Frage: EH-Verhalten im Falle eines Hundebisses

  • Hallo zusammen,


    folgender Beitrag veranlasst mich dazu, zu fragen, wie man sich korrekt verhält, wenn man selbst oder eine andere Person von einem Hund gebissen wurde:

    Erste Hilfe-Tasche sollte nie fehlen.

    Es ist so, dass die ältere Dame (siehe: Beitrag) von einem Hund (Dackelrasse) durch die Strumpfhose gebissen wurde und an der Wade doch ordentlich blutete. (Der eigentliche Verlauf ist dem Beitrag ff zu entnehmen.)


    Welche Sofortmaßnahmen können/sollen ergriffen werden?


    Wie muss ein EH-Set/Kit ausgestattet sein, um sich selbst oder anderen bei einem Hundebiss helfen zu können?


    Was sollte man ggfs. tunlichst vermeiden?


    Mit welchen Schwierigkeiten/Komplikationen wäre u.U. zu rechnen?


    Kann man ausschließen, dass sich Bestandteile der Kleidung (in diesem Falle Strumpfhose) in der Wunde befinden?


    Gibt es gerade bei älteren Personen sonderliche Dinge zu beachten?



    Falls ich etwas vergessen haben sollte, bitte darauf hinweisen und vor allem, bitte erklären.


    Aus aktuellen Anlass würde ich mich über ein wenig fachliche Resonanz wirklich freuen.



    Liebe Grüße
    Rudi

    2 Mal editiert, zuletzt von 08/15 () aus folgendem Grund: Falsche Verlinkung korrigiert!

  • Bei Tierbissen IMMER zum Arzt fahren! Dort bekommt man dann eine Tetanus-Spritze, ggf. wird noch auf Tollwut geprüft, die Wunde wird Fachmännisch Gereinigt, Desinfiziert und Verbunden. Verbandkontrolle und -wechsel inklusive. Eventuell noch Schmerzmittel.


    Alles Andere ist grob Fahrlässig.


    lieben Gruß
    kahel


    PS: und wenn es einem in der freien Wildbahn passiert -
    Eigene Erst-Versorgung der Wunde großzügig mit Octrnisept-Lösung zur Wundreinigung / Desinfektion. "Sterilen" Verband anlegen
    und alles Weitere siehe Oben.

    2 Mal editiert, zuletzt von kahel ()

  • Ich antworte mal indirekt auf deine Frage,weil ich noch nie einen Hundebiss bei Menschen zu versorgen hatte.
    Meine Hunde wurden schon 2-3 mal von Fußhupen gebissen und hatten dadurch blutende Cuts.
    Da es rinnende Blutungen waren habe ich bluten lassen und gelegentlich getupft. Ich habe bewusst bluten lassen um eventuelle Bakterien durch Speichel,rausspülen zu lassen.Später habe ich mit Octenisept nachbehandelt und die Wunde nicht abgedeckt.Bei mir selber habe ich das gleiche mit einer leicht pulsierenden Blutung gemacht.
    Mein alter Spike ist im Spiel an mir hochgesprungen und hat mich beim runter rutschen mit dem Eckzahn an einer Ader am Handgelenk erwischt.
    Es gab weder bei mir oder den Hunden Entzündungen.
    Bei älteren Menschen muss man eventuell damit rechnen das sie blutverdünnende Medikamente nehmen und da könnte es vielleicht nachteilig sein bluten zu lassen.
    Ich selbst bin Tetanus geimpft möchte ich noch hinzufügen.

  • Das Wichtigste ist erstmal die Eigensicherung. Sicherstellen das, das Tier einen selber nicht mehr beißen kann.


    Die Wunde beim Patienten wie jede andere offene Wunde verbinden, den Patienten aber auf jeden Fall (sehr hohe Infektionsgefahr)
    zeitnahe einem Arzt vorstellen. Auch oberflächlich, klein aussehende Wunden, können in der Tiefe recht groß sein.
    Sollte es keine Möglichkeit geben den Verletzten schnell zu einem Arzt zu bekommen, die Wunde mit Kochsalzlösung (notfalls auch sauberem Trinkwasser) ausspülen. Die Wunde darf "nicht" verschlossen werden. Klammerpflaster sind bei Bisswunden kontraindiziert.
    Ob sich Kleidungsreste in der Wunde befinden, ist für den Ersthelfer nicht relevant. Eine Wundreinigung wird vom Arzt vorgenommen.
    Bei Verletzten, besonders bei älteren Menschen, ist immer daran zu denken dass, diese einen Schock haben können.
    Sie können desorientiert, verwirt oder Kreislauf instabil werden. Der Patient sollte also nicht alleine bleiben werden und beobachtet werden.
    Gutes zusprechen und beruhigen, ist immer gut.



    Wie gesagt, wichtig ist den Patienten schnellst möglich an die Rettung oder einen Arzt zu übergeben.

  • Bei älteren Menschen muss man eventuell damit rechnen das sie blutverdünnende Medikamente nehmen und da könnte es vielleicht nachteilig sein bluten zu lassen.

    Das würde u.U. erklären, warum bei ihr das Blut förmlich strömte. Das war kein kleiner Kratzer, wo man mit einem Pflaster hätte reagieren können, ab Mitte Wade war alles rot; einschließlich ordentlicher Flatschen auf dem Gehweg.


    Octenisept ... ja, damit sollte ich mich morgen direkt mal in der Apotheke eindecken. Scheint defintiv auch ein Manko in meinem herkömmlichen EH-Set zu sein. Kann wohl nicht schaden. Danke Euch beiden, @kahel und @Rockdog.


    @kahel


    Ich hätte im Affekt nicht gewusst, wo ein Arzt zu finden gewesen wäre, zumal man ja weiß, wie es dort ablaufen kann, wenn man sich selbst schon hundeelend fühlt. Mein erster Blick war eben auf die Apotheke. Die Apothekerin entgegnete mir zwar damit, dass sie mir bzw. der Dame auch nicht wirklich helfen können würde, aber zumindest hatten sie dort entsprechendes Material zur Verfügung. War aber soweit alles kein Problem und dauerte eben keine 4 Minuten.

  • @08/15 Arzt gibt es über die 112.
    Gerade wenn Dir fremde Personen betroffen sind.
    Der Rettungsdienst weiß dann weiter.
    Du mußt zuerst nur lebensrettende Maßnahmen einleiten.
    In diesem Fall ( wenn Material vorhanden) die starke Blutung durch verbinden und hochlegen stillen.

  • Jede offene Bisswunde muss als infiziert betrachtet werden. Auch gesunde Haushunde können diverse Krankheiten übertragen (Tetanus, Gasbrand,...). Der Besuch beim Arzt ist Pflicht.


    Wenn was passiert ist: Grundsätzlich vorab die Eigensicherheit & Unfallhergang checken. Hundebisse bei uns sind meist eher wenig dramatische Verletzungen, meist sind es nur einfache Bisse im Affekt oder als Angst/Schmerzreaktion. Ich will das nicht verharmlosen, aber es ist nichts im Verhältnis zu einem Tier was einem ernsthaft was böses will. Ist die Wunde jedoch so groß, dass die Blutung selbst ein Gesundheitsrisiko darstellt (wir reden hier über mindestens 0,5l), dann wird sie so behandelt wie jede andere starke Blutung auch. Wiederum auf Selbstschutz durch Handschuhe achten! je nach Ausmaß dann zum Hausarzt/Notarzt oder eben Rettungsdienst rufen. Wenn man ohnehin den Notarzt ruft braucht man fast nix machen. Vor allem nicht gut gemeint mit Desinfektionsmitteln loslegen. Die Bekämpfung der potentiellen Infektion ist nicht unmittelbar lebensbedrohlich. Das machen dann später die Profis.


    Wenn auf Tour langfristig (= im Verlauf des Tages) kein Arzt/Rettungsdienst verfügbar ist muss man selber ran. Desinfektionsmittel drauf, ggf. Wunden mit Kochsalzlösung o.ä. spülen, dabei darauf achten, dass der Wundkanal freiliegt (liegt teilweise verdeckt bei verschobenen Haut). Dann die Antibiotika aus der ersten Hilfe verwenden (kompletten Behandlungszyklus beachten). Das hatte ich so mit meinem Arzt abgesprochen und mehrfach erfolgreich umgesetzt.

    Skal hilse fra fjellet – det evige land,
    hvor moskus og jerven har bolig.
    Min lengsel dit inn er blitt som en brann.
    Kun der får jeg fred og blir rolig...


    Jon Ø. Hov

  • Das war generell auf Wunddesinfektionsmittel gemünzt, dass man nichts verwendet was nicht dafür vorgesehen ist sollte jedem klar sein.


    1. Hat Desinfektion keinerlei Priorität und Notwendigkeit wenn danach eine professionelle Wundversorgung folgt.


    2. Viele übliche Wunddesinfektionsmittel sind kontraproduktiv, da sie die u.U. Wundränder verändern (Alkohol, Jod,...). Da kann einer er Mediziner hier vielleicht etwas dazu sagen.


    3. Die Anwendung von Substanzen die apothekenpflichtig sind überschreitet die Grenzen der erste Hilfe. Auch die rechtlichen. Kommt es zu Komplikationen, so ist man voll haftbar da man außerhalb seiner Kompetenzen handelt. Sowas ist vor allem wichtig wenn man z.b. mit Gruppen arbeitet. Rechtlich betrachtet macht sich sogar eine Kindergärtnerin strafbar wenn sie dem Kind eine Zecke entfernt.


    Octenisept ist eine der wenigen Ausnahmen von 2. und 3., da es weder negativ auf die Wunde wirkt und auch normal im Handel zu bekommen ist. Dennoch ist es zumindest unnötig.

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    Jon Ø. Hov

  • Blut sieht immer nach viel aus, glücklicherweise wird der Blutverlust meistens überschätzt. Ein Verlust von 0.5 l kann vom Erwachsenen kompensiert werden.


    Da bei jeder Bissverletzung von einer Keimbesiedelung auszugehen ist (was noch keine Infektion darstellt), daneben aber auch avitales Gewebe oder Wundtaschen vorhanden sein können, ist eine ärztliche Versorgung Pflicht. Impfungen inbegriffen, sofern nötig. Hier wird dann auch ggfs. die Antibiotikatherapie initiiert.


    Bezüglich der Erstversorgung wurde weiter oben das Wesentliche geschrieben. Wenn vorhanden, würde ich durchaus eine mit Octenisept getränkte Kompresse auflegen. Auf weitergehende Manipulationen ohne Anaesthesie würde ich bei zeitnaher Definitivversorgung verzichten.
    Weitab vom Schuss ist aber neben der Wundspülung und der offenen Wundbehandlung eventuell eine Ruhigstellung angezeigt.


    Bushcraftern traue ich zu, ihren Impfstatus im Auge zu behalten. Dies kann bei entsprechendem Radius durchaus auch die Tollwut umfassen, wobei Deutschland und die Schweiz seit etlichen Jahren als tollwutfrei gelten. Dies sieht beispielsweise bei Strassenhunden in entfernteren Ländern anders aus.


    Da ich leider schon mehrere bissbedingte Amputationsverletzungen gesehen habe: Optimal wäre, das Amputat sichern, in eine sterile Kompresse einwickeln, dies dann in eine wasserdicht zu verschliessende Plastiktüte und das ganze in Eiswasser geben. Niemals direkt auf Eis!

  • 2. Viele übliche Wunddesinfektionsmittel sind kontraproduktiv, da sie die u.U. Wundränder verändern (Alkohol, Jod,...)

    Das Desinfektionsmittel im Notfall ist egal!! Wundrandnekrosen oder Fettgewebsnekrosen durch Desinfiziens sind zu vernachlässigen. Allein der mechanische Einfluss auf die Wunde, gerade bei einem Hundebiss wird schon dafür sorgen.
    Es geht zunächst darum, die Wundkontamination zu vermindern. Deshalb ist zunächst ausströmendes Blut (in Maßen!!) reinigend. Dann kann man Spülen. Egal ob mit Getränken jeder Art oder Mittelstrahlurin (der ist steril!). Das gilt für die Erstbehandlung im Notfall draussen. Dann Desinfektion. Egal mit welchem Hautdesifektionsmittel! (Optimale Wirkung ab 70% Vol-Alc.)
    Bitte bei EH immer an Eigenschutz (Hepatitis, HIV,...) denken.
    Wichtig: KEINE Wundokklusion!! Die Wunde MUSS offen verbunden werden. Keine Folien drüber, keine Adaptation mit Klammerpflaster, damit weiter Sekretabfluss stattfinden kann und es keine Bakterienzunahme im geschlossenen Wundmilieu gibt!
    Auch der Chirurg wird einen Tierbiss nicht, oder (bei großen Wunden) nur grob adaptierend nähen. Ausnahme sind hier Gesichtswunden und Kinder.
    IMMER muss Tetanusschutz überprüft und ggf. aufgefrischt werden. Sollte das Tier evtl. Tollwutverdächtig sein, muss auch hier geimpft werden.

    Gruß vom Teuto,
    Doc




    "Der Mensch stammt vom Ausländer ab"
    (Dr.Dive)



    RedCollar Wildcat

  • Verdünnt JA, kannste.


    Den Spiritus ungefähr im Verhältnis 2:1 mit Wasser verdünnen um eine ca. 70%igen Alkohollösung zu bekommen.
    Mit dieser Lösung kann dann eine Wunde gereingt werden ohne dass Zellschädigungen zu erwarten wären.
    Spiritus unverdünnt auf die Wunde bringen ist nicht so der Brüller.


    lieben Gruß
    kahel

    Einmal editiert, zuletzt von kahel ()

  • Naja, Brüllen würde man wohl schon ;)


    Ich werde nicht gebissen - nie - denn ich werfe ganz schnell einen handelsüblichen (siehe Amzon, aber teuer :/ ) Wildschweinabwehrstock, die MMYOG Variante aus eigener oder so-Schaffe oder beziehe die gebraucht bei der Bucht. Hier achte ich immer auf dunkelrote bis schwarz-rötliche Flecke. Finden die sich etwa an beiden Enden stimmt was nicht, also lieber nicht mitbieten. :thumbdown:


    Ich werfe das Teil über den Hund hinweg und entferne mich raschen Schrittes in die entgegen gesetzte Richtung. Man kann sich dann ganz rasch auch in einen Zierbrunnen oder Springbrunnen (z.B. im Stadtpark) stellen und zuschauen wie der Hund die Witterung verliert und schier verzweifelt.


    lol lol lol


    Sorry ich hatte einen sehr langen Tag und lüfte gerade mein Hirn.
    lol lol lol - bekennender Über-eigene Witze-Lacher! Wenn sich einige Politiker nicht wegen gebrochener Zusagen schämen - wieso sollte ich wegen Lachen lol lol :S 8o 8| :P :Squirrel:


    Silas

  • Verdünnt JA, kannste

    So sehe ich das auch. Das etwas Andere am Spiritus ist, das hier absichtlich der Alkohol vergällt wurde, sprich (weniger) trinkbar gemacht wurde. Das tut der desinfizierenden Wirkung keinen Abbruch ;)

    Gruß vom Teuto,
    Doc




    "Der Mensch stammt vom Ausländer ab"
    (Dr.Dive)



    RedCollar Wildcat

  • Brennt halt ungemein in offenen Wunden :(


    Und: nicht rauchen dabei!