Forged in Fire

  • Der Thread Titel kam mir gerade in den Sinn, da ich vor einigen Tagen diese Serie im TV entdeckt habe (Corona und Home Office sei Dank) und sagen muss, dass ich diese ziemlich am Suchten bin :whistling:
    Auch wenn ich die Tests mit den Messern am Ende teilweise ziemlich fragwürdig finde...naja, darum soll es hier ja eigentlich nicht gehen.


    Wie wahrscheinlich viele von euch, leide auch ich an der Messersucht. Man hat zwar eigentlich irgendwie alles, hält trotzdem immer Ausschau, vermisst dann doch die eierlegende Wollmilchsau im eigenen Sortiment oder etwas Spezielles. So einer bin zumindest ich :kuh: Drum dachte ich mir: komm, bauste selbst. Dann kriegste endlich wasde willst, kannst es selbst designen, formen, einen Griff nach deinem Geschmack dran machen...........selten lag ich sowas von weit daneben :saint: Aber eins nach dem anderen.


    Nachdem ich meinen Eltern also im Laufe von 2018 irgendwie verklickert hatte was ich mir in diesem Jahr zu Weihnachten wünschen würde....Junge Junge, ihr glaubt nicht, wieviele Anläufe ich gebraucht habe, wieviele schräge Blicke (auch im Nachhinein noch vom Rest der Familie) und schüttelnde Köpfe ich erlebt habe :D .... war es dann am 24.12. soweit das Geschenk auszupacken. Mein Dad der alte Bastler hat ein Fass, nen Amboss samt Hammer und Hufeisen zusammengebastelt was als Siegel an dem zusammengerollten Gutschein für einen Messerschmiedekurs angebracht war.


    Im April letzten Jahres sollte dann der Termin für meinen zweitägigen Kurs sein. Somit hatte ich dann noch genügend Zeit, mir Gedanken zu machen und mir einen Entwurf für mein Objekt der Begierde zu überlegen. Ein schlichtes, robustes und nicht allzu großes Allzweckmesser sollte es werden. Die quasi vermisste eierlegende ihr wisst schon. Bei dem Modell gehts nur um die Klinge :)


    An meinem ersten Tag kam ich also morgens in der Schmiede an. Wirklich interessant. Der Herr bei dem ich war arbeitet nach meinem Verständnis aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr, hat bis vor kurzem aber noch ausgebildet.
    Insgesamt war der Raum so ca. 15x15m und beinhaltete neben der Esse mit 5 Heizmöglichkeiten noch 2 große Drucklufthämmer, einen Ofen, Abschreckfässer, 6 Ambosse und an den Wänden noch jede Menge Werkzeuge.
    Am ersten Tag ging es darum, ein Gefühl für das Feuer, die Glut, den Stahl und den Hammer zu bekommen. Na gut, ich steh auf Grillen, Feuer und Glut kannste. Ich schraub daheim an Autos, Moppeds, im Haus, Hammer kannste auch. Stahl wird auch schon irgendwie...naja, wie Eingangs gesagt sollte ich mich noch nie zuvor so getäuscht haben :D
    Direkt zu Beginn zog der Meister meiner Idee den Zahn. Nix Vollerl. Ooookay, dann schwenken wir um. Machen wir das Ganze eine Nummer kleiner und kreieren ein steckerl, allround, all for one, handliches Allzweckmesser. Da kann ich mich mit anfreunden. Wollte ich eigentlich auch schon immer :D Am liebsten so im used, alt-Look, mit etwas unsauberer Klinge. Das ist auch wirklich gut geworden. Später auf den Bildern seht ihr was ich meine. Nun gut. Dann ging es los mit Demonstrationen, Einweisungen, Erklärungen, Frage und Antwortspielen. Es wurde philosophiert, über Klingengeometrien gefachsimpelt, Lebensgeschichten ausgetauscht und es herrschte wirklich eine super Stimmung! Nach den ersten +-3 Stunden wurde dann begonnen. Wir konnten eingangs wählen ob wir ein Messer oder einen Kerzenständer anfertigen wollten am Sonntag. 10 von 10 fürs Messer und so wurde 10x das identische Übungsmaterial beschafft. Jeder erhielt ein ausreichend langes Stück Rundmaterial. Dank den Einweisungen zuvor haben sich auch alle sichtlich sicher gefühlt und munter losgelegt.
    Ich suchte mir also einen ansprechend schweren Hammer aus und legte ihn an meinem Amboss bereit. Das Stück Rundstahl landete fachgerecht in der Esse.
    Das Glühen des Werkstücks habe ich sowohl beim Übungsstück, als auch dann beim eigentlichen Messer ganz ordentlich hinbekommen. Sonntags wurde dann leider alles etwas hektisch und ich musste schnell feststellen, dass meine vorangegangenen Erfolge beim Temperieren keineswegs eine Garantie dafür waren, dass dies das gesamte Wochenende auch so bleiben sollte.
    Aber kommen wir zurück zu meinem Übungsstück. Bis das nur überhaupt annhähernd die Form eines Messers hatte hat mich ca. 3h Arbeit, unzählige Flüche, Schweiß und Nerven gekostet. Puh, das kann morgen ja heiter werden. Mein anfangs ansprechend schwerer Hammer fühlte sich nach der ersten Stunde plötzlich wie ein 10 Kilo schwerer Bello an und ich bin auf eine Nummer kleine umgestiegen. Dementsprechend braucht man halt mehr Schläge oder mehr Kraft um gleich viel Material zu formen. Aber man kann wenigstens wieder zielen, wohin man haut :D
    Das Ergebnis des Übungsstücks....ernüchternd: Na wenn das morgen mein Messer wird. Ich habe mir vorgenommen, mich mehr auf meine jeweilige Tätigkeit zu konzentrieren. Am ersten Tag war eben alles neu und ungewohnt. So viele Impressionen, dass ich eigntlich nonstop um mich schaute und nie 100%ig bei der Sache war. Das wollte ich auf jeden Fall für Morgen ändern. Du und dein Messer, völlig egal, was die anderen alle machen. Du konzentrierst dich und machst dein Ding.
    Voller Tatendrang und mit gutem Vorsatz gewappnet ging es Sonntags dann auch ans Werk. Heute wartete der Meister aber noch mit einer kleiner Herausforderung auf uns. Es gab ein Stück Federstahl aus einer Spiralfeder, welches wir uns erstmal gerade arbeiten mussten, bevor mit dem eigentlichen Formen der Messers beginnen konnten. Das hat schonmal kanpp ne halbe Stunde vom Tag gekostet. So ging es also von Neuem los. Werkstück erhitzen, ab zum Ambos und ab dafür, den Hammer schwingen was das Zeug hält. Irgendwann, unzählige Male Erhitzen und Hämmern später hatte ich dann so etwas wie eine Klinge inklusive Erl. Leider war während dem Ganzen hin und her zwischen Esse und Ambos null Zeit für Bilder. Ich hatte so schon meine Müh und Not. Je dünner der Stahl wurde, umso mehr verhielt er sich wie Knete. Da wurde dann mal aus Versehen bei einem Schlag der Rücken zu sehr ausgedünnt, also muss man die Klinge hochkant stellen um das Materiel wieder zusammen zu kriegen und zu verdichten. Dadurch ist aber quasi die gesamte Schneidenseite der Klinge wieder platt und verformt. So ist das ein ewiges hin und her gewesen und mit jedem Mal die ganze Klinge natürlich etwas dünner. Irgendwann war ich dann an dem Punkt wo ich sagen konnte die Form gefällt mir zu 80% aber alle weiteren Versuche würden die ganze Klinge zu sehr ausdünnen um etwas halbwegs stabiles am Ende zu erhalten. So entschloss ich mich für 2-3 Sonderschläge und brauchte das Schmieden zu einem Ende. Danach wurde der Erl mit der Flex noch etwas bearbeitet und dann ging das ganze Ding in den Ofen zum Erhitzen. Ich glaube es waren 30 Minuten, is ja schon ein Weilchen her, und danach in Öl oder Wasser, das weiß ich ehrlich gesagt auch nicht mehr :whistling:
    Im Anschluss wurde das gute Stück dann am Bandschleifer angeschliffen, was der Meister selbst übernommen hat, zu meinem Bedauern. Den Feinschliff auf diversen Schleifsteinen konnten wir dann selbst machen. Somit entstand dann am Ende meine erhoffte zweite Wahl Variante, inklusive meiner erhofften "Macken" in der Klinge. Zuhause hatte ich noch 2 schöne Stücke Ebenholz liegen, aus welchen ich dann einen Griff angefertigt habe. Loch mittels diversen Bohrern händisch auf den Konus vom Erl gebohrt und mit UHU 300 Endfest Epoxi verklebt.
    Den Griff habe ich dann noch mit Flex, Feilen und Papier in eine bisher ganz angenehme Form gebracht. Er ist mir aber noch etwas zu lang und vorne an der Klinge zu dick. Ich hab irgendwie Angst, dass das Holz bicht, wenn die Belastung zu hoch wird und ich es zu dünn schleife...
    Zu guterletzt gabs dann die gusseiserne Pfanne, 2kg Speck und 80 Eier in einem Kilo Butter in der Esse zubereitet als Abendessen
    Final kann ich sagen, dass es ein richtig gutes Geschenk war ;) Ich hab ein brauchbares Messer und eine (Grenz)Erfahrung mehr auf dem Buckel mit nach Hause genommen. Jetzt fehlt mir nur noch eine passende Scheide...da kann ich ja evtl. mit dem Ein oder Anderen hier aus dem Forum ins Geschäft kommen :thumbup:


    So long,
    Patrick