KaBar BK 62 Kephart - (K)ein Review

  • Ich besitze dieses Messer noch gar nicht so lange, hatte es nur auf einer kleinen Kanu-Jagd-Tour im Gebrauch und möchte deshalb hier nur meine ersten Gedanken und Erfahrungen mit dieser Klingemitteilen. Echte Reviews will ich wirklich erst nach längerem Gebrauch verfassen, aber vielleicht kann dieser Beitrag ja dem ein oder anderen zugutekommen, der sich für dieses Teil interessiert.


    Nur ganz kurz zum Hintergrund: Horace Kephart war ein amerikanischer Reise-, Jagd-, Outdoor-Schreiberling der so um 1900 in den Great Smoky Mountains in North Carolina lebte und aktiv war. Er hat unter anderem das Outdoor-Handbuch „Camping & Woodcraft“ geschrieben. In den letzten Jahren wurden seine Werke wieder vermehrt ausgekramt und verbreitet und in der nordamerikanischen „Bushcraft-Szene“ gehört „Camping & Woodcraft“ dank einer gehörigen Portion Nostalgie zu einem der Standardwerke. In diesem Buch stellt Kephart unter anderem seine ideale Werkzeugkombination für ein Leben in den Wäldern vor.



    Dazu gehören neben einem kurzen Beil für alle Hackarbeiten und Spaltarbeiten auch ein kleines Klappmesser mit drei Klingen für Schnitzereien und Feinarbeiten und ein mittelgroßes feststehendes Messer für alles andere. Während in dem Buch eine andere Messerabbildung verwendet wird, spricht Kephart im Text von seinem eigenen Messerdesign und es sind alte Anzeigen für den Verkauf des „Kephart Messers“ erhalten. Es soll noch zwei original Exemplare geben. Eines befindet sich in dem Museum, dass Kephart und seinem Leben gewidmet ist; das andere ist im Besitz von Messerdesigner Ethan Becker.


    Ethan Becker ist der Designer der bekannten hass-geliebten Becker-Knives, die nun bei KaBar hergestellt werden. Mr. Becker hat sich nun das Original Kephart in der 5-inch Variante geschnappt und nachinterpretiert. Es ist nicht ganz originalgetreu gebaut, aber verdammt nah dran. Verändert hat sich die Klingengeometrie und hat nun einen Flachschliff statt des originalen Konvex-Anschliffes und die Griffschalen sind nun verschraubt.


    Es gibt ein paar YouTube Videos in denen Ethan Becker über das Messer erzählt. Hier sind zwei davon:


    https://www.youtube.com/watch?v=tA00VxcamT8&t=46s


    https://www.youtube.com/watch?v=00sXDpJdKRo


    Und hier ist ein Artikel zu dem Thema:


    https://www.knifemagazine.com/the-original-kephart-examined/


    Inzwischen gibt es viele Messer, die von dem Kephart Messer inspiriert wurden und bei denen die Designer dann ihre eigenen Ideen haben einfließen lassen. Dazu gehören unter anderem Esee’s PR-4, Lt Wright‘s Genesis, Condor‘s Kephart, Bark River’s Kephart…und noch so einige andere.


    Lange Rede, kurzer Sinn: Von all den Varianten auf dem Markt, hat mir Becker’s recht originalgetreue Version am besten gefallen und so hab ich in den sauren Apfel gebissen und mir das Ding besorgt. Ich habe es im Angebot gefunden, aber trotzdem fand ich es schweineteuer. Es kommt zu einem Preis daher, für den es wirklich schon so richtig gute Serien- bzw. semi-custom Messer gibt.


    Was aber bekommt man nun für sein Geld? Ich hab das Teil nun auf einer 5-taegigen Kanutour dabei gehabt und auch zum Aufbrechen eines kleinen Elches verwendet.


    Hier meine Gedanken zu dem Gerät:


    Das KaBar BK62 ist mit seinem komplett hochgezogenen Flachschliff sehr schneidfreudig. Es gefällt mir gut, wie die 13 cm Klinge durch das Schneidgut gleitet und es hat Spaß gemacht, damit Wurst, Käse, Gemüse und Brot zu schnippeln.


    Wie sieht es mit der Holzbearbeitung aus? Ich habe unterwegs nur einfache Schnitzarbeiten durchgeführt, um einen Kochlöffel zu improvisieren und ein paar Holzpflöcke für das Zelt zu basteln. Das alles ging mit dem Kephart Messer ganz prima. Ebenso die Herstellung von feinen feathersticks zum Feuerstarten. Ich würde es jedoch eher nicht als primäres Schnitzmesser empfehlen. Dafür braucht es -für meinen Geschmack- eine feinere Spitze und ich bevorzuge für diesen Zweck schmalere Messer, die sich im Schnittgut leichter drehen lassen. Kephart hatte ja für diese Anwendungen extra ein kleineres Klappmesser im Gepäck.



    Pluspunkt gibt es von mir dafür, dass die Schneide, die direkt am Griff beginnt. Kein alberner Choil oder extra langes Ricasso und so ein Pipifax!


    Wo ich es wirklich super fand, war beim Abziehen und Zerlegen des Elches, den wir auf dem Trip gejagt hatten. Mir gefielen Klingenform und Anschliff für diesen Zweck sehr gut. Und bei der Arbeit am Tier mag ich es, wenn die Spitze nicht ganz so spitz und ausgeprägt ist. So riskiert man weniger irgendetwas zu verletzen, also aus Versehen in Fleisch oder Gedärme zu piecksen. Und ich glaube auch bei Kephart hatte dieses Werkzeug seinen Ursprung als Jagdmesser.



    Beim Stahl verwendet KaBar einen 1095 Cro-Van. Laut dem schlauen Internetz ist das nur ein recht popeliger 1095 mit einem etwas höheren Anteil an Chrom, Vanadium, Nickel und Molybdaen. Alles andere als ein moderner Hochleistungsmesserstahl! Aber vielleicht zu so einem Klassiker ganz passend. Ich fand der Stahl lässt sich extrem schnell mit zwei-drei Zügen über den Diamant-Schleifstein und nochmal genauso vielen Zügen über das Leder absolut rasiermesserscharf machen. Aber die Klinge verliert auch relativ schnell wieder ihre Schärfe. Ich habe das Messer 3-4-mal neu abgezogen, während wir den Elch zerlegten. Auf der KaBar Website wird angegeben, dass der Stahl mit 56-58 Rockwell relativ weich gelassen wird. Das kann man jetzt bewerten wie man will. Mir persönlich sagen Stähle eher zu, die ich schnell wieder mit einfachsten Mitteln im Feld scharf bekomme, als irgendwelche Hochleistungsgeraete, für die ich fast schon im Werkkeller einen Bandschleifer brauche. In diesem Fall fand ich das jedoch schon etwas zu weich. Aber das ist natürlich Geschmacksache. Wie gesagt: Schärfen geht schnell und einfach!


    1095 Stahl rostet recht schnell und ich habe mich bemüht, das Messer gleich nach dem Kontakt mit Blut gut zu reinigen und dann trocken zu reiben. Bisher keine Probleme.


    Die Klinge ist laut KaBar’s Webseite knapp unter 4mm dick, aber beim Messen komme ich sogar nur auf 3mm. Das finde ich auch ganz okay, weil es der Schneidfreudigkeit auf jeden Fall zuträglich ist.


    Was ich mit so einem dünnen und fein ausgeschliffenen Messer eher nicht machen würde, ist das allgegenwärtige Batonieren. Ich habe damit auf Tour schon dünneres Holz gespalten, aber ich denke es könnte ein Fehler sein, dieses Messer durch knotige Holzklötze zu dengeln.


    Der Klingenruecken ist am Griff leicht gerundet, was dann in Richtung Spitze zu einem ganz leichten „Swedge“ übergeht. Einen Feuerstahl kriegt man damit im Originalzustand nicht angerissen.Das kann, je nach Anwendungszweck, ja auch ein positives Ausstattungsmerkmal sein…zum Beispiel wenn man mit der Hand Druck auf den Klingenruecken ausüben möchte.


    Der Griff ist extrem simple gestaltet, aber sehr bequem, wenn man das Messer als normales Schneidwerkzeug nutzen möchte. Er ist jedoch recht schmal und für ordentliche Druckschnitte durch Holz habe ich lieber mehr Griff in der Hand. Für gelegentliches Schnitzen ist es jedoch kein Problem.


    Der Griff erlaubt mehrere bequeme Positionen der Hand, je nachdem, wie man das Messer hält. Pluspunkt! Was gar nicht geht sind Hackarbeiten. Das Messer ist mit der Größe und der verhältnismäßig leichten Klinge ohnehin kein Messer für Hau- und Hackarbeiten. Aber man kann ja oft mittelgroße Messer mit einem ausgeprägten Pommel einfach etwas weiter hinten nur mit Daumen und Zeigefinger anfassen und so wenigstens leichte Hackarbeiten verrichten. Das geht mit der Griffform des Kephart-Messers gar nicht. Es fliegt einem förmlich aus der Hand. In diesem Zusammenhang sei erwähnt, dass das Kephart-Messer kein Loch für einen Fangriemen hat.


    Als Material für den Griff wurde Walnussholz verwendet. Sieht schick aus und macht bei dem Klassiker auch was her…aber ich finde Holz eher nicht so praktisch im Tourenalltag. Es kam furztrocken bei mir an und ich habe es vor der Tour ein wenig geölt. Trotzdem schwoll der Griff unterwegs durch Feuchtigkeit ein wenig an.


    Aber da soll der geneigte Kunde nicht verzagen, denn für einen ebenfalls gescheiten Obolus kann man bei KaBar Micarta-Griffschalen nachbestellen.


    Dank der Becker-typischen Verschraubung der Griffschalen, kann man die ganz leicht daheim mit einem Sechskant-Schlüssel wechseln. Modular klingt immer gut, aber ich bin von verschraubten Griffschalen eigentlich kein Fan. Ich mag es lieber geklebt und dann permanent fixiert mit Nieten/Pins/Corbybolts etc. Bei diesem verschraubten Zeugs sitzt sonst immer Blut etc. in den feinen Ritzen.


    In diesem Zusammenhang muss auch erwähnt werden, dass KaBar hier ein wenig viel Toleranz bei der Verschraubung gewähren lässt und so haben sich die Griffschalen bei der Arbeit am Elch um rund einen Millimeter verschoben. Kann man ja hinterher alles wieder öffnen und wieder ordentlich zusammenschrauben. Fand ich aber trotzdem nicht so dolle.


    Die Lederscheide ist eine simple und effiziente Scheide, die bequem am Gürtel hängt. Für meinen Geschmack sitzt das Messer mit nur etwa 3 cm jedoch nicht tief genug drin. Noch sitzt es fest, aber ich fürchte man kann das Messer schnell verlieren, wenn sich das Leder etwas geweitet hat. Ich werde mir also eine eigene Lederscheide nähen, bei der das Messer tiefer in der Scheide sitzt.


    Fazit: Für mich ist das KaBar BK 62 ein hübsches und geschichtstraechtiges Jagd- und Campmesser, das gut in Kombination mit anderen Werkzeugen funktioniert. Es ist toll für verschiedene Schneidarbeiten geeignet und lässt sich extrem einfach rasiermesserscharf bekommen. Aber als echtes Allround-Bushcraft und Wildnismesser fehlen mir ein paar Attribute. Es ist von Material und Verarbeitung eher im unteren Mittelfeld angeordnet und da finde ich den Preis von EUR 190 völlig ungerechtfertigt.