4 Tage autark durch die Voralpen

  • Vor etwa 8 Jahren bin ich auf einen Mehrtagestour aufgebrochen die ich wegen einer vergessenen Regenjacke und der sehr schlechten Wettervorschau für das Gebiet nicht ganz zu Ende gemacht habe, ein kleiner Bericht findet sich hier: Talwanderung. Die Sache wollte ich nun durchziehen, Wetterprognose war beim 'Revival' witzigerweise ähnlich, das Gear up-to-date und leichter als damals, mein Fitnesslevel leider deutlich schlechter verglichen mit früher ... Die Tour startete mit ein paar Hindernissen, wollte zeitig aufbrechen, musste aber noch ein Paket zur Post bringen - nur öffnete die Filiale coronabedingt eine Stunde später als üblich. Zudem fand ich eine Kreditkarte im Fahrkartenautomaten, das Fundamt am Bahnhof ebenfalls geschlossen. Zum Glück nahm die Karte dann ein Polizeibeamter auf der Wache entgegen, obwohl die keine Fundgegenstände annehmen dürften. Kurzum, ich hab gleich 2 Züge zum Zielbahnhof verpasst! Als ich endlich am Starpunkt angkam war es bereits gut warm, mit über 16kg gings dann zum 1ten Zwischenziel einem schönen Wasserfall.



    Weiter ging's über Forstwege zunächst entlang des Gebirgsbaches auf eine liebliche Bergwiese welche zum rasten einläd. Beim ersten Versuch viel mir an der Stelle erstmal auf dass die Regenjacke nicht obenauf gepackt war? Nach der Rast kam der erste Single Trail, eigentlich eine MTB-Strecke und im nächsten Tal wanderte ich auswärts Ri See auf einem Forstweg welcher gerade ausgebessert wurde.





    Das Camp wollte ich nicht in Seenähe sondern mit etwas Abstand an einem Gebirgsbach errichten. Als ich zum Bach abbog musste ich mit Verwunderung feststellen dass dieser trocken gefallen war, obwohl ich weiter oben Wasser darin sah als ich über die Brücke stapfte - also stromaufwärts das Wasser gesucht. Fündig wurde ich erst nach über 1km über Geröll und Schotter, denke dass mich die Hitze mehr geschafft hat als das schwierige Terrain. Das Zelt wurde auch gleich an Ort und Stelle aufgebaut, obwohl der Spot suboptimal schien weil in der Nähe eines Hauses und einsehbar von der Forststrasse - darum stand das Zelt etwas tiefer, leider direkt neben dem Bach was man normalerweise vermeiden sollte.





    Der 2te Tag begann mit prächtigem Wetter, ich wollte eigentlich nicht aufbrechen von dem Spot und kam nur langsam in die Gänge und als ich endlich beim See eintraf war der Himmel bereits bedeckt.



    Im Anschluss musste ich mich ca. 400Hm auf steilem Pfad auf einem Sattel rauf quälen - ich schwitzte noch mehr als tags zuvor obwohl es bereits deutlich kühler war und blieb oft stehen um zu verschnaufen. Mir kamen einige Leute entgegen, vielfach mit Sonnenbrille und Handy als einzige Ausrüstung, also echte UL-Wanderer! Der Scheitelpunkt liegt unspektakulär mitten im Wald und auf der anderen Seite ging es auf Forstwegen bergab wobei ich bereits 2x die Regenjacke anziehen musste. Den Almsee erreichte ich wie geplant und weiter ging's auf der rechten Seeseite talauswärts. Das Panorama ist trotz bedekten Himmels echt toll.




    Ich bog dann rechts ins nächste Tal ein auf der Suche nach dem Biwakplatz vom letzten Mal, konnte aber die Stelle leider nirgens wirklich erkennen. An einer Stelle die halbwegs passend schien setzte ich ohne Schuhe über den Bach, kochte mein Essen und hab dann das Zelt sehr spät auf einer Schotterbank aufgebaut die direkt von der Zufahrtstrasse eingesehen werden konnten - also wiederum ein etwas provokanter/ gewagter Spot. Als Ausgleich für den Nevervenkitzel wenn ein Auto vorbeifuhr gabs den aufziehenden Mond hinter der Prielgruppe zu bestaunen ;)




    Hatte eine eher unruhige 2te Nacht da mich der auf das Zelt prasselnde Regen mehrmals weckte. Morgens hab ich mich dann auf aufgewärmten Tee vom Vortag mit Nussriegel beschränkt, das Zelt musste ich im Regen verpacken. Weiter ging's ins Tal hinein und auf den nächsten Sattel hinauf. Der Aufstieg war deutlich leichter zu bewältigen als der zuvor und ein Tisch mitten im Hang bescherte Ausblick auf 2 hübsche Seen und die in Wolken gehüllte Gipfel.





    Dannach ging's wieder easy zahlreiche Kilometer zum schwierigsten Part der Tour, nämlich der Durchquerung einer Schlucht. Schwierig deshalb weil der Steig sehr schmal und vom Regen noch feucht und es generell Absturzgelände ist. Für Solotrekker bei Nässe mit schwerem Rucksack definitiv nicht einfach zu gehen. Würde sowas auch nicht wirklich jemandem empfehlen zumal der Trail nicht allzu häufig frequentiert wird und man keinesfalls auf rasche Hilfe hoffen kann - Handynetz hat's dort sowieso keins! War auch nicht unbedingt die beste Idee den anspruchvollsten Etappenteil am Ende des Tages anzugehen wenn man sowieso schon müde ist. Ich hab ziemlich geflucht, man muss tatsächlich konzentriert bleiben. Es geht beständig hoch den Hang hinauf um Hindernisse wie Felsen zu umgehen und dann wieder runter beinahe auf das Niveau vom Bach. Einige Stellen sind lapidar mit alten Drahtseilen gesichert, Brücken bereits verrottet - die 2 eingebauten Leitern sind aber ok. Auf Grund der vielen umgestürtzten Bäume sieht es in der Schlucht wildromantisch aus, der schöne Hochwald welcher ausserhalb noch vor ein paar Jahren stand ist großteils verschwunden und es sieht dort doch etwas verwüstet aus ...





    Bin dennoch halbwesg gut durch gekommen, am Ende meldeten sich halt meine Knie welche langsam auf 'Überlastung' schalteten. An meinem bekannten Platz wurden sofort ein paar Veränderungen bemerkt: Neben der alten existiert nun eine 2te Feuerstelle und jemand hat einen 120iger Nagel im Boden stecken lassen - ist die typische Variante die Wildnis-, Wald- oder Erlebnisspädagogen zur Abspannung von Tarp oder Zelt nutzen. Solange ich den Platz nicht mit jemanden teilen muss ist es mir ziemlich egal wenn der Spot genutzt wird wenn ich nicht gerade dort bin ;) Hab mein nass verpacktes Zelt sofort aufgestellt damit dieses ablüften und halbwegs trocknen konnte. In der Nacht wurde ich 2x geweckt weil es wieder auf das Zelt regnete, was offensichtlich beide Male nur von kurzer Dauer war. Trotdem hat's abermals gereicht dass das Zelt morgens wieder tropfnass war.





    Am letzten Tag bemühte ich mich die Sachen halbwegs getrocknet zu bekommen, bin dann aber um 9:00 los gestartet und aus diesem Tal raus. Die Stimmung war wunderbar, die Forstwege welche von einem heftigen Hochwasser schwer beschädigt war ist nun wieder instand gesetzt worden. Das Schild am Trailhead sollte man beherzigen, zumindest was den Abschnitt durch die Schlucht betrifft ;)




    Das letzte Tageszeil war den Zug zu erwischen und dabei auf verschlungenem Steig den kommenden Stausee entlang zu wandern. Folgte der eingetragenen Route meiner Navi-App und die lotste mich in einen Abschnitt den es offiziell seit mehreren Jahren gar nicht mehr gibt. Ich landete nach einem kurzen Steilhang direkt im Hintergarten eines Wohnhauses und der Besitzer war genau so verdutzt wie ich. Er hat sich gewundert und gemeint dass der Wanderweg eigentlich schon verlegt worden sei und meinte ich solle einfach die neue Fußgänger- und Radfahrbrücke nehmen um auf den eigentlich richtigen Trail zu kommen. Der Tip war zwar super, hab mich dannach aber nochmals verlaufen und es erst bemerkt als ich an der Autobahn stand. Der Pfad am Ufer entlang ermöglicht Blicke auf den Stausee welche man sonst nicht hat, insgesamt also eine empfehlenswerte Variante. Hatte meine Mühe mit der Hitze und den Zecken. Nach jeden paar hundert Metern hab ich mich selbst abgesucht und wohl noch nie so viele kleine Biester in die Landschaft geschossen!




    Den Zug erreichte ich wie geplant und mich sahen einige Leute etwas seltsam an - merkte auch selber dass ich eine Dusche und meine Kleidung eine Wäsche vertragen könnte, von daher war es eh an der Zeit nach Hause zu kommen ;) Aktuell sind solche Touren dass was ich konditionell hin bekomme, man wird leider nicht jünger. Die Tour wurde komplett autark durchgezogen, bin in keine bewirtschaftete Hütte oder Gaststätte rein und konnte auch nirgends wo Essensachen ergänzen. Unterwegs wurde ich von ein paar Leuten gefragt ob ich den Mariazellerweg gehe - wär ja sicherlich ein Überlegung wert das mal im autarken Stil anzughen ;) Daheim wog der Rucki nach wie vor ca. 14,9kg trotz leerer Wasserfalsche. Hab mir einige Gedanken gemacht, diesmal waren viele Sachen mit dabei welche ich eigentlich gar nicht benutzt habe - muss da beim nächsten packen wohl etwas genauer drauf achten und mich von 60L Packvolumen nicht dazu verleiten lassen noch ein paar Dinge oben drauf zu tun weil's eh noch locker rein passen ...

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    Frischluftdeppert
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  • Super Bericht @bugikraxn, du hast mich in der Frühstückspause Gut unterhalten. :thumbup:


    Finde es immer spannend, an bekannten Plätze vorbei zu kommen und sich die Veränderung anzuschauen.


    Dein Zelt ist ja eine eher „spezielle“ Konstruktion. Wäre nicht mein Geschmack. Aber du hast ja genügend Auswahl und die wollen alle mal ausgeführt werden. ;)


    Grüße nach Österreich.

  • Ah, ein VauDe Taurus, oder? :)
    Da habe ich doch gleich mal eine Frage zu @bugikraxn. ^^


    Ich suche gerade nach einer Alternative zu meinem Robens. Da laufen einem natürlich auch die Zelte von VauDe übern Weg.
    Wie schätze du die Liegelänge ein? Reicht das für 186cm große Menschen auf einer TAR Xlite/Xtherm und dickem Daunenschlafsack?


    Momentan schwanke ich zwischen dem Taurus UL und dem Marmot Alvar. Ich würde nämlich gerne weiterhin ein Außengestänge haben.
    Hier würde ich beim VauDe abstrichen machen. Fürs Mark fehlt mir leider das nötige Kleingeld.


    Danke für den tollen Bericht. Das Video zur Tour schaue ich mir später an.


    LG

    “Computer games don't affect kids; I mean if Pac-Man affected us kids, we'd all be running around in darkened rooms, munching magic pills and listening to repetitive electronic music.”

  • Finde es immer spannend, an bekannten Plätze vorbei zu kommen und sich die Veränderung anzuschauen.

    Genau so ist es @Marvin14! Die Stelle vom letzten Zeltplatz wächst schön langsam zu und obwohl ich so im Jahresrhythmus dort mal aufschlage fallen die kleinen Veränderungen dennoch sofort auf. An der Stelle wo mein VauDe Taurus stand waren ungewöhnlich viele Tierspuren - weiß nicht ob Reh, Hund oder Fuchs - das war im Schotter nicht auszumachen. Und ja, das Zelt hat eine eher unübliche Konstruktion, ist aber ganz was gängiges wenn man z.B. über den großen Teich zu Herstellern wie Big Agnes, Marmot, Eureka!, Moutain Hardwear od. ähnlichen schaut, die haben/ hatten sowas ähnliches im Programm ...


    Wie schätze du die Liegelänge ein?

    Richtig beobachtet @Tipple, ich hatte ein VauDe Taurus UL 2P mit dabei. Es liegt noch zerlegt zum trocknen aus und ich werde da mal eine Iso reinklatschen und ein paar Fotos machen als Anhaltspunkt. Auf alle Fälle hab ich im Gegensatz zu meinem Salewa Litetrek Pro II keine Probleme mit der Länge, da ist das Taurus deutlich länger ...

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    Frischluftdeppert
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  • Das mit der Liegelänge im Vergleich zum Litetrek II ist schon mal nett zu hören @bugikraxn. :thumbup:


    Du weißt um das Ding schwänzel ich ebenfalls schon lange drum rum, auch diesmal wieder auf der Suche nach Alternativen zum Buck Creek 2.
    Mein Finger zuckt allerdings gerade beim Marmot Alvar, weil eben Außengestänge zum clippen. :love:


    Du kannst die Liegelänge von Taurus aber trotzdem gerne für mich testen und ich checke das Alvar auf Folie im Garten.
    Wenn das nicht passt kaufe ich mir wahrscheinlich echt nen Taurus. 8)


    Die Form des Zeltes muss man nicht mögen, aber VauDe ist kein Mist und sie engagieren sich viel im Bereich PFC frei und ökologischen Fußabdruck @Marvin14.
    Das hält auch einiges an Wind aus.


    Freu mich auf deinen "Check", vielen Dank im Voraus, Franz! :*


    LG

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