Bergans Antarktis 2 - semigeodät. Zelt für 4-Jahreszeiten [Kurzvorstellung]

  • Einige hier im Forum haben ja bereits Wintertouren in Planung und angesichts bereits laufender Schlussverkäufe, Black Fridays und Rabattaktionen passen vielleicht gerade zum jetzigen Zeitpunkt ein paar Zeilen zu einem wintertauglichen Zelt. Das hier vorgestellte Modell hat der Hersteller seit der Wintersaison 2014/15 offensichtlich nicht mehr im Programm. Da dieses Zelt aber zahlreiche Features besitzt die generell charakteristisch für Winterzelte sind, möchte ich unterhalb mal kurz drauf eingehen - event. findet ja der eine oder andere ein paar nützliche Hinweise und Tips worauf bei einer allfälligen Anschaffung geachtet werden sollte ...


    Das Antarktis 2 vom norwegischen Outdoorausrüster Bergans ist ein kleines 4-Season Zelt welches vor allem für den Schlechtwetter- bzw. Wintereinsatz konzipiert wurde. Vom Aussehen ist es ein selbsttragendes Kuppelzelt, eigentlich ist das Design mit den 3 Gestängebögen ein Hybrid zwischen Geodät und Kuppelzelt. Das Gestänge bildet mit den Kreuzungspunkten sanft gerundete Dreicke aus und ich nenne das gerne auch 'Wedge-Design'. Diese dreickige Gestängeformation erinnert an den Querschnitt von Meißelspitzen oder konvexem Klingenanschliff, die Stangen gehen nicht geradlinig zu den Kreuzungspunkten hin, sondern haben hier jeweils einen sanften Radius. Der 3te Gestängebogen verleiht dem Antarktis ausserordentlich gute Stabilität bei hohen Windgeschindgkeiten und Schneelasten. Ähnliche Gestängeanordnungen besitzen z.B. unter anderem das North Face Tadpole 23 (3-Season Zelt, vielfach gelobt für dessen Windstabilität und gedrungene Bauform) bzw. im Segment der 4-Jahreszeitenzelte das Hilleberg Jannu 2 oder das Helsport Himalaya 2.





    Das Gestänge des Antarktis 2 ist selbstverständlich von DAC und könnte vom Durchmesser sicherlich etwas stärker bemessen sein. Es läuft in geschlossenen Kanälen oben am Außenzelt, daher lässt sich das Innenzelt zusammen mit dem Außenzelt aufbauen bzw. kann das Innenzelt nachträglich in das bereits aufgestellte Außenzelt eingehängt werden. So geht der Auf- und Abbau schnell vonstatten und das Innenzelt ist währenddessen auch bestens vor Regen, Schnee, etc. geschützt. Der Aufbau von AZ vor IZ bzw. das AZ zusammen gekoppelt mit IZ ist ein Feature was aktuell nur wenige Kuppelzelte bieten. Dies fehlt sogar manchem ausgewiesenen 4-Season Zelt - beispielsweise beim Mountain 25 oder VE 25 von The North Face oder dem Bergans Helium Dome. Die Gestängekanäle sind großzügig bemessen, was das einschieben der Stangen sehr erleichtert und sie sind darin vor Vereisung geschützt. Sowohl in den Kanälen als auch in den Stangenköchern am Zeltboden hätte problemlos ein 2ter Stangensatz Platz. Das Außenzelt wird durch die Kanalführung gleichmäßig gespannt, hier hängt beinahe nichts durch und es gibt auch keinerlei Stressspots wie man es von der punktuellen Fixierung üblicher Haken- oder Klippsysteme her kennt. Wo Licht ist gibts natürlich auch Schatten und die abstehenden Kanalkämme bieten dem Wind gute Angriffsfläche, zudem bleibt dahinter auch gern mal Schnee liegen - hier ist eine innenliegende Gestängeanordnung eindeutig windschlüpfriger.







    Wie es sich für ein ordentliches Winterzelt gehört ist ein umlaufender Schneelatz angebracht. Diese Lappen aus Zeltstoff haben zwar 200-300g Mehrgewicht, beschwert man sie z.B. mit Schnee, Steinen oder Ästen wird das Zelt zum Boden hin ausgezeichnet abgedichtet. Dies erhöht nicht nur (Wind-)Stabilität des Zeltes, es kann auch kein Schnee oder anderer Unrat von unten in das Zelt hinein geweht werden und es bleibt im Innenraum insgesamt wärmer.



    Rundum am Zelt sind zahlreiche Abspannpunkte angebracht die einen sturmsicheren Aufbau ermöglichen. Wie sich's gehört führen die Abspannleinen direkt zu den Gestängekanälen für entsprechende Krafteinleitung sowie zu den Lüftern, damit diese im Wind offen bleiben. Die Abspannleinen sind an sich eher durchschnittlich - die Knotbarkeit könnte besser sein, die schwarze Farbe bietet aber im Schnee guten Konstrast damit sie leichter erkennbar sind und sie reflektieren zumindest in der Dunkelheit etwas wenn sie direkt angeleuchtet werden. Die Spanner sind aus Alu und in ausreichender Größe, sie lassen sich auch noch halbwegs gut mit dünnen Handschuhen bedienen. Seitlich befindet sich je ein Abspannpunkt direkt am Stoff, was ganz typisch für Winterzelte ist. Soll verhindern dass bei Sturm das Außenzelt allzu sehr rein gedrückt wird. Hier ist allerdings etwas Feingefühl bei der Abspannung gefordert - wenn man mal etwas zu stramm abspannt wird das ganze Zelt aber durchaus nicht sofort runter gedrückt wie man es von Tunnelzelten her kennt welche im Gegensatz zum Antarktis oberhalb kein stützendes Gestänge haben.




    An den Schmalseiten ist vorne und hinten jeweils 1 Lüfter relativ weit oben am Zelt angebracht. Durch diese erhöhte Positionierung bleibt die Funktionalität erhalten sollte das Zelt mal eingeschneit werden. Bei Kälte tritt die Kondensationsproblematik vermehrt auf weshalb Lüfter eigentlich nie groß genug sein können und ein 3ter Lüfter so im Abstand von ca. 30-40cm vom Boden weg hätte sicherlich nicht geschadet um den Durchzug zu fördern. Beide Lüfter sind komplett verschließbar und mit Moskitonetz ausgestattet. Die Hutze hat eine eingearbeitete Verstärkung und eine Abspannleine verhindert dass sie im Wind zugedrückt wird und so in offner Position verbleibt.




    Der einzige Eingang mit der Apsis befindet sich stirnseitig vor dem quer laufenden 3ten Gestängebogen. Die Apsis sollte nicht nur bei Wind gut abgespannt werden und könnte insgesamt etwas größer ausfallen. Durch den Umstand dass hier das Außenzelt in einem eher flachen Winkel zum Zelt hinführt ist das Raumangebot entsprechend suboptimal nutzbar. Befindet sich ein mittelgroßer Rucksack darin hat man Mühe den Platz zum Kochen zu finden und im Winter ist üblicherweise mehr Gear mit dabei dass entsprechend untergebracht werden will. Der Reißverschluss am Aussenzelt ist abgedeckt, so dass keine Nässe durchdringen kann. Der Eingang ist asymetrisch angebracht und es wurde lediglich ein einfacher Reißer verbaut. Die Bedienung ist nervig und wenn er komplett geschlossen ist muß man erst über den kalten Boden nach vorne kriechen und oftmals den Zipper ertasten da er gerne unter Schnee, Gras, etc. verborgen ist. Kann mir gut vorstellen dass der Reißer am Hilleberg Jannu deutlich praxistauglicher ist. Beim Jannu ist er nämlich nahe am Gestänge und ich denke dass er direkt vom Innenzelt aus problemlos und ohne Verrenkung bedienbar ist. Bei einem Winterzelt macht ein 2ter Eingang zwecks Fluchtmöglichkeit durchaus Sinn wenn z.B. der Haupteingang zugeweht wurde. Angesichts der kompakten Größe des Antarktis 2 ist eine vernünftige Unterbringung allerdings schwierig ...





    Das Innenzelt hat eine trapezähnliche Grundfläche, es ist am Fußende eher schmal gehalten und hat im vorderen Bereich beim 3ten Gestängebogen seine größte Breite und wird zum Eingang hin wieder leicht schmäler. Das Zelt ist insgesamt eher gedrungen und aufrechtes Sitzen lediglich im vorderen Drittel des Innenzeltes möglich wobei die Höhe in der Apsis wiederum abnimmt und keine ausreichende Sitzhöhe mehr bietet. Würde schätzen dass die Kuppel an der höchsten Stelle des IZ knapp über 90cm hat. Der Zeltboden ist wannenförmig hochgezogen, die Nähte versiegelt. Das Innenzelt besteht aus imprägniertem aber dennoch atmungsaktivem RipStop Gewebe. Auf Netzflächen wird weitestgehend verzichtet wodurch bei Wind kaum Schnee eindringen kann. Durch das solide dichte Material ist es auch entsprechend wärmer - verglichen zu einem IZ welches großzügig mit Meshgewebe ausgerüstet ist. Moskitonetz ist unter dem Lüfter am Fußende vorhanden sowie an der IZ-Eingangsklappe. Diese ist zusätzlich mit solidem Stoff hinterlegt und kann wahlweise ganz geschlossen oder für bessere Belüftung offen belassen werden wobei das No-See-Um Moskitonetz lästige Blutsauger vom eigentlichen Schlafbereich fern hält. Oben sind einige Schlaufen angebracht, um z.B. daran eine Wäscheleine oder eine Campingleuchte zu befestigen und es gibt Schubfächer für die Ablage div. Kleinigkeiten. Die Verbindung AZ-IZ ist mit den Elastikbändern welche in Ösen eingeschlauft werden etwas unorthodox gelöst, dank Metallringe wird aber sicherlich nichts scheuern ...






    Der Hersteller hat die Materialen mit Gewebestärken von 68D/70D/75D eher konservativ sprich robust gewählt. Sie sind sicherlich nicht UL oder gar high-end, genügen aber für den angedachten Einsatzzweck wie ich finde. Das Außenzelt besteht z.B. aus UV-beständigem RipStop Polyester welches sich bei Nässe kaum ausdehnt und es ist PU-beschichtet, daher 100%ig wasserdicht. Das Innenzelt aus Nylon-Ripstop ist wasserabweisend ausgerüstet, hier perlt das Wasser ab und eine gewisse Atmungsaktivtät würde ich diesem Gewebe ausstellen da am Innenzelt nie ein Kondensationsproblem auftrat. Der Boden aus kräftigem Taffeta Gewebe ist wasserdicht PU beschichtet und die Nähte sind mit Nahtband abgeklebt, man kann das Zelt getrost auch ohne zusätzliche Zeltbodenunterlage verwenden. Die Heringe sind schlichte Alunägel (die unteren auf dem Bild, die rechts oben sind von MHW) und für einen Einsatz im Schnee ist entsprechende Aufrüstung mit Schneeankern od. Schneeheringen erforderlich. Eine Reparaturhülse für das Gestänge ist mit dabei, ansonsten sind keine Reparaturmaterialen im Lieferumfang. Die Verarbeitungsqualtiät ist ebenfalls auf einem vernünftigem Niveau und geht mit den Materialen konform. Ich konnte keine Mängel feststellen und finde sie dem Preis entsprechend sehr angemessen - an der abgelieferten Quali kann sich so manches Best-In-Class Zelt was abschauen und bei div. anderen Zelten von diesem Hersteller war durchaus nicht immer alles so perfekt wie hier ...



    Das Antarktis 2 wird zwar als expeditionstaugliches 2-Personenzelt für den Ganzjahreseinsatz verkauft, für 2 Leute wird es meiner Meinung nach vor allem im Wintereinsatz tatsächlich eng. Die Nutzung für 2 Insassen ist kurzzeitig für 1-2 Nächte möglich, wie z.B. für einen Gipfelsturm, etc. - diese 2 Leute sollten sich aber gut ausstehen können, es wird sehr kuschelig in dieser Minibehausung. Benutzt man es hingegen solo hat man entsprechend Platz, verglichen mit akutellen UL 1-Mann Zelten sogar vernünftig. Die Stellfläche ist entsprechend klein und man wird selbst im bergigen Gelände oder zwischen Felsblöcken und Bäumen leicht einen Stellplatz finden. Da es als Schlechtwetterzelt ausgelegt ist und noch aus etwas dickeren Geweben besteht hat es mit ca. 3.7kg entsprechend Gewicht für die kleine Größe. Ich würde es für Touren bei winterlichen Verhältnissen empfehlen wo es nicht auf jedes Gramm ankommt und wo man es z.B. auf einem Pulkaschlitten, etc. mitnimmt. Die Abstimmung auf Schlechtwetterverhälnisse schränken im Gegenzug die Nutzung bei höheren Temperaturen ein und hier wirken sich z.B. Snowflaps und das dichte Innenzelt mit fehlenden Meshflächen als Spaßbremsen aus und es wird rasch stickig und ungemütlich warm - hier genügt schon etwas frühlingshafte Sonneneinstrahlung damit sich das Innenzelt aufheizt. Konstruktionsbedingt ist der Aufbau des Innenzeltes alleine leider nicht möglich.



    Das Bergans Antarktis zeigt zwar keine wirklichen Schwachstellen, würde mir aber wünschen dass der Reißverschluß am Eingang näher am IZ und direkt vor dem Gestängebogen platziert ist. Dies ist auf einigen offiz. Bergans Marketingfotos auch so abgebildet, scheinbar hat der Hersteller aber bei meinem Modell genau an diesem Detail was angepasst und das Zelt damit glatt verschlimmbessert. Weiters würden dem Antarktika die etwas 40D Materialien wie sie Bergans bei der aktuellen Trollhetta Zeltserie verwendet gut tun. Diese sind nicht nur leichtgewichtiger und kleiner vom Packmaß sondern halten den im Winterbetrieb zu erwartenden Belastungen problemlos stand. Beide Verbesserungen würden es aufwerten und aus dem Antarktis 2 ein bombiges und vor allem sehr konkurrenzfähiges Winterzelt machen für das ich jederzeit eine Kaufempfehlung abgeben könnte!



    Ich habe dieses Zelt in Norwegen gekauft und es war damals mit umgerechnet ca. 390.- Euro angeschrieben. Da es sich zum Kaufzeitpunkt bereits um ein Auslaufmodell handelte bekam ich etwas Rabatt vom Händler. Der Preis mag jetzt etwas hoch erscheinen, verglichen mit einem HB Jannu oder einem Helsport Himalaya welche vom Konzept sehr ähnlich sind ist dies allerdings ein Schnäppchen. Für die beiden letzten Modelle ist ein 2.5 bis 3-fach höherer Preis fällig! Ich habe das Zelt kaum verwendet und nach meiner Rückkehr nach A direkt wieder verkauft um meinem eklatanten Platzproblem Herr zu werden. Da ich noch 2 weitere wintertaugliche Zelte habe und ich das Antarktis weniger oft benutzt hatte war die Entscheidung welches abgegeben wird schlußendlich eindeutig. Zumdindest habe ich noch einen fairen Preis bekommen und der finanzielle 'Verlust' hielt sich in Grenzen ;)

    Daten & Features (lt. Hersteller):
    Hersteller: Bergans of Norway
    Modellbezeichnung: 6021 Antarktis 2 Person Tent
    Personenanzahl: Max. 2
    Farbe: Grün
    Zeltdesign: Kuppel m. geodätischer Gestängeführung
    Apside: 1
    Eingang: 1
    Außenzelt: RipStop Polyester m. PU Beschichtung 5000mm Wassersäule
    Zeltboden: Oxford Nylon m. PU Beschichtung 5000mm Wassersäule
    Innenzelt: RipStop Nylon
    Gestänge: DAC Pressfit
    Abmessungen und Gewichte lt. Hersteller:
    Abmessung Innenzelt BxLxH: ca. 145x220x100cm
    Liegefläche: ca. 2.6m2
    Packgewicht: 3,70kg (3630g, von mir abgewogen inkl. sämtlichen Zubehörs)
    Packmaß: Ca. 22x48cm

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    Frischluftdeppert
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  • @bugikraxn
    das ist ein tolles , ausführliches Review, danke.
    Das Zelt macht einen super Eindruck und käme sicher in die engere Wahl, wenn ich sowas suchen würde.
    Wegen meines fortgeschrittenen Alters in Verbindung mit Ungelenkigkeit tendiere und mutiere ich allerdings zunehmend zum "Tipianer",
    deshalb ist mir 90cm Höhe nicht so das Wahre. Habe früher auch im Winter solche "Dackelgaragen" genutzt ( siehe Bild vorne das gelbe Teil )
    aber bin dann jetzt lieber mit dem hier los: ist 2,20m hoch!



    Gruß"Seemann"