Ich habe und werde nicht alle Beträge dieses Threads lesen. Denke da kann ich wesentlich sinnvolleres mit meiner Zeit Anfangen. Da ich aber der Stein des Anstoßes war der zu diesem Thread geführt hat, antworte ich doch einfach mal auf den Eröffnungspost.
Mich nervt diese Moralapostelgeschichte und der Zwang sich durch Definitionen und selbst geschaffenen Regeln von anderen abzugrenzen enorm.
Ehrlich gesagt ist es mir völlig wurscht ob das was ich tue nun zu Bushcraft passt oder nicht. Dieser Thread hier wurde durch meine Frage zu einem geeigneten Gefährt für eine Tour durch die Kaparten usw. in einem anderen Thread initiiert. Dort wurde ich quasi als Umweltsau dargestellt und von dem Ersteller dieses Threads hier wurde sinngemäß geäußert, dass es gut wäre nun zu wissen wie manche hier wohl ticken.
Aha...weißt du das also? Interessant. Schublade auf...Schublade zu.
Soweit ich weiß beschreibt Bushcraft die Fähigkeiten zum Leben und Überleben in der Natur. Alles weitere ist eine individuelle Auslegung. Für den einen liegt der Schwerpunkt bei primitive skills, während der andere auch moderne Methoden nutzt. Warum muss man immer jedem Hobby ein künstliches Dogma aufdrücken? Warum muss man immer alles in richtig und falsch einteilen und sogar Leute die zu 95% die gleichen Vorlieben haben, wegen den restlichen 5% ablehnen? Das ist doch überall so. Die Skifahrer mögen die Snowboarder nicht, die Motorradfahrer belächeln die Roller-und Quadfahrer, die Surfer gegen die Windsurfer, die Wanderer gegen die Mountainbiker, die Gleitschirmflieger gegen die Drachenflieger, die Skateboarder gegen die Inlineskater, Juden gegen Christen gegen Islam, die Deutschen gegen die Österreicher, die 5a gegen die 5b, die Eisenbacher gegen die Obernburger...und nun scheinbar die primitiv Bushcrafter gegen den Modernbushcrafter.
Sorry aber mir ist das mittlerweile zu blöd. Ich bin ein offener Mensch der sich für die ganze Welt begeistern kann und der unterschiedliche Erfahrungen und Fähigkeiten sucht. Egal welchen neuen Bereich ich erforsche, es gibt immer diese engstirnigen Personen die danach streben zu kategorisieren und Gruppen abzugrenzen. Das ist ermüdend und ich bin es leid diesen Menschen irgendetwas zu erklären. Es ist ohnehin zwecklos.
Aber nur soviel: Bushcraft unter meiner oben genannten Definition "Leben und überleben in der Natur" geht bei weitem darüber hinaus, was scheinbar so mancher engstirnige deutsche Bushcrafter dahinter versteht. Es ist eben nicht nur das überromantisierte bissl campen, wandern, im Wald pennen, Pilzchen suchen, mal im Wald um die Ecke schlafen, ein Feuerchen machen und Messer sammeln. Was wir hier in Deutschland machen ist "Bushcraft spielen".
Wenn du dich im wirklichen "Bush" in einem größeren Radius als 100 km bewegen willst, brauchst du nunmal entweder ein Pferd, ein Boot, ein Flugzeug oder wie in den meisten Fällen ein Geländegängiges Fahrzeug.
Wenn du außerhalb der schönen gemütlichen Zivilisation mit Supermarkt um die Ecke lebst, kommst du an einen 4x4 nicht vorbei. Es gibt da einfach keine schön ausgebauten Straßen.
Es gibt einen Grund warum in Ländern wie Alaska ca. 95% aller Fahrzeuge Pickups sind. Weil du einfach darauf angewiesen bist. Feuerholz holen, den geschossenen Elch transportieren, das Fischerboot ziehen, Trinkwasser besorgen, Benzinkanister transportieren, Shrimp-Reusen transportieren, Campingausrüstung transportieren, liegen gebliebene Fahrzeuge abschleppen, Anhänger ziehen, Kajak transportieren, Vorräte Stunden entfernt auffüllen weil der Winter ansteht, das Schneemobil an Ort und Stelle zur Jagd bringen...usw. usw.
Wenn du da mit deinem Gransfors Wildmarksbeil, deinem Feuerstahl und deinem Rucksack ankommst und erzählst was von leave no trace und weidgerechtem töten eines Fischs, wirst du einfach nur ausgelacht. Ich habe dort mal jemandem versucht zu erzählen was wir deutsche als Bushcraft bezeichnen. Ich habe ein müdes Lächeln geerntet und den Satz: "Eeeh yes...so you are talking about our daily life?"
Wenn ihr wirklich der Meinung seid, die
Fähigkeit ein Fahrzeug außerhalb von schön asphaltierten Straßen bewegen zu können, sei kein Teil von Bushcraft, dann muss ich euch wirklich sagen, dass ihr scheinbar noch kein einziges mal wirklich für längere Zeit im wirklichen "Bush" wart.
Ihr habt in einem völlig recht, für unser deutsches weichgespültes Kindergeburtstags bushcraft, braucht man sicher keinen Geländewagen. Ich betreibe das hier seit Jahren und bin sehr gut ohne Offroader klar gekommen. Der Wald beginnt bei mir 10min Fußweg entfernt. Und manchmal hab ich Umweltsau sogar den Frevel begangen und bin mit einem Pkw an einen Waldrand gefahren.
Und ja...ich hatte früher die gleichen Vorurteile von den Pickup fahrenden Rednecks...ich Ahnungsloser.
Aber es gibt nunmal auch eine Welt da draußen die es zu entdecken gibt. Bei meinem letzten Aufenthalt in Alaska war ich extrem abhängig von der Erfahrung und den Fähigkeiten der Einheimischen. Ich habe irgendwann aufgehört mitzuzählen wie oft wir von anderen aus dem Matsch gezogen wurden und wie oft wir andere aus dem Matsch gezogen haben. Alleine wäre ich ziemlich aufgeschmissen gewesen, ohne Handynetz, Stunden von der nächsten befestigten Straße entfernt. Deshalb herrscht dort auch eine wesentlich offenere, freigiebigere und hilfsbereitere Kultur als bei uns. Dort würde niemand dem anderen ans Bein pissen, weil der andere das gemeinsame Hobby zu 5% unterschiedlich ausübt. Eine Toleranz die uns Deutschen durchschnittlich so sehr fehlt.
Ich werde mir die Fähigkeit offroad zu fahren aneignen. Allein schon weil ich das Gefühl nicht mag im echten "Bush" immer auf andere angewiesen zu sein.
Ihr könnt das Erlernen dieser Fähigkeiten gerne sein lassen und in Deutschland der große Motz sein, der weiß wie man mit Birkenrinde Feuer macht. Aber dann dürft ihr euch in diversen Ländern auch nicht wundern Sprüche wie "You haven't seen anything yet!" zu hören.
Soooo...entschuldigt bitte meinen emotionalen Beitrag, aber es nervt einfach dass man an allen Ecken und Enden ständig mit solchen Engstirnigkeiten zu kämpfen hat. Und genau diese engstirnigen Moralapostel sind dann meistens die, die sich für besonders aufgeklärt halten.
Was sagte Alexander von Humboldt?
"Die gefährlichste aller Weltanschauungen ist die der Leute, welche die Welt nie angeschaut haben.