Zunderschwamm bearbeiten

  • Hallo zusammen,


    bei diesem Faden geht es drum, wie man Zunder aus einem Zunderschwamm, fomes fomentarius, gewinnen kann.
    Ich habe bisher die Fruchtkörper vom Zunderschwamm von abgestorbenen Buchenbaumstämme gesammelt. Der Pilz wächst auch auf Birken aber bisher habe ich persönlich keine gefunden.

    Hier habe ich herrliche Prachtexemplare gesammelt, optimales Ausgangsmaterial für die Herstellung von Zunder.

    Als erstes habe ich die Rinde abgemacht. Die Rinde ist sehr hart, vergleichbar wie Kokusnussschalen oder Walnussschalen.
    In der Vergangenheit habe ich diese mühevoll mit Messer und Beil weggemacht.
    Mit einem Flex und einer Fächerscheibe kann man die Rinde auch einfach wegschleifen. "Redneck-Bushcraft"


    So sah der Schwamm nach dem Abschleifen aus:

    Gut zu sehen ist hier die Tramaschicht. Genaus diese Schicht brauchen wir für Zunder.
    Hier ein Längsschnitt durch den Zunderschwamm:



    Meine Erfahrung nach, lässt sich die Tramaschicht am Besten lösen, wenn der Schwamm noch einigermaßen frisch ist. Wenn der Schwamm trocken ist, ist es sehr schwierig zu bearbeiten.
    Ich habe alles probiert, trocknen, aufkochen, usw. Aber ich muss sagen, wenn der Schwamm ganz frisch ist, geht alles einfacher.
    Mit einem scharfen Messer wurde der Mycelialkern ausgeschnitten.
    Anschließend wurde die Röhrenschicht von der Tramaschicht gelöst. Eine ziemlich schweißtreibende Arbeit.
    Trotzdem ist alles mit einem Mora zu bewältigen. Der Schwamm ist ordentlich zäh.
    Die Tramaschicht fühlt sich im frischen Zustand ähnlich an wie Wildleder. Diese Schicht wurde dann in dünnen Scheiben geschnitten, vorsichtig gedehnt und anschließend getrocknet.


    Nach dem Trocknen kommt der nächste Arbeitsgang: nitrieren.
    Das muss übrigens nicht unbedingt sein. Der Zunder funktioniert auch ohne nitrieren, aber für Schlageisen und Feuerstein geht's einfach viel besser.
    Zum Nitrieren habe ich Kaliumnitrat genommen. Hierzu habe ich viele Versuche mit diversen Konzentrationen ausprobiert.
    Das Kaliumnitrat wird in Wasser aufgelöst. Ist die Lösung zu stark konzentriert, Brennt der Zunder wie ein Zündschnur rapid durch und ist eigentlich nicht zu gebrauchen.
    Die besten Ergebnisse habe ich mit einer Lösung mit 1 Teelöfel KNO3 auf 500 ml Wasser.
    Zum Zeitpunkt meine erste Erfahrungen mit dem Nitrierprozess war Kaliumnitrat in Pulverform relativ einfach online zu bekommen. Inzwischen ist dies meines Wissens nach in Deutschland leider nicht mehr so der Fall.
    Allerdings habe ich festgestellt, dass die Lösung nicht unbedingt stark sein muss. Eventuell bekommt man eine 10% Lösung beim Apotheker. Das habe ich bisher nicht probiert.
    Der trockene Zunder wird in die Lösung getränkt und nach 10 Minuten rausgeholt und anschließend erneut getrocknet.

    Jetzt eignet sich der Zunder optimal zum Zünden mit Feuerstein und einen Feuerstahl.

    Der Zunder wird auf den Feuerstein gelegt damit die Funken vom Feuerstahl im Zunder gefangen werden. Es geht an einfachsten, wenn man den Zunder vorher etwas zupft und die Faser an der Kante aufraut.

    Nach ein paar gezielte Schläge und etwas Übung fängt der Zunder an zu glimmen. Damit kann man anfangen Feuer zu entfachen.

    Hier auch als Video:

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    Der glühende Zunder ist schwierig zu ersticken. Entweder drück man es mit den Finger fest zusammen, oder druckt den Glut mit dem Messerblatt aus. Der Qualm stinkt fürchterlich.



    Cheers Mike

  • Sehr schön beschrieben :thumbup:
    Meinen Zunderschwamm habe ich nach dem Trocknen noch mit einem Holzhammer weich geklopft.
    Das lockert die Faserstruktur auf und das Material wird weich wie Filz und fängt den Funken noch besser auf.


    Grüsse,
    Vosegus

    Not all those who wander are lost, some of us are just looking for firewood.

  • Schöner Bericht, Mike.
    Mir ist noch nicht ganz klar, wie und wo genau dieser Mycelialkern
    ist.



    Die Röhrenschicht kann man gut verkohlen und auch als eine Art
    "Charcloth" nehmen.


    Gruss
    Konrad

    Wer nicht will, findet Gründe, wer will, findet Wege!

    Member of the "Arctic Circle Society"!

  • Hi Konrad,


    Der Mycelialkern befindet sich ziemlich an der Spitze des Huts und bildet dem Ansatz zum Baum hin.
    Er hat eine korkähnliche Beschaffenheit und ist im Vergleich zur Tramaschicht etwas schwammig.
    Diesen Kern kann man ebenfalls trocknen und pyrolysieren (verkohlen).


    Die verkohlte Röhrenschicht ist auch prima Zunder. Einmal einen Funken gefangen glimmt sie sofort und ist kaum mehr zu löschen.
    Hier sieht man nochmals die Röhrenschicht. Die weiße Stellen sind Pilzsporen, die in der Natur runterrieseln und vom Winde verweht werden.

    Verkohlen geht auch ganz gut mit einem Fichtenporling. Der Fichtenporling ist der Zunderschwamm ähnlich, wächst aber vorwiegend auf Fichten.
    Der Fichtenporling hat einen orangenen Rand und so gut wie gar keine Tramaschicht.


    Wenn so einen Stück verkohlter Röhrenschicht glimmt, glimmt sie bis alles weg ist. Die Glut bekommt man nicht mehr erstickt.
    Ich habe ein glimmender Stück komplett ins Wasser getaucht. Hinterher hat's weiter geglimmt.
    Also vorerst einen Stück abbrechen, bevor man zündelt.

  • Tja leider ist es immer so, wenn etwas zur Terrorzwecken missbraucht wird, müssen hinterher alle büßen.
    Auch diejenigen, die nur Gutes im Sinn haben.


    Ich habe gehört, dass man Zunder mit Nitritpökelsalz nitrieren kann.
    Dies habe ich bisher noch nicht probiert.

  • Der trockene Zunder wird in die Lösung getränkt und nach 10 Minuten rausgeholt und anschließend erneut getrocknet.

    Am besten wird der Zunder, wenn er nach dem Kochen und Klopfen tatsächlich einige Wochen in der Lösung bleibt. Dazu ein Paar Tropfen Hypochlorit mit in die Lösung gegen Schimmeln.
    Dabei zieht der Salpeter langsam in die Lumen der Hyphen und trocknet nicht darauf fest. Der Zunder glimmt dann viel gleichmäßiger und darf auch mal feucht werden, ohne dass sich eine Menge der Kristalle auf der Oberfläche des Pilzes sammeln.
    Ich persönlich presse den Zunder am Ende, damit er eine feste und keine filzige Oberfläche erhält. Dadurch lässt er sich gut transportieren. Zum Zünden reiße ich ein Stückchen ab, damit es auffasert und schlage Funken dort hinauf.



    Hi.
    Gerade gegoogelt: Kaliumnitrat/Kalisalpeter online kaufen 8€/kg
    Scheint also schon nicv gehandelt zu werden...

    Als Nitritpökelsalz oder zum Beizen von Wolle. Man sollte Bestellungen aber nicht übertreiben...


    LG Joe

    ____________
    leicht sarkastisch im Unterton, dabei völlig spaßbefreit
    Ich liebe Fachfragen, Smalltalk nur f2f ;)

  • Also noch mal für mich Anfänger zum Mitschreiben:


    ich kenne da eine dicke liegende Buche voll von Schämmen. Wenn ich da einen abschlage und aufmache, die Tramaschicht tatsächlich auch erkenne, lege ich die frei und klopf sie weich. Theoretisch wars das dann erst mal und kann verwendet werden, wenn Mann kann...
    Die nächste Stufe wäre dann Nitrieren, muss aber nicht, richtig?

  • Hallole


    Also noch mal für mich Anfänger zum Mitschreiben:


    ich kenne da eine dicke liegende Buche voll von Schämmen. Wenn ich da einen abschlage und aufmache, die Tramaschicht tatsächlich auch erkenne, lege ich die frei und klopf sie weich. Theoretisch wars das dann erst mal und kann verwendet werden, wenn Mann kann...
    Die nächste Stufe wäre dann Nitrieren, muss aber nicht, richtig?


    richtig.... 8o


    Nach dem Trocknen kommt der nächste Arbeitsgang: nitrieren.
    Das muss übrigens nicht unbedingt sein. Der Zunder funktioniert auch ohne nitrieren, aber für Schlageisen und Feuerstein geht's einfach viel besser.

    Lass es mal trocknen und probiere es einfach mal aus. ;)
    Auch wenn es nicht nitriert ist, wenn die Tramaschicht vom Schwamm einmal glimmt, dann lässt er sich nicht leicht ersticken.
    Beim Zündeln mit dem Schlageisen und Feuerstein sollte der Zunder flauschig sein, das heißt entweder an der filzigen Abrisskante funkeln oder die Oberfläche mit dem Feuerstein oder Messer im Vorfeld aufrauen.

  • Danke.


    Ich hab gestern auf VouTube noch ein interassentes Video von Wildniserleben gesehen, wo die Tramaschicht eine Stunde in Buchenaschewasser eingeweicht und anschließned eine Sunde darin gekocht wird. Warum dies, wurde leider nicht erklärt. ?(
    Kann das jemand von Euch erklären?

    Grüße vom Largo


    Gôdaich!

    (geht eigentlich (ganz gut))

  • Das ist auch eine Art nitrieren. In der Asche ist ja Soda.
    Bei mir hat das nicht geklappt.
    Nicht so viel Videos schauen, sondern einfach machen
    und Berichten.


    Gruss
    Konrad

    Wer nicht will, findet Gründe, wer will, findet Wege!

    Member of the "Arctic Circle Society"!

  • Sein eigenen Zunder herstellen macht Spass und bringt Erfahrungen mit sich.
    Selbst der Rohrkolbenzunder muß vorher gut behandelt und bearbeitet werden.
    Zunderschwamm ist da schon eine andere Hausmarke und so wie es oben erklärt wurde ist es schon sehr gut.
    Jeder macht so seine eigenen Erfahrungen und bei der Herstellung lernt man noch dazu.
    Wie ist es so schön!
    Mach und Berichte :thumbup:
    :hut:

    Gruß
    Andy
    :hut:
    Alles was Du über mich hörst, kann genau so falsch sein, wie die Person,
    die es Dir erzählt hat. ;)
    Und Jage nicht was du nicht töten kannst! :hut:
    Member of the Hateful fifteen :Knife

  • Danke.


    Ich hab gestern auf VouTube noch ein interassentes Video von Wildniserleben gesehen, wo die Tramaschicht eine Stunde in Buchenaschewasser eingeweicht und anschließned eine Sunde darin gekocht wird. Warum dies, wurde leider nicht erklärt. ?(
    Kann das jemand von Euch erklären?

    Buchenasche wurde zum Beuchen von Textilien aus Leinen oder Baumwolle verwendet. Sie dient eher zur Reinigung als einer Art Lauge.
    Bei der Nitrierung fügt man den Zunder eher ein Oxidationsmittel bei. Lauge dagegen ist eine alkalische Lösung.
    Ob das sinnvoll ist Zunder in Buchenasche einzuweichen, kann ich nicht sagen, aber ganz ehrlich leuchtet mir dies nicht ein.
    Bei der nicht-industrieller Herstellung von Kalisalpeter wird Pottasche zum Mist beigemischt und die Lösung hiervon abgesiedet.
    Wie @Konradsky sagt "Mach und berichte!" :D

  • Hm... ok, danke schon mal für die Erklärung. Was halt nicht aus dem Video hervorging ist, wie der Schwamm ohne die Aschebehandlung geglimmt hätte...
    Ich denke, ich werde das einfach mal ausprobieren. Ich komme ja oft genug an der Buche vorbei.


    Ich denke, ich werde berichten. :thumbsup:

    Grüße vom Largo


    Gôdaich!

    (geht eigentlich (ganz gut))

  • Hallo,
    natürlich muss ich meinen Mist zu dem Thema auch noch loswerden:
    früher habe ich den Pilz auch nitriert. Das ist aber nicht nötig. Ich mach mir meinen Zunderpilz jetzt so:
    die gesammelten Pilze 3-4Tage in kaltes Wasser einlegen und dann mit einem Brotmesser die aufgeweichte äußere Rinde wegschneiden. Danach den Pilz, je nach Größe, vierteln oder achteln. Nun die Röhrenschicht vom Trama wegschneiden (aufbewahren!!). Die Tramastücke in ca. 1-2mm starke Scheiben schneiden und in ein Glas wasser legen. Nach 5 Minuten im Wasser fange ich an die Scheiben vorsichtig zu dehnen (das DAUERT!). Das Ausdehnen funktioniert nur mit Tramastücken, die keine Reste der Röhrenschicht mehr aufweisen.
    Nun die Röhrenschichtstücke in 2 mm dicke Scheiben schneiden und NICHT aufdehnen. Alles (Trama- und Röhrenschichtstücke)richtig gut durchtrocknen lassen.
    Jetzt ein Feuer mit Laubhölzern machen und nur die weisse Asche (nicht die Kohlenstückchen) in einen Eimer geben und mit der gleichen Volumenmenge Wasser sofort verrühren. Dahinein alle Pilzscheiben (Trama- und Röhrenschichtstücke) für 24 Stunden einlegen. Ein Kochen ist NICHT nötig. Danach die Stücke einzeln nur ganz kurz ganz leicht in frischem Wasser schwenken, um anhaftende Asche etwas zu beseitigen. Die Stücke NICHT ausdrücken sondern vollgesaugt mit der Aschelösung trocknen lassen.
    Ergebnis: Dieser Zunder geht RICHTIG ab. Man hat schon nach 2-3 Streifschlägen mit dem Feuereisen eine Glut in den Tramaläppchen und die Röhrenschichtläppchen glühen nach der Behandlung auch gut durch; man entzündet die Röhrenschichtscheiben jeweils, wie oben im Thread schon beschrieben mit einem Stückchen glühenden Pilztramas an.


    Der so behandelte Pilz nimmt Funken z.B. auch von Markasit und Feuerstein an:


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