Aus aktuellem Anlass möchte ich gerne Wissen teilen, vielleicht kann es ja der eine oder andere brauchen.
DIY, daher auch hin in diesem Faden. Hatte zuerst überlegt es in den Faden "Primitive Techniken" zu stellen, Fand aber modern DIY dann schöner.
Seemann und ich haben uns gemeinsam um die Wiederherstellung von verloren geglaubte Daten eines noch vorhandenen USB-Sticks gekümmert.
Das Fehlerbild sah wie folgt aus:
Beim Einstecken des USB-Sticks in den PC wurde dieser zwar erkannt, jedoch verlangte das System eine Formatierung des Dateisystems des Sticks.
Wichtig: NICHT NIEMALS NIE diesen Stick formatieren. Lieber isoliert in eine Alufolie packen und so lange nicht anrühren bis man sich in Ruhe an die Rekonstruktion geben kann.
Für die Datenrettung gibt es nun verschiedene Varianten.
a) Professionell mit Hilfe eines darauf spezialisierten Unternehmens (Pros: professionell, meist erfolgreicher als andere, bei physikalischen Schäden meist die einzige Möglichkeit, Cons: Teurer, dauert länger)
b) mit Hilfe kostenpflichtiger Programme:
es gibt diverse Kostenpflichtige Programme am Markt. Allen ist gemeinsam, dass sie zunächst den zu rekonstruierenden Datenträger einlesen und eine Vorschau der rettbaren Daten zeigen. Die einen nennen es Kaufentscheidungshilfe, die anderen nennen es Anfüttern. Klar, wenn man die verloren geglaubten Daten in Sichtweite hat, ist die Versuchung große, den aufgerufenen Preis schnell und einfach per Kreditkarte zu zahlen. Kann man machen, muuusmanabanich. (Pros: Programme zeigen vor Kauf, was man wahrscheinlich (!) erhält, Datenwiederherstellung ist hübsch bebildert und Windoofassisten geführt, ist also einfach zu bedienen, unterstützt USB, SD, Smartphone, tw. auch normale Festplatten und SSD (je nach Programm). Cons: Kostet. Lizenzmodelle eher unübersichtlich.)
c) DIY mit Hilfe von freien Programmen:
das genutzte Programm nennt sich Testdisk-7.2-WP und ist für alle drei großen Betriebssystem Windows, Linux und MacOS erhältlich.
hier wird es beschrieben und kann auch heruntergeladen werden: https://www.cgsecurity.org/wiki/TestDisk
Pros:
kostenlos erhältlich, läuft unter allen gängigen Betriebssystemen, kommt mit fast jedem Dateisystem und vielen Fehlerbildern klar und kann den Datenträger auch wieder herstellen. WICHITG: kann ein 1:1 Abbild des defekten Datenträgers auf Festplatte kopieren (für die AnalogenFreaks: funktioniert wie eine Kopierlehre, halte die Lehre an das zu kopierende Objekt, mache ohne zu verstehen immer nur einen Punkt oder Strich auf der Kopie. Am Ende hast Du dann eine 1:1 Kopie. So kann man aber gefahrlos an den Daten schrauben und zur Not den defekten Stick nochmals einlesen.
Cons:
es braucht Zeit und etwas Muße sich mit der Materie zu beschäftigen. und ganz WICHTIG!!! das Programm stellt nur die Dateien, nicht aber die Ordnerstruktur wieder her. Benötigt man diese zwingend, so muss man auf ein kommerzielles Programm umsteigen.
Man braucht Platz, viel Platz. Mindestens doppelt so viel Platz wie der defekte Datenträger groß ist. also bei einer 64GB SD-Card wären es mindestens 128 GB Festplatte. Eher mehr!
Die Bedienung ist dann recht spartanisch: es läuft als Text Menu in einer DOS-Box.
die Anleitung ist eigentlich schon sehr ausführlich unter https://www.cgsecurity.org/wiki/TestDisk_Step_By_Step zu finden.
Allerdings scheint es mir doch etwas "abgehoben" und in IT-lerisch verfasst. Das ist keine Raketenwissenschaft. Aber ich werde versuchen, es langsam hier herunter zu brechen.
Also Schrittweise, allerdings nur für Windows, weil wer Linux kann, braucht keine Anleitung und MAC-OS kann ich nicht.
- Programm hier herunterladen: https://www.cgsecurity.org/wiki/TestDisk_Download
- Programm in ein Verzeichnis auspacken hier im fall c:\testdisk\
- das Programm testdisk_win.exe aufrufen. Es folgt die Frage, ob dieses Programm ausgeführt werden darf. JA, soll ausgeführt werden. Sonst würde ich ja den Rest für umsonst schreiben.
- es erscheint folgendes Bild:
dem geneigten Windwos-Nutzer wird jetzt gerade schlecht. Das ist kein Windows, sondern DOS! Aber keine Sorge alles nur mit Knöpkes auf der Tastatur drücken. Richtig für Einfach. - den ersten Punkt auswählen
- auf der Liste nach dem Stick suchen. das heißt, hier muss man etwas über den Stick wissen: z.B. Name, Hersteller, Nenngröße, usw. sinnvoll ist es, das Programm erst mal ohne den defekten Stick am USB-Port laufen zu lassen und dann mit. Der zusätzliche Eintrag ist dann der Stick.
- Nun sucht man sich das ursprüngliche Dateisystem aus. Der Hypochonder sieht nun wieder den Infarkt kommen, aber eigentlich gib es nicht viel auszusuchen:
PC-System => Intel/PC partition
None => nicht partitioniert (oder wenn alles zerschossen ist)
die restlichen Dateiformate sind so speziell, dass der Nutzer dieser Formate diese kennen wird. - ich habe nu Glück mit meinem USB-Stick, er ist lesbar und die Partitionsdaten sichtbar:
hier wird man nun ein Abbild des Sticks machen. Dazu geht mit mit den Pfeiltasten auf den Punkt "Image Creation" und drückt die Entertaste. - es folgt die Frage, wohin das Laufwerkabbild abgelegt werden soll.
der " . " kennzeichnet das aktuelle Verzeichnis, " .. "" geht die Ebene nach Oben alles mit " D --- --- --- " ist ein untergeordnetes Verzeichnis:
Navigiert wird mit den Pfeiltasten. Maus geht nicht!
Abgelegt wird hier in ein selbst erstelltes Verzeichnis c:\recovery - mit der Buchstabentaste " C " wird nun der Kopiervorgang gestartet.
- Nach Gusto Kaffee oder Tee aufschütten, wenn der USB-Stick mehr als 64 GB groß ist, kann man auch das Abendessen kochen (lassen), je nach Größenordnung auch mit Nachtisch und Frühstück... Kommt halt auf die Größe des Sticks an.
Erster Teilerfolg, die Daten sind gesichert, der USB-Stick kommt zurück ins Körbchen.
Nun das Programm beenden. (immer wieder Quit) - Gut gestärkt wieder ans Werk, es kann nochmal dauern.
wieder im Verzeichnis c:\testdisk zurück wird das Programm photorec_win.exe gestartet.
Da wir aber bereits eine Sicherungsdatei erstellt haben heißt die ganze Zeile: photorec_win.exe c: \recovery\image.dd - es folgt:
Nun kann man hier das "Laufwerk" sehen und auswählen sowie - nachfolgend durchsuchen:
- vor der Suche wird noch das (vermutliche) Dateisystem abgefragt:
da wir von Windows kommen, wählen wir FAT/NTFS.... - zur sicherheit kann man hier die Gesamt (Wohle) Partition durchsuchen
- abschließend legt man noch ein Verzeichnis fest in welches die wiederhergestellten Daten kommen.
- dort kann man dann zur eigenen Freude die rekonstruierten Daten wiederfinden.
Viel Spass und viel Erfolg beim Nachbauen.
Und an die IT-ler unter Euch, seht mir manche Ungenauigkeit nach. Das HowTo ist schlappe 60 Seiten lang, Ich wollte nicht alle Fälle, Sonder- und Unterfälle durchkaspern.
Wer in dem Bereich eine Lösung sucht und sich DIY zutraut, wird diesen Beitrag als Anregung sehen können und sich wohl oder übel etwas einlesen.
(Die Platzda´s lösche ich, ich habe sie nicht gebraucht.)