenüber Variante wo z.B. nur Clips oder Kletter verwendet werden.

    Außen- und Innenzelt zusammen aufgestellt: Zugegeben, Zelte wo das Außenzelt mit dem Innenzelt fix vernäht ist sind rar bzw. so gut wie vom Markt verschwunden. Meist erlauben aber Zelte mit der 'skandinavischen' Varaiante dass man AZ und IZ zusammengebaut belässt und diese auch gemeinsam aufstellt. Der Vorteil ist zweifelsohne dass man mit dem IZ keinen zusätzlichen Aufwand hat und dieses während Auf- und Abbau immer ausgezeichnet vor schlechtem Wetter geschützt ist. Sind AZ und IZ jedoch fix verbunden hat dies den Nachteil dass man beide Teile zwecks rascherm Trocknen, Reinigung, etc. nicht trennen kann und die Teile sich zwecks Rucksacktransport auch nicht auf 2 Leute aufteilen lässt.

    Einwandige oder Zweiwandige Konstruktion oder wieso wird da doppelt gemoppelt
    Doppelwandige Zeltkonstruktionen: Oberhalb wurde schon mehrmals erwähnt dass moderne Zelte aus einem Außen- und einem Innenzelt bestehen. Weshalb diese Gewichts- und Platzverschwendung, eine einwandinge Konstruktion würde doch auch die Schutzfunktionen erfüllen? Im Prinzip stimmt das, das Außenzelt ist wasserdicht imprägniert was anders herum auch bedeutet dass der Wasserdampf vom Innenraum nicht nach außen gelangen kann und bei dem üblichen Temperaturgefälle in den Nachtstunden daran kondensiert bzw. bei entsprechenden Tieftemperaturen auch anfriert. Das Innenzelt soll nun verhindern dass der geneigte Bewohner in Berührung mit diesem Kondensat kommt und nicht nur er sondern auch sein Gear nass wird, weils dann nämlich nur allzu gerne runter tropft von der Außenhaut oder sogar regelrecht von der Decke regnet. Der Abstand zwischen Innen- und Außenzelt ermöglicht auch eine Art Durchzug der Luft und so trocknet allfälliges Kondensat auch besser ab. Das gleiche Prinzip welches bei den Hinterlüftungen an den Dächern von Wohnhäusern angewendet wird. Im besten Fall ist das Innenzeltgewebe wasserabweisend beschichtet (nicht wasserdicht), so dass allfällige Kondenstropfen nicht ins Zelt durchfallen aber dennoch eine guter Luftaustausch ins IZ gewährleistet ist. Doppelzeltkonstruktionen mit festem Innenzeltstoff sind auch wärmer, besonders wenn das AZ ganz bis zum Boden reicht und sich hier eine annähernd statische Luftschicht zwischen AZ und IZ bildet, die vor der Außenkälte isoliert - also eine Art 'Thermoeffekt' begünstigt.

    Einwandige Zelte: Finden sich im Billigsegment mit der bereits angesprochenen Kondensproblematik. Allfälliger Wasserdampf z.B. von Körperausdünstungen oder Bodenfeuchte kondensiert innen an der Zeltwand und so entstehen besagte Wassertröpfchen mit deren unbequemen Folgeerscheinungen. Es gibt Zelte die mit atmungsaktiver aber wasserdichter Außenhaut ausgestattet sind, was durch Verzicht auf das Innenzelt klar einen entsprechenden Gewichtsvorteil bringt. So wie bei Biwaksäcken auch kann der Dampfdurchgang funktionieren, muß aber unter ungünstigen Verhältnissen nicht - in diesem Fall kämpft man mit nassen bzw. vereisten Zeltwänden und zumeist herrscht dann sowieso eine Witterung die eine Trocknung nicht gerade begünstigt. Zelte mit atmungsaktivem Gewebe sind meist hochpreisig und lösen die Kondensbildung nicht 100%ig zuverlässig, weshalb ich klar die doppelwandige Ausführung empfehlen würde.

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    Frischluftdeppert
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    Einzelkomponenten oder die kluge Frage aus was ist ein Zelt eigentlich zusammengepfrimt?
    Oberhalb wurde ja schon viel über Zelte oder deren Bestandteile gelabert, was ist aber wirklich alles dran und drauf an einem zeitgemäßen Trekkingzelt? Hier ein paar Dinge und deren Funktion


    Außenzelt, (Überzelt od. auch Rain Fly): Ist die äußere Stoffbespannung die das Zelt umgibt. Hauptfunktion ist der Schutz vor Regen, Wind, Schnee, Tau, Sonneneinstrahlung, etc. - ganz grob, es soll die Zeltbewohner vor den Elementen schützen. Das Material soll daher folgende Eigenschaften aufweisen:
    - wasserdicht damit Regen und Nässe von aussen nicht durchdringen kann
    - hohe (Reiß-)Festigkeit aufweisen damit es bei starkem Wind und Belastung nicht zerfetzt
    - Dehnungsarm, es soll sich bei Zug und vor allem bei Nässe nicht ausdehnen damit man nichts oder wenig nachspannen muß
    - UV-beständig und nicht ausbleichend
    - möglichst leichtgewichtig


    Ein leidiges Thema bei den Außenzelten sind die Eingänge. Hier scheidet sich die Spreu vom Weizen und bei guten Zelten klemmt nichts, die RV sind so abgedeckt dass auch nichts flattert bei Wind aber dennoch kein Wasser rein gedrückt werden kann. Pfiffig sind jene Lösungen wo der RV direkt vom Innenzelt aus leicht erreichbar ist ohne dass man irgendwelche Suchaktionen starten muss und früh morgens erstmal über kalten Erdboden zu kriechen hat bis man nach längerem herumzufummeln endlich den RV-Schieber aufgefunden wird weil ihn der Hersteller so platziert hat dass dieser möglichst schlecht entdeckt wird! So wie bei Innenzeltabmessungen gilt auch für Eingänge: Je größer desto besser und bequemer, ein voll gepackter Trekkingrucksack muss hindurchpassen!


    An Materialen kommen moderne Kunstfasergewebe in Frage da diese einerseits leichtgewichtig und verrottungsresistent sind, sich wasserabweisend beschichten lassen und ausgezeichnete Festigkeit haben. Baumwolle bzw. Baumwollmischgewebe sind auf Grund ihres hohen Gewichtes bei Backpacking- u. Trekkingzelten komplett verschwunden und werden nichtmal mehr für Innenzelte verwendet. Sämtliche Zeltstoffe müssen flammhemmende Eigenschaften ausweisen, was nicht heißt dass sie auch feuerfest sind. Sie können durchaus verbrennen, produzieren dabei aber keine langen Flammen sondern verkokeln und verschmoren meist nur rauchlos mit hoher Temperatur ohne dass dabei heißes Plastik abtropft. Entsprechende Verbote der Hersteller bez. Feuer, Kochen und Heizen im Zelt sind daher zu berücksichtigen.


    - Nylon (Polyamid, PA): Leicht, reißfest und abriebbeständig aber unbehandelt nicht so UV-beständig wie etwa Polyester. Da es Wasser aufnimmt dehnt es sich zudem aus, was durchhängende Zeltschnüre/ Zelte zur Folge hat. Dies ist wohl der entscheidende Nachteil gegenüber Polyestermaterialien.


    - Polyester (PES): ist ebenfalls leicht, reißfest und abriebbeständig wobei es an die hohen Werte von Nylon nicht ganz herankommt. PES ist jedoch UV-beständiger als Nylon und dehnt sich bei Nässe und unter Spannung nicht so leicht wie Nylon weshalb weniger nachgespannt werden muss. Das spez. Gewicht ist geringfügig höher als Nylon, was gegebenfalls durch div. Beschichtungen wieder wett gemacht werden kann.


    Gewebe aus Nylon oder Polyester ist perse nicht wasserdicht und muss entsprechend beschichtet werden, wobei sich die ersten 2 von unterhalb für moderne Trekkingzeltstoffe anbieten da sie generell flexibel genug sind um auch bei sehr tiefen Temperaturen nicht abzublättern und dabei entsprechend langlebig sind:


    - Polyurethan (PU): Ist die kostengünstigere Variante, abriebfest und die Nähte können problemlos bandversiegelt werden, weshalb sich diese Beschichtung für Zeltböden empfiehlt. PU verringert die Reißfestigkeit der Gewebe etwas.


    - Silikon (SI): Stoffe mit Silikonbeschichtung haben oft einen Geruch der nach Essig erinnert, zumindest im fabriksneuen Zustand. Das Aufbringen einer Silikonbeschichtung ist ein komplexer Prozess und da dies meist in mehreren Durchgängen erfolgt bzw. mehrere dünnere Schichten aufgetragen werden ist sie entsprechend kostspielig. Sie gilt als dauerhaft, hochwertig und resistent selbst bei tiefen Temperaturen. Silikon erhöht nicht nur die UV-Beständigigkeit der Gewebe sondern auch die Reißfestigkeit, beidseitig SI-beschichtete Nylonstoffe sind z.B. hoch reißfest, unempfindlich gegen Sonneneinstrahlung und da sie so gut wie kein Wasser aufnehmen dehnen sie sich auch nur sehr wenig aus - soweit die Theorie z.B. zum berühmten SilNylon. Verwendet werden Stoffe mit Silikonbeschichtung bzw. SilNylon für Premiumprodukte und sie sind unter anderem auch der Grund weshalb im Zeltbau immer dünnere Gewebe eingesetzt werden - hier ersetzen die positiven Eigenschaften dieser Beschichtung durchaus Materialstärke/ -gewicht und Außenzelte aus D10, D20, D30 'dünnen' Geweben sind keine Seltenheit. Gegenüber Standardstärken haben sie deutliche Gewichtsvorteile und kleineres Packmaß. Silikonbeschichtete Gewebe können nicht bandversiegelt werden, was vor allem bei Zeltböden ein Nachteil ist.


    - Kombinierte PU/Silikonbeschichtung: Hier wird ein Zeltgewebe auf einer Seite z.B. 3-fach silikonbeschichtet und auf der anderen Seite mit einer dünnen Schicht Polyurethan versehen, was gegenüber einen beidseitigen SI-Beschichtung kostengünstiger ist ohne dabei ganz auf die Vorteile einer Silikonisierung verzichten zu müssen. Oftmals sieht man auch durchhängende Zelte im Regen oder mit Schneeauflage, was einmal mehr zeigt dass überwältigende Laborwerte nicht immer zwangsläufig auch praktischen Nutzen davon tragen müssen ...



    - Beschichtungen aus Acryl, PVC und Alubedampfungen: Finden sich gern bei Billigzelten und gelten als nicht besonders dauerhaft und können sich bei tiefen Temperaturen ablösen. Mein erstes Zelt hatte innen eine Alubedampfung welche in erster Linie Sonneneinstrahlung reflektieren soll und die Wasserdichtigkeit nicht wirklich beeinflußte. Hat den Effekt dass das Zelt innen vergleichsweise dunkel war und der Temperaturunterschied gegenüber einer unbeschichteten Variante nur wenige Grad beträgt (nachmittags bei der größten Tageshitze oft nur 5°C!), also eigentlich nicht wahrnehmbar war. Es heizte sich nicht nur beinahe so auf wie eins ohne Aluschicht, die Hitze staute sich dann gefühlt noch länger darin weil die Aluschicht die Abstrahlung behindert, der typische 'Gewächshauseffekt'.


    Oberhalb ist nun schon mehrmals die Eigenschaft 'Wasserdicht' angeführt worden und diese ist im Zeltbau sogar genormt: Für ein Außenzelt sind 1500mm Wassersäule, beim Zeltboden 2000mm Wassersäule erforderlich damit ein Hersteller sein Produkt auch als wasserdicht bezeichnen darf. Das heißt am Außenzelt können 1,5m Wasser anstehen und es darf da noch nichts reindrücken. Manche Hersteller stapeln hier bewußt tief und die Zeltgewebe leisten mehr und manche Hersteller geben hier auch niedrigere Werte an. Sind diese Gewebe dann noch wirklich dicht? Meine Antwort: Meist ja, vor allem wenn die Stoffe silikonisiert sind fallen die Wassersäulen vergleichsweise niedrig aus denn diese Beschichtung nutzt den sogen. 'Abperleffekt'. Es bilden sich größere Wassertropfen aus einem Zusammenspiel von Oberflächenspannung, Anstellwinkel des Tropfen am Gewebe etc., was ein Eindringen verhindert und da eine Silikonbeschichtung als langlebig gilt bleibt dieser Effekt im Vergleich zu Standardbeschichtungen länger erhalten.


    Innenzelt (Tent Body): Die eigentliche 'Schlafkabine' bei doppelwandigen Zeltkonstruktionen die fest mit dem Zeltboden vernäht ist. Das Innenteil meines ersten Zeltes bestand aus einem dünnen Baumwoll-Polyester Mischgewebe mit fantastischer Haptik. Leider sind diese Stoffe aus Gewichtsgründen bei modernen Trekkingzelten komplett verschwunden und es kommen leichte Nylon- oder Polyesterstoffe teils in RipStop Webart zum Einsatz welche gegenüber Baumwolle deutlich schneller trocknen. Um einen guten Gasdurchgang zu gewährleisten sind die IZ-Materialien entsprechend dünn. Das Gewebe ist luftdurchlässig und bestenfalls leicht wasserabweisend ausgerüstet damit es sich bei Kontakt mit Feuchtigkeit nicht sofort vollsaugt. Da am Innenzelt keine Feuchtigkeit kondensieren darf ist es aber keinesfalls wasserdicht beschichtet! Für kältere Gebiete und für Wintereinsatz empfehlen sich Innenzelte aus festem Stoff. Einerseits dringt so kein Schnee ein und andererseits kann sich eine isolierende Luftschicht zw. AZ und IZ bilden die das Zelt ingesamt wärmer macht. Für hohe Temperaturen kann das Innenzelt allerdings großflächig mit Moskitonetz ausgestattet sein um für bessere Belüftung und somit Kühlung zu sorgen. In Mückenregionen muß das Moskitonetz entsprechend feinmaschig sein und je dunkler die Farbe desto leichter sieht man auch hindurch (sogen. No-See-Ums). Ansonsten sind dunkle Farben fürs Innenzelt eher ungeignet, denn die drücken schnell aufs Wohlbefinden und Gemüt. Hier haben sich vor allem gelbe, beige, hellgraue bis weiße Farbtöne völlig zurecht durchgesetzt und sorgen für eine freundlich helle Atmosphäre. Die Reißverschlüsse sollen leichtgängig sein und sich dennoch nicht von selbst öffnen. Der Eingang soll groß genug dimensioniert sein (gilt auch fürs AZ!) und sich fixieren lassen z.B. mit den üblichen Knebelbefestigungen oder verstaut in einem Fach damit die Tür nicht im Wege ist. Die Stoffe an den Eingängen sind oft doppelt ausgeführt, also zusätzlich mit Moskitonetz versehen das man für besseren Durchzug alleine nutzen kann und so ungebetener Besuch draußen bleibt. Markenhersteller achten beim IZ auf praktische Details wie z.B. Schubfächer, Überkopfstaufächer aus Netz, Wäscheleinen, Schlaufen f. Lampen, etc. - wers braucht wird's schätzen ;)



    Zeltboden: Ein unscheinbares Teil am Zelt, wenn dieses allerdings versagt wirds meist sehr schnell unangenehm. Zeltböden sollen robust sein damit sie auf rauhem Untergrund mit Steinen, Wurzeln, Bodensträuchern, etc. nicht verschleißen, wasserdicht sein und bei Feuchte nicht verrotten. Sie werden doppelt belastet - einerseits liegen sie direkt am Untergrund und der Bewohner beaufschlagt die Innenseite mit seinem Gewicht. Die wasserdichte Ausrüstung muß gegenüber dem AZ besser ausgeführt sein, damit es selbst auf feuchtem oder regennassen Untergrund nichts reindrücken kann. Hier haben sich starke Stoffe aus Nylon oder Polyester in Taffeta-Webart bewährt mit Versiegelung allfälliger Nähte. Der Rand soll 10-15cm hochgezogen sein, ähnlich einer Badewanne. Dies verhindert das eindringen von Spritzwasser u. Regen, ganz besonders bei Außenzelten welche nicht ganz bis zum Boden runter reichen. Der Zeltboden wird meist an den jeweiligen Ecken mittels Schlaufen und Heringen am Boden fixiert.



    Hier im Faden wurden z.B. Begriffe wie RipStop od. Taffeta erwähnt wobei sich dies auf die Webart von Stoffen bezieht. Als Taffeta bezeichnet man ein Gewebe dass sehr fein und gleichmäßig verwebt ist und dies war ursprünglich ein Qualitätsbegriff für Seidenstoffe. Wird auch als 'Plain Weave' bezeichnet und hat in etwa gleiche Fadenanzahl in jeder Richtung. Diese Webart kommt überwiegend für den Zeltboden zum Einsatz ist aber auch bei Innenzelten zu finden. Als RipStop Gewebe bezeichnet man Stoffe bei welchen ein an sich dünner Stoff in regelmäßigen Abständen von stärkeren Fäden durchzogen ist und so entsteht eine mehr oder weniger weite Rasterstruktur die problemlos mit freiem Auge erkennbar ist. Die Verstärkungsfäden sollen das Ein- und Weiterreißen bei Belasung verhindern und Gewebe mit vergleichbarer Festigkeit sind ohne RipStop natürlich dicker und haben ein höheres Gewicht - RipStop trägt somit zur Materialeinsparung und Gewichtreduktion bei. Diese Gewebe findet man in unterschiedlichen Stärken vor allem bei Außenzelten und auch Innenzelten, bei UL Zelten werden sie in sehr dünner Ausführung sogar für Zeltböden verwendet.


    Gestänge: Das tragende Skelett der Zelte und im Zeltbau werden seit langem dünnwandige Rohre aus hochfesten Aluminiumlegierungen eingesetzt welche sich einfach zusammenstecken lassen. Die kurzen Einzelsegmente sind mit elastischen Zugbändern verbunden so dass man nichts zusammenbasteln muß oder verlieren kann. Bei den Semigeodäten hat man oft nur 1 großes Bündel dass durch diese innerhalb der Rohre verlaufenden Gummischnüre zusammengehalten wird - einfacher gehts kaum. Unterschiedlich lange Stangen sind oft farblich markiert um Verwechslungen vorzubeugen. Die Durchmesser reichen von 8,5mm bis ca. 10,2mm, also gerade mal Kugelschreiberstärke. Bei größeren Zelten mit längeren Gestänge sowie für härtere Anforderungen empfehlen sich die dickeren Durchmesser, für UL-Zelte natürlich kleinere. Manche Winterzelte erlauben z.B. einen 2ten Gestängesatz durch die Kanäle zu schieben und die knicken dann selbst bei hohen Schneelasten und Sturm nicht ein. Punkto Alugestänge geht aktuell nix an DAC aus Korea vorbei und die NSL-Gestängeserie ist federleicht, hoch belastbar und nicht nur bei UL-Trekkern beliebt. High-End Gestänge kommen z.B. von Easton, die Cyclone Stangen sind aus Composite Materialien und nochmals einen Tick leichter und deutlich flexibler als Alurohre und haben ihren Preis.



    Gestängebefestigung: Bei der IZ-zuerst Aufstellmethode wurde ja oberhalb schon einiges erwähnt und hier ist das Gestänge auch meist vollständig unter dem Außenzelt verborgen. Bei AZ-zuerst Zelten wird das Gestänge standardmäßig durch Kanäle im Außenzelt geführt. Diese können auf der Innenseite des Außenzeltes eingenäht sein wobei eine äußerst windschlüpfrige und aerodynamisch günstige Kontur ensteht da keine Stoffstege, etc. abstehen. Vielfach verlegen die Hersteller die Gestängekanäle aber nach außen und man sieht dies auch sofort durch die abstehenden Kanalstege die mal mehr mal weniger hoch ausfallen. Obwohl dies an sich eine sehr solide Konstruktion darstellt kann hier dennoch leicht Schnee, Nässe, Rauhreif anhaften etc., was zumindest für schlechteres abtrocknen sorgt und der Wind bricht sich zusätzlich an den Gestängekanälen. Mein früheres VauDe Mark II hatte ein sogenanntes Exoskelett, der Gestängerahmen dieses Zeltes steht frei über dem Außenzelt und wurde mittels Zugkordeln und Haken am Außenzelt eingehängt. Die Konstruktion ist für einen Semigeodäten äußerst windstabil, wenn die einzelnen Teile nach einer kalten Nacht aber mal vereisen ist die Handhabung eher weniger prickelnd ...



    Lüfter: In normaler Umgebungsluft befindet sich Wasserdampf und die Konzentration ist innerhalb eines Zeltes oftmals höher als draussen z.B. durch Ausatemluft, Schweiß, nasse Kleidung u. Gear, Kochvorgänge, Ausdünstung vom feuchten Erdboden oder Bodenbewuchs im Vorzelt, etc. was zur Kondensationsproblemtik führt. Um hier Luftstrom zwischen AZ und IZ zu ermöglichen der allfälliges Kondensat vom Außenzelt wieder abtrocknet ist entsprechende Belüftung erforderlich und die Hersteller haben dies meist durch simple Lüfterklappen gelöst. Diese lassen sich oft mit Hilfe kleiner Abstandhalter aufstellen bzw. können mittels Klett dicht verschlossen werden. Nicht selten haben sie zusätzlich RV-Abdeckungen und Moskitonetze. Bei skandinavischen Zelte wo das AZ ganz runter geht erscheinen diese manchmal überdimensioniert, sie sind aber bei Shitwetter die einzige Möglichkeit dem Kondensat Einhalt zu gebieten und etwas Luftaustausch zu gewährleisten vor allem wenn die Eingänge geschlossen bleiben müssen. Beim Wintereinsatz ermöglichen sie entsprechende Luftumwälzung so dass sich im Zelt keine gesundheitsschädliche Ansammlung von CO/CO2 Gasen bilden kann. Manche Hersteller schaffen es die Lüfter so zu plazieren dass sie einerseits effizent arbeiten und darüber hinaus ästhetisch wirken. An vielen Modellen wirken Lüfter aber etwas lieblos hingepatzt weil der Hersteller halt offensichtlich keinen Wert aufs optische Erscheinungsbild der Ventilation fand ...



    Heringe und Abspannleinen: Sind Punkte wo selbst namhafte Markenhersteller schwächeln, was ärgerlich ist. Z.B. war bei meinem Sommerzelt von Mountain Hardwear gerade mal soviel Zubehör dabei, dass man 1/3 der möglichen Abspannpunkte bedienen kann - zudem nur einfachste Erdnägel und zu kurze Schnüre, was bei einem Zelt in der 400 Euro-Klasse schlicht unangemessen ist! Hier bin ich von nordischen Herstellern besseres gewohnt, die legen nicht nur ausreichend Heringe und Abspannleinen rein, sondern auch mal das eine oder andere Teil als Reserve. Den besten Eindruck machten bis dato die orig. Die Heringe welche beim Eureka! TCOP (ICS 2000) beigelegt hatte, waren wirklich stabile Alunägel ...



    Bei mir haben sich Aluheringe mit Y-Querschnitt (sternförmig) bewährt, sie sind leichtgewichtig und gegenüber den Standardnägeln oder V-Heringen stabiler. Vielfach muss man sowieso nachrüsten, nicht kaputt kriegen konnte ich bis jetzt die X-Trem Plugger von Helsport - diese sind 20cm lang und haben leider ihr Gewicht. Die Y-Pegs von Tentipi sind auch ok, obwohls mir hier schon ein paar verbogen hat von den 18cm Dingern. Ich hab meist einen kleine Schlinge aus roter 3mm Reepschnur drangeknüpft, so sieht man sie sofort wenn sie im Boden stecken und das rausziehen geht einfacher. Es schadet nie Heringe in 2 unterschiedlichen Längen dabei zu haben, z.B. etwas kürzere bei steinigem Boden und längere für lockeren Untergrund. Und wenn gar nix reingeht helfen hoffentlich ein paar Steine als Beschwerung ...



    Im Winter bei Schneeauflage natürlich breite Schneeheringe in ausreichender Länge oder Schneeanker aus stabilem Gewebe.



    Für Abspannleinen haben sich Poyesterschnüre bewährt da sie bei Nässe kaum Dehnung aufweisen. Signalfarben schaden nicht damit die auch gesehen werden und ein unglücklicher Stolperer kann schnell zur Beschädigung des Zeltes führen. Hier hat sich z.B. gelb bewährt, das erkennt man selbst bei Dunkelheit noch wo rote Leinen bereits nachtschwarz und somit unsichtbar sind. Ein reflektierender Faden schadet ebenfalls nicht und hilft zusätzlich den Rückweg zum Zelt zu finden wenn man nachts mal raus muss - hier mag die 'Tactical' Fraktion aufschreien, aber praktisch ist halt praktisch - nech? Als Schnurspanner genügen die kleinen Plastikdinger mit Klemmvorrichtung oder Aluplättchen mit 2-3 Bohrungen. Namhafter Hersteller haben Metallösen für die Abspannung so dass nix ausreißen kann und Schnurgaragen aus Elastikband an ihren Zelten - so ist die Abspannleine nach dem Abbau rasch versorgt und verhedert nicht bis zum nächsten Aufbau.


    Reparaturmaterialien: Hier geizen selbst Tophersteller bei ihren Premiummodellen, was ich ebenfalls nicht ok finde. Bei Einstiegszelten liegt z.B. oft eine Reparaturhülse fürs Gestänge und eine Tube Nahtdichter bei, was durchaus lobenswert ist und für einen Trip von Campingplatz zu Campingplatz auch schon ausreichen dürfte. Je länger die Tour und je abgelegener die Destination ist, sprich je schwieriger es ist unterwegs für Ersatz zu sorgen desto umfangreicher muß das Reparaturset ausfallen. Hier empfiehlt sich neben einer Tube SeamGrip von McNett mit Pinsel zusätzlich Nadel und Faden und ein gutes Stück Reparaturstoff fürs Außen- und Innenzelt. Fürs Gestänge neben der obligatorischen Reparaturhülse event. 1-3 Ersatzstangen, Reserveheringe und Spannschnüre, usw.


    Zeltbodenunterlage (Foot Print, Ground Sheet): Ein nützliches Zubehör dass unter das Zelt gelegt wird und den eigentlichen Zeltboden z.B. vor Beschädigungen (spitzen Steinen, Dornen, etc.), Nässe und Verschmutzung schützen soll. Funktioniert soweit gut und bei den dünnen Geweben heutiger Leicht- und Ultraleichtzelte sind diese Bodenplanen auch empfehlenswert. Sie wiegen zustäzlich und die Anschaffung ist mit ca. 30-80 Euro je nach Modell/ Hersteller für ein zugeschnittenes Stück Stoff nicht zu unterschätzen. Deckt dieses Ground Sheet zusätzlich die Apsisflächen mit ab so sind auch die Ausdünstungen von feuchten Böden und deren Bewuchs unterbunden, was spürbare Abhilfe bei Kondensationsproblemen schaffen kann. Früher hab ich gleich eine orig. Schutzplane zum jeweiligen Zelt mitgekauft. Heute sehe ich zu dass der Zeltboden ausreichend robust ist (z.B. 70D Taffeta) damit ich ohne zusätzliche Unterlage auskomme. Einzig für mein Leichtzelt welches vergleichsweise dünnen Boden hat verwende ich zum Schutz jene Unterlage die ich auch fürs Tarpen benutze - ist zwar von der Größe und dem Gewicht suboptimal, aber was solls. Wer sich selbst was basteln möchte kann sich für wenige Euro eine Gewebeplane vom Baumarkt besorgen und diese zurecht schneiden. Soll einen Tick kleiner ausfallen damit sie nicht über den eigentliche Zeltboden bzw. das Überzelt hinausragt um dem Regen nicht als Rinne zu dienen, dieser also nicht ins Vorzelt läuft oder unter den Zeltboden gesaugt werden kann.


    Wischtuch aus Microfasern: Wird man bei keinem Zelthersteller als Zubehör finden, hat sich aber bei mir sehr bewährt. Ein kleines Tuch aus schnelltrocknendem Frottee in ca. 25x25cm genügt vollkommen und ein Zelt ist in einer Regenpause im Nu abgewischt. Die 10 Minuten nehme ich mir hierfür und es macht einen deutlichen Unterschied ob ein Zelt klitschnass oder nur leicht feucht verpackt wird - nicht beim Einpacken aber sicherlich nach dem nächsten Auspacken. Ein nass verpacktes Zelt hat die Tendenz dass auch allfällig verbliebene trockene Teile mit Sicherheit im Packsack ebenfalls durchnäßt werden und die nächste Nacht dann entsprechend unangenehmes Microklima hat ...



    Gruppenfrage - Ein größeres oder mehrere kleine Zelte?
    Ist generell schwierig zu beantworten. Ein größeres Zelt hat pro Kopf weniger Gewicht als mehrere kleinere zusammengenommen und es lässt sich auch auf mehrere Personen aufteilen. Z.B. kann man Überzelt, Innenzelt, Gestänge und Heringe locker auf 3 Personen verteilen. Ein größeres Zelt benötigt allerdings mehr Stellfläche und ein geeigneter Platz ist hierfür oft schwieriger zu finden als für 2-3 kleinere Zelte welche einzeln für sich jeweils wenig Stellfläche benötigen. Ein Zeltgewicht von ca. 1,5 bis max. 2,5kg je Person ist vertretbar und sollte sich am Trail auch über längere Strecken (er)tragen lassen.


    Unterschiede Materialstärke, Preis und Gewicht oder die Erklärung für die leere Brieftasche nach dem Kauf
    Am Markt ist die Differenz von leicht zu schwer bzw. von preiswert zu sauteuer tatsächlich groß und owohl oberhalb schon einiges über div. Materialen, Beschichtungen, etc. geschrieben wurde sind einige Punkte ausgespart geblieben: Wie dick muss ein Zeltstoff sein, wie schwer ist dann ein Zelt und wieviel muß man dafür hinlegen? Generell gilt je dicker die Gewebe, desto schwerer das Teil und paradoxerweise desto billiger ist das Produkt. Anders herum ja dünner das Gewebe desto leichter und desto teurer wird das Zelt ...


    Die Gewebestärke wird bei Zelten oft in Den oder schlicht D angegeben wobei dies für Denier steht. Denier/ Den ist eine alte Maßeinheit für das Fadengewicht und obwohl schon längst SI-taugliche Normierungen eingeführt sind wird Denier nach wie vor gerne verwendet. Je kleiner die Zahl, desto feiner der Faden und desto dünner ist auch das Gewebe. Ein 75D Gewebe ist also dicker und schwerer als ein 20D Gewebe. Ein mittelstarkes Gewebe für moderne Leichtgewichtszelte ist z.B. 40D Nylon und dies wiegt je nach Hersteller und Beschichtung ca. 55-70g/m2 - wobei ein 40D Material gefühlt bereits dünn ist und man selbst bei dunkler Färbung beinahe hindurchblicken kann!


    Für Zelte der brauchbaren Einstiegsklasse wird z.B. gerne 68D RipStop Nylon fürs AZ, 70D Taffeta-Nylon für den Boden und beides mit PU-Beschichtung verwendet. Ein 2-Personen Kuppel- oder Tunnelzelt mit vernünftiger Austsatttung, brauchbarem Alugestänge und tauglicher Apsisgröße wiegt dann ca. 2,9 - 3,5kg und kostet ca. zwischen 180-270 Euro. Ein 3-Personenmodell ca. 3,2 - 4,5kg und dies bekommt man für ca. 250-400 Euro. Die Materialien sind konservativ gewählt und robust, hier kann man nix falsch machen, vor allem wenn man zu bekannten Markenprodukten greift. Gewicht und Packmaß sind noch rucksacktauglich würde ich meinen und für gelegentlichen Gebrauch oder kürzere Tagesstrecken absolut ausreichend. Es soll Leute geben die mit sowas einen Fernwanderweg erfolgreich beenden und dabei mehrere Hundert Km am Stück abspulen ;)


    Mittelklassezelte haben heute vielfach ein Außenzelt aus 30D od. 40D RipStop Nylon einseitig Silikon/PU beschichtet, Innenzelt aus 20D-30D RipStop und Zeltboden aus 70D Taffeta Gewebe mit PU Beschichtung. Ein 2-Mannmodell wiegt damit ca. 2,2 - 2,9kg und kostet ca. 300-450 Euro. Ein 3-Mannmodell wiegt ca. 300-500g mehr bzw. muss man hierfür mindestens 50-100 Euro drauflegen. Gegenüber einem 2P Einstiegsmodell ist man bereits um ca. 1kg leichter mit deutlich verringertem Packmaß muss aber ca. 150 Euro mehr berappen. Würde diese Klasse trotzdem jedem empfehlen der sein Zelt öfter mal benutzt und damit längere Touren angeht, vor allem wenn es in anspruchsvollere Gebiete geht. Ein Überzelt aus 40D SilNylon hält problemlos den Anforderungen des skandinavischen Fjells stand, und Zelte aus diesem Material haben sich bei mir auf zahlreichen Trips Sommers wie Winters bewährt.


    Leichtzelte mit AZ aus 15D, 20D oder 30D in silikonisiertem RipStop Nylon, 15D-20D Innenzelt und Boden aus 40D RipStop wiegen für 2 Personen oft nur 1,5-2,3kg und kosten ab 380.- Euro aufwärts bzw. ab 500 Euro für eine 3-Personenvariante und die wiegen meist 2,0kg und drüber. Durch die dünnen Stoffe sind diese Teile gefühlt schon sehr filigran und für mich ist hier zugegegeben die Grenze dessen erreicht was ich als vertrauenserweckend bezeichnen würde. Bei entsprechender Umsicht sind damit selbstverständlich auch anspruchsvolle und lange Touren in schwierigem Gelände möglich, was bereits viele Trekker bewiesen haben!


    Heutige Ultraleichtzelte haben ein AZ aus 10D SilNylon in Ripstop Webart, Boden aus 20D Materialien, dünnem Alugestänge oder leichtem Compositestangen oft in semigeodätischem Design und wiegen dabei in einer 2-Personenvariante nur ca. 1,0-1,3kg! Sie sind nicht nur bei der US-amerikanischen Thru-Hikerszene sondern bei allen UL-Fans beliebt und begehrt und hier werden nicht selten Preise von ca. 1.000.- Euro und mehr bezahlt. Abgespeckt wird natürlich wo es nur möglich ist, die hauchdünnen Gewebe aus hochpreisigem Cuben Fibre Laminat, Abspannleinen aus Dynema, etc. sind nur der Anfang. Oft läuft nur 1 Gestängebogen bis ganz zum Fußende was entsprechend windanfällig ist. Das Innenzelt hat im oberen Bereich großzügige Moskitoflächen, das Überzelt geht nur soweit runter bis diese Netzflächen abdeckt sind und nicht weiter, etc. Man muss hier sein Material und vor allem dessen Limits gut kennen um auch länger Freude daran zu haben. Ich bin hier absolut kein Spezialist für UL und wer sich für sowas interessiert der möge bitte bei Herstellern wie z.B. Big Agnes, Big Sky International, Terra Nova Equipment, ZPacks und anderen reinschauen. Bitte nicht wundern wenn dannach die Kreditkarte verglüht ist, hahaha


    Die oberhalb angeführte Kategorisierungen, Preis- und Gewichtsangaben folgen keinem Standard und erheben auch nicht den Anspruch auf Korrektheit oder Vollständigkeit. Ich hab das für mich einfach mal so festgelegt um etwas Übersicht für meine Kaufentscheidungen zu bekommen. Überschneidungen wirds geben und selbstverständlich kann man im Abverkauf auch mal ein günstigeres Schnäppchen machen. Andererseits gibts Premiumhersteller mit prestigeträchtigen Namen (vor allem aus Skandinavien) welche für ihre Produkte in den einzelnen Klassen deutlich mehr verlangen. Bei den Topherstellern würde ich erprobte und ausgereifte Konstruktionen aus besten Materialien und mit einwandfreier hochwertiger Verarbeitung erwarten die eine lange Produktlebensdauer ermöglichen. Vor allem dass allfällige Garantieansprüche umgehend gefixt werden damit die teils beträchtlich höheren Preise auch gerechtfertigt sind ohne das Gefühl zu haben nur den Markennamen zu bezahlen.

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    Frischluftdeppert
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    Einmal editiert, zuletzt von bugikraxn ()

  • Ein Roman, aber eine super Erörterung von der Materie!
    Vielen Dank dafür @bugikraxn! :thumbup:


    LG

    “Computer games don't affect kids; I mean if Pac-Man affected us kids, we'd all be running around in darkened rooms, munching magic pills and listening to repetitive electronic music.”

  • Copy/Paste und die Bachlor Arbeit wäre fertig!
    Respekt, steht so ziemlich alles drinn was man wissen sollte,kann und müsste
    :rock:

  • @bugikraxn
    Sehr tolle Erklärung und Beschreibung der Zelt-Materie!!!! :danke: :thumbsup:
    Da hätte ich mir ja damals meinen Eintrag ins Wiki hier sparen können, wenn du das schon vorher geschrieben hättest!!!


    Super Sache von dir.
    Gruß"Seemann"

  • Da hätte ich mir ja damals meinen Eintrag ins Wiki hier sparen können, wenn du das schon vorher geschrieben hättest!!!

    Offensichtlich schau ich hier kaum ins Wiki rein, wusste gar nicht dass es hier einen Eintrag für Zelte gibt, sorry. Mein Beitrag hat ja auch eine etwas längere Entstehungsgeschichte und seinen Ursprung in einer simplen Liste von Auswahlkriterien und irgendwann braucht's halt nicht mehr viel Ergänzung dass ein Beitrag entsteht ...

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    Frischluftdeppert
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