Fichtenharz sammeln und raffinieren

  • Hallo zusammen,


    in einem anderen Faden wurde die Herstellung von Birkenteer / Birkenpech vorgestellt.
    (Pech aus Birkenrinde)
    Es gibt aber auch die Möglichkeit Pech aus Baumharz herzustellen. Hier möchte ich gerne meine Erfahrungen bei der Sammlung und Verarbeitung von Fichtenharz mit euch teilen.


    Teil 1: Harz sammeln


    Fichten sind bei uns hierzulande weit verbreitet und wir können Harz sammeln ohne den Baum zu schaden.
    Wird ein Baum an der Rinde verletzt, dient das Harz zum Wundverschluss. Unter Umständen werden größere Mengen produziert, die am Baumstamm herunterrinnen.



    Ältere Wundstellen sind teilweise vermoost und trocken:

    Ich nehme gerne einen langen Holzstock und auch einen kurzen handlichen Stock und bilde an einem Stockende einen Keil.
    Wenn ich einen Baum finde wie im oberen Bild, lege ich als erstes eine Folie unten am Baumstamm hin.
    Mit dem Holzstock und Keil hebel ich den trockenen Harz vom Baumstamm weg und lasse dieses auf die Folie fallen und ansammeln.



    Dabei ist es wichtig, dass man den Baum nicht erneut verletzt. Am Besten nimmt man nur das trockene Harz von der Oberfläche und sammelt nicht komplett alles von einem Baum weg.
    Somit kann man den Wald und die Ressourcen schonen.
    Es macht auch nichts aus, wenn Borke oder sonstige Verunreinigungen mit gesammelt werden. Später wird das gesammelte Material raffiniert.


    Was man damit macht, folgt mit der nächsten Post. Das Foto oben und die Zeitung sind etwas älter, wie man so sieht 8o

  • Teil 2: Harz raffinieren


    Es gibt mehrere Methoden das gesammelte Harz zu raffinieren. Hier habe ich eine Methode, die Spaß macht.
    Dabei bekommt man Harz mit einem höheren Terpentingehalt zusammen. Dies lässt sich bei niedrigen Temperaturen leichter verarbeiten als das glasige Kolophonium, das man mit anderen Raffiniermethoden bekommt.
    Hierzu braucht man folgendes:
    Eine alte Socke entweder aus Wolle oder Baumwolle, eine Jutesack oder Ähnliches
    Einen alten Kochtopf, zum Beispiel aus dem Sperrmüll etc. Der Topf wird dabei ziemlich versaut...also denkt dran.
    Ein Feuer
    Einen Schöpflöffel, der hinterher ebenfalls versaut wird. Der Löffel kann man z.B. aus einer kleinen leeren Dose und einem Holzstab improvisieren.
    Eine Schüssel oder Eimer mit kaltem Wasser
    Gesammeltes Baumharz
    Einen Stein (ungefähr so groß wie ein Ei)
    Etwas Schnur zum zusammenbinden

    Im oberen Bild wird nebenbei Holzkohle hergestellt, gehört nicht zur Harzgewinnung.
    Also jetzt kommt Stein und Harz in die Socke. Gut voll machen. Nebenbei Wasser im Topf zum Kochen bringen.

    Anschließend wird die gefüllte Socke ins kochende Wasser gelegt. Der Stein sorgt dafür, dass die Socke oder Beutel nicht hochschwimmt.

    Erst wenn das Wasser stark kocht, verflüssigt sich das Harz und schwimmt zur Oberfläche.
    Ist das Wasser nicht heiß genug, sammelt sich das flüssige Harz unten am Topfboden und schwimmt nicht hoch.


    Das flüssige Harz wird von der Oberfläche mit dem Löffel abgeschöpft und in das kalte Wasser geleert.

    Dabei erstarrt das Harz wieder und man kann es aus dem Wasser nehmen und mit den Händen formen

    In diesem Zustand kann man das Harz immer wieder zwischen den Händen rollen, auseinander ziehen und wieder zusammendrücken.
    So bekommt man Wasser und eventuelle Verunreinigungen aus dem Harz herausgearbeitet und es wird geschmeidiger und heller.


    An dieser Stelle möchte ich gerne noch betonen. Flüssiges Harz ist sehr heiß und klebt ungemein. Es ist vorsicht geboten, damit man sich nicht schwer verbrüht oder verbrennt.
    Die Prozedur ist eine ziemliche Sauerei und hinterher hat man großen Spaß bei der Reinigung von Händen, Topf etc.
    Trotzdem im Vergleich zur Herstellung von Birkenpech, ist die Prozedur einfacher und man bekommt auch größere Mengen mit weiniger Arbeit zusammen.
    Übrigens wenn man fertig ist muss man die Socke oder das Jutestoff nicht wegwerfen. Man kann dieses, solange es noch warm ist, um einen Stock wickeln.
    Dann hat man eine schöne Lichtfackel z. B.


    Was man mit dem Harz noch machen kann, folgt noch...

  • Teil 3: Baumharz verwenden
    Nach der Sammlung und Raffinerierung kommt jetzt die Frage, "ja, was mach ich jetzt damit?"
    Nach der Raffinerierung mit kochenden Wasser bleibt das Harz sehr klebrig und wird mit leichter Erwärmung schnell weich.
    Deshalb ist Vorsicht geboten beim Lagern. Also nicht einfach in die Hosentasche stecken
    Man kann z.B. Harzkugeln in Überraschungsei-Dottern oder ähnliches aufbewahren.


    Harz kann man als Klebstoff verwenden.
    Die geklebten Werkstücke dürfen allerdings anschließend nicht zu heiß werden und besonders stark ist die Verbindung hinterher auch nicht.
    Für die Verarbeitung ist es hilfreich wenn man Harzwürmchen rollt und diese auf Holzspieße wickelt.


    Ich habe mir kleine Zünderbällchen aus verschiedenen Materialien, wie z.B. Waldrebensamen, Rohrkolbensamen und Baumwolle gebastelt.
    Dabei habe ich den Spieß am Ende angezündet und flüssiges Harz abtropfen lassen.


    Die Zunderbällchen gehen zum Teil echt ab:


  • Sehr schön beschrieben, Mike.
    Ich habe das mal auf Elba mit Pinienharz im Wohnwagen gemacht.
    Der Wohnwagen roch wie ein Krankenhaus bei dem ganzen Kampfer
    und Terpentin in dem Harz.
    Den Edelstahltopf und das Handtuch konnte ich danach wegwerfen.
    War nicht mehr zu säubern.


    Gruss
    Konrad

    Wer nicht will, findet Gründe, wer will, findet Wege!

    Member of the "Arctic Circle Society"!

  • Danke @MacGyver fürs Zeigen.


    @Konradsky witzigerweise hab ich vorhin dieses Video gesehen und musste bei deinem Wohnwagen an die Bilder denken.


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  • Reines Harz als Klebstoff um z.B. eine Pfeilspitze auf einem Schaft zu befestigen, oder als Dichtungsmasse ist nicht besonders geeignet. Das Harz schmilzt bei niedrigen Temperaturen und wird schnell weich.
    Wenn man Harz durch das Auskochen im Wasser aufbereitet, hat man eine Masse die überwiegend aus Terpentin und Kolophonium besteht.
    Diese Masse ist sehr weich und klebrig. Wenn man daraus einen Kugel bildet und anschließend diesen Kugel auf den Tisch legt und beim Raumtemperatur lässt, fließt er innerhalb 2-3 Stunden zu einer dünnen Scheibe.


    Das Harz kann man z.B. in einer Dose auf dem Feuer aufkochen bis der Terpentin verflüchtigt ist. Hinterher hat man Kolophonium, das wiederum zu vielen Zwecken genutzt wird.
    Bei Wikipedia wird dies ausführlich erklärt:
    Kolophonium
    Kolophonium ist Bernstein ähnlich, ist sehr hart, aber auch sehr brüchig. Bei Verwendung als Klebstoff wurde die Verbindungsstelle bei schnellen wechselnden Bewegungung einfach abscheren und brechen.


    Der Baumharz können wir auch zu einem Verbundstoff veredeln.
    Wenn man das Baumharz beim Erhitzen feine Kohlenpulver und Wachs beimischt, bekommt man ein tolles Klebstoff-Mastix nämlich Pech.
    Ebenso wie Birkenpech kann man damit Gefäße abdichten und auch Sachen miteinander verkleben.


    Ich denke das Thema "Pech aus Baumharz herstellen" hat einen eigenen Faden verdient. Kommt noch.....

  • @MacGyver
    Danke für die anschauliche Vorstellung! Da bekommt man fast Lust die Sauerrei selbst auszuprobieren ^^


    Ein Tipp: Um die Hände im Anschluss wieder sauber zu bekommen hilft Butter/ Margarine.
    Also zumindest bei mir wenn ich nach dem Holzmachen harzige Hände habe.

  • Ein Tipp: Um die Hände im Anschluss wieder sauber zu bekommen hilft Butter/ Margarine.
    Also zumindest bei mir wenn ich nach dem Holzmachen harzige Hände habe.

    Weise Automechaniker vergangener Zeiten haben vor Arbeitsbeginn die Hände gründlich mit einer fetten Hautcreme (Nivea o.ä.) behandelt.
    Da kann dann Öl, Harz etc. gar nicht erst so tief in die Haut eindringen. Ein ordentlicher Spritzer WD40 hilft hartnäckig eingezogene Flecken zu lösen.
    Rangers Gruß rundrum !

  • Ach , ja ! Fällt mir doch noch ein Nachtrag ein ...
    Die klassische "Swarfega" Handreinigungspaste reinigt super !
    Ein weiterer guter Behelf sind die einschlägigen Haushaltsreiniger auf Orangenöl-Basis plus ein wenig Scheuerpulver oder Sand !
    Grüßung !

  • Hallo zusammen,


    möchte auch mal meine Art, mit Harz umzugehen, vorstellen.


    Wir, d. h. meine Traumfrau und ich, erhitzen das Harz in einem Topf o.ä., danach wird es durch ein engmaschiges Sieb auf ein mit Backpapier ausgelegtes Backblech gegossen, um Verunreinigungen durch Nadeln oder Rinde zu entfernen.
    So stellen wir sogenanntes "Burgunderharz" her. Es ist von der Farbe sehr hell und härtet bei nicht allzu hohen Temperaturen gut aus. Das wird dann in Stücke gebrochen und z.B. zum schamanischen Räuchern verwendet.
    Meine Traumfrau stellt daraus aber auch Pechsalbe her, die sehr vielseitig verwendbar ist.
    Mit den Resten, die beim Reinigen im Sieb hängen bleiben, räuchere ich ab und zu auch mal die Bude aus. Hab beim ersten Mal vergessen, die Rauchmelder abzuhängen, das war ein heidenspaß! :whistling:

    „Ich finde, es sind die kleinen Dinge, alltägliche Taten von gewöhnlichen Leuten, die die Dunkelheit auf Abstand halten"
    (Mithrandir a.k.a Gandalf, "Der Hobbit")