Messerbauleitfaden für Anfänger

  • Hi Ich hab den selben Thread schonmal woanders gehabt.
    Find der gehört hier rein, also nochmal das selbe :D


    Es gibt drei Gründe sich selber ein Messer zu machen.
    1. Die Freude am Machen an sich
    2. Man will ein Werkzeug das nach seinen Vorstellungen gefertigt wurde
    3. Es fehlt am Geld für ein richtiges Messer



    Zugegeben, bei mir ist eine Mischung aus allen drei Punkten.
    In diesem thread möchte ich vor allem für Anfänger und Leute mit kleinem
    Budget erklären wie man sich ein Messer, (wenn man gut arbeitet sogar
    ein gutes) selber, für (relativ) wenig Geld mit gängigen
    Heimwerkartikeln selber machen kann.
    Ich bin weder Handwerker noch Messermacher und will keineswegs behaupten
    dass so ein Messer auch nur annähernd an die Profimesser herankommt,
    aber es kann ein ganz ordentlicher Gebrauchsgegendstand sein. Auch will
    ich mich vorsätzlich entschuldigen für etwas möglich falsches was ich
    sagen könnte. Sollte ein Experte das entdecken bitte korrigieren.



    Die erste Frage lautet. Schmieden oder aus einem Flachstahl
    herausarbeiten? Beides hat seine Vorzüge. Da die Techniken des Stock
    Removal jedoch bei beiden Arten zum einsatz kommen, werde ich hier
    ersteres beschreiben. In einem anderen Thread werde ich die Herstellung
    einer einfachen Bushcraftesse beschreiben.



    Einen kleinen "Fuhrpark" an Gerät sollte man schon haben.
    Zur Grundausstattung gehören sollten:
    -Metallsäge
    -Bohrmaschine mit Metallbohrern
    -Ein Satz Feilen mit verschiedenen Formen. Gibts zum Beispiel manchmal beim Aldi recht günstig.
    -Schraubzwingen
    -Metallschleifpapier bis Körnung 1000
    -Für die Sicherheit: Schutzbrille und Mundschutz wegen des Staubes
    optional: Senkbohrer, Flex oder Bandschleifer.



    Als nächstes. woher den Flachstahl? Es gibt mitlerweile mehrere
    Internetseiten wo man sowas bestellen kann. Hier eine kleine Auswahl:
    schmiedeglut.de/shop-messermacherbedarf/



    mam-messer.de/index.php?option…mid=68&vmcchk=1&Itemid=68



    feines-werkzeug.de/cat/c151_Stahl---Klingenstahl.html



    messer-selbstgemacht.eu/Boehler-Stahl-N690



    mueller-messer-shop.de/epages/…%20CPM420%20(S90V)%22



    Wer ein bischen sucht findet noch mehr. Auf den genannten Seiten finden sich auch weitere Materialien zum Messer und Griffbau.



    Man sucht sich nun also den Flachstahl seiner Wahl in den passenden Maßen aus. In meinem Fall war es Böhler N690 3,5mm Dicke.
    In der Zeit bis der Stahl kommt kann man schon mal eine Zeichnung anfertigen wie das Messer aussehen soll.
    Ob man ein bekanntes Messer nachbaut oder ganz seine eigene Konstruktion erschaffen will ist jedem selbst überlassen.



    Mein Entwurf ist eine Mischung aus verschiedenen Modellen.
    Wichtig war mir bis oben gezogener Flachschliff, Droppointklinge und
    eine relativ neutrale runde Grifform für angenehmes Arbeiten und
    vielseitige Griffhaltemöglichkeiten. Ein Allrounder halt. Aber jeder hat
    andere Vorstellungen vom "perfekten" Messer.
    Nach langem Überlegen also die fertige Form aufgezeichnet und ausgeschnitten.



    Diese Schablone wird auf den Stahl gelegt und man zeichnet die Konturen mit einem Wasserfesten Stift auf den Stahl.




    Die Form habe ich mit der Flex annähernd ausgesägt aber bin nicht ganz
    an die Kanten gegangen weil N690 an der Luft härtet und ich wollte nicht
    die Ränder vom Messer gehärtet haben. Ausserdem habe ich immer wieder
    gekühlt. Man sollte lieber langsam arbeiten.
    Es ist ein wenig gefährlich mit einer Flex und Trennscheibe so lange
    Metallstücke zu sägen, weil sie bei den extremen
    Umdrehungsgeschwindigkeiten dazu neigt auszubrechen wie ein störrisches
    Pferd. Sollte man noch nie sowas gemacht haben kanns gefährlich werden.
    Traut man sich das also nicht zu, lieber mit der Metallsäge arbeiten.
    Das dauert zwar ewig ist aber sicherer. Um das Handsägen zu
    vereinfachen, kann man an den Konturlinien Bohrungen in regelmäßigen
    abständen vornehmen.



    Nun ist das Stück also grob ausgesägt.



    Als nächstes folgt die Formgebung der Kontur mit Flex und Fächerscheibe.



    Die Rohform ist nun also fertig. Der nächste wichtige Schritt ist das
    anreißen der Klingenmitte. Dies ist wichtig damit man eine symetrische
    Schneide hinbekommt.
    Es gibt Experten die schwören auf Augenmaß. Ich kann das allerdings nicht. Darum muss ich genau die Mitte festlegen.
    Dafür gibt es viele Möglichkeiten.
    Eine einfache ist, einen Holzbohrer mit exakt der selben Stärke des
    Flachstahles zu nehmen und mit der Spitze, während die Klinge auf eine
    ebenen Fläche liegt an der Klinge entlangzufahren.
    Mit Metallbohrern geht das nicht weil die Spitze zu breit ist und je
    nach dem wie der Bohrer aufliegt eine andere Höhe einzeichnet.



    Ich hatte dummerweise gerade keinen Holzbohrer in genau dieser Stärke
    da. Es gibt jedoch noch andere Methoden man muss nur improvisieren.
    Meine Idee. Ich nahm eine normale Schiebleere und flexte an der oberen
    Spitze ein Stück ab und schliff diese nacher spitz zu.



    Jetzt kann man die zu anreißende Stärke auswählen, also exakt die hälfte der Stahlstärke. Die Klinge wird dann am besten mit dunklem Edding markiert, dann hebt sich der angerissene Strich besser ab.



    Jetzt kommt der langwierigste Teil. Das planschleifen des Anschliffs.
    hier muss man echt dran bleiben weil es sehr lang dauert und sehr wenig
    passiert wenn man nur eine Feile hat. Daher hab ich auch hier die
    Grobarbeit mit der Flex, und dann die Feinarbeit und den Planschliff mit
    der Feile vorgenommmen.




    Bei einem Scandi zeichnet man sich einfach die Linie des Schliffes ein.
    Bei einem hochgezogenen Flachschliff macht es Sinn die Klinge in
    Sektionen zu teilen und zuerst von unten nach oben die Sektionen zu
    feilen. So schafft man den nötigen Winkel um auch weiter oben noch
    abzutragen, den man hält die Feile sehr Flach.



    Ich hab auch hier einen Trick herausgefunden. Man kommt merklich
    schneller voran wenn man mit der Feile von vorne nach hinten feilt
    sondern wenn man sich vor der Spitze der Klinge positioniert und dann
    die Feile wie ein Ziehmesser nimmt und immer zu sich hinzeit auf der
    ganz Breite.



    So kommt man nun nach vielen Stunden zu einem Ergebniss. Man muss immer
    beide Seiten abggleichen und gegebenenfalls Korrekturen vornehmen.




    Ein kleiner Nachtrag hier. Den Beitrag habe ich damals vor einigen Jahren geschrieben. Was ich jetzt auf jeden Fall empfehlen kann ist es sich so eine Winkelhalterung zu bauen wie ich sie im anderen Thread beschrieben habe. Damit geht es schneller, sauberer und man kann sich auch einen Skandi oder Sabregrind machen. Filing Jig für Messerbau





    Wer will bringt jetzt noch eine Schleifkerbe an.



    Als nächstes müssen die Feilkerben mit immer feinerem Schleipapier
    entfernt werden und die Klinge muss gefinisht werden. Dazu nimmt man
    Schleifpapier der gröbsten Körnung und wickelt es um die Feile so dass
    man eine Plane Fläche hat. Dann schleift man im Kreuzschliff. Dass heißt
    immer um 90 ° versetzt zum vorherigen Schliff.




    So langsam verschwinden die tiefen Kerben. Auch hier sollte man
    gründlich arbeiten. Ist die Klinge erst mal gehärtet ist es fast
    unmöglich noch Schönheitsfehler zu entfernen.



  • Als nächstes habe ich ne Daumenrampe dran gemacht. Das ist an sich ziemlich einfach. Man zeichnet einfach gleichmäßige Linien an den Rücken und ritzt dann mit der Dreieckfeile Linien rein. Man kann auch die Rundfeile nehmen oder die Seiten abschrägen. Es gibt wohl etliche Möglichkeiten eine Daumenrampe zu machen. Mir gefällt diese Version ganz gut.




    on den nächsten Schritten hatte ich keine Bilder gemacht weil sie
    eigentlich selbsterklärend sind. Schleifen bis 1000er Körnung mit immer
    feinerem Papier und immer jeweils Kreuzweise.
    Ich muss zugeben, ich hab noch paar Knatschen drin von der Feile oder
    dem Groben Schleifpapier. Ich hatte keine Lust wegen der paar Striche
    jetzt alles noch mal von vorne anzufangen. Das Messer ist Rostträge und
    es soll eh ein Arbeitsmesser werden, da find ich die paar Schärtchen
    nicht so schlimm.



    Als nächstes Löcher bohren. Wenn man keine feste Vorrichtung für den
    Bohrer hat und mit der Hand bohren muss, ist es gar nicht so einfach
    gerade im 90 ° Winkel zu bleiben. Allgemein ist Metallbohren nicht so
    einfach. Vor allem verhält sich jeder Stahl anders beim bohren.
    Man sollte immer etwas Wasser dabei haben um zu kühlen. Vor allem bei
    Lufthärtenden Stählen sollte man lieber zu langsam als zu schnell
    arbeiten, denn eh man sich versieht hat man das Metall überhitzt, es
    härtet aus und man kann vergessen hier weiter zu bohren.



    Die äusseren Löcher sind für die Hohlnieten, der Rest um den Griff leichter zu machen.
    Nachher habe ich noch die Kanten der Löcher mit dem Senker abgeglättet.



    Jetzt kanns ab zum härten.


    Nach dem härten hatten die Messer noch diese Anlassfarbe und die wurde mit 1000er Nasspapier weggeschrubbt.



    Der nächste Teil war die Griffmontage. In meinem Fall war das Micarta mit 6mm Hohlnieten.
    Als erstes musste der Vorderteil der beiden Griffhälften genau
    aufeinander angepasst und bereits in Form gebracht werden, da man
    nachher wenn die angepappt sind keine Möglichkeit mehr hat etwas an der
    Form zu ändern.




    Mit Klebeband festgehalten und mit der Flex die Rundung ausgearbeitet.
    Als nächstes kommen die Löcher für die Nieten.



    Hier wurd jeweils immer eine Hälft mit Schraubzwinge angebracht und
    durchlöchert. Wichtig ist es nachher zu testen ob die Nieten auch passen
    würden, bevor man mit 2 Komponentenkleber rummatscht und feststellt
    dass man Scheisse gebaut hat.



    Die Oberfläche des Nietrohres habe ich mit der Feile aufgerauht damit der Kleber nachher besser greift.



    Dazu habe ich die Nieten etwas angespitzt mit der Flex damit sie besser durch die Löcher kommen.



    Das zusammenbasteln der Griffhälften mit 2K Kleber ist ein bischen knifflig und man muss schnell sein bis es zu fest klebt.
    Die zusammengesteckten Griffhälften werden nun mit Schraubzwingen
    angepresst, damit sie möglichst dicht am Erl sitzen und es keine Lücken
    gibt.



    Nach 24 Stunden ist der Kleber ausgehärtet und man kann dem Griff die Form geben.



    Die Groben Stücke hab ich mit der Säge abgemacht, wobei ich feststellte das eine Metallsäge deutlich besser funktioniert als eine Holzsäge bei Micarta.



    So langsam ziehts ja nach Griff aus. Den feineren Übergang zzwischen Griff und Erl machte ich mit der Flex. Der Staub dabei ist echt übel. Man sollte auf jeden Fall einen Mundschutz tragen.




    Als nächster Schritt wird dem Griff die nötige Rundung gegeben und die
    Nieten auf die selbe Dicke wie das Micarta gebracht. Zuerst mit der
    Flex, nachher mit Schleifpapier.



    Als letztes gibt man der Klinge den Anschliff. Das sollte man
    idealerweise mit einem geführten Schleifsystem machen. Bei 60 HRC hat
    mir das zu lang gedauert, drum habe ich (achtung extrem unorthodoxe
    Methode), den Grobschliff mit der Flex gemacht und dabei stets drauf
    geachtet dass sich die Temperatur nicht zu stark ändert. Danach mit Banksteinen von Hand abgezogen so dass Rasierschärfe vorhanden war.



    Und so sieht dann nachher die fertige Klinge aus.






    Nachtrag: Die große Klinge gibts nicht mehr, die hat mein Hüftknochen zerlegt als ich mal bei nem BCP Treffen drauf gefallen bin als ich es am Gürtel trug :D
    Das kleine lebt nach wie vor und hat mich schon bei so mancher Reise begleitet und hält die Schärfe super.




    Ich denke aber ich werde in Zukunft eher Carbonstahklingen herstellen, weil für mich das selber härten fast der größte Spaß an der ganzen Geschichte ist, bzw. hab ich auch noch so einiges nachher gebastelt was ich selbst gehärtet hab:





  • Ich finde es eine super Anleitung, nicht nur für Newbies. Gerne würde ich dennoch zwei Punkte ergänzen, da ich manchmal zu schnell zum Ziel gelangen wollte und dann mitunter gefährlich gehandelt habe.


    Stichwort "Löcher in den Rohling bohren": Der Rohling muss dabei auf ein Trägerholz geschraubt oder fest eingespannt werden. Gerade bei Verwendung von billigen Bohrern frisst sich der Bohrer gerne mal in den (zukünftigen) Griff und dann hat man eine Art Motorsense an der Ständerwerkbohrmaschine hängen, wobei auch die noch ungeschliffene Klinge einen Finger/die Hand stark verletzen kann (ich spreche aus Erfahrung - also bitte nicht so dumm wie ich sein... ;) )


    Stichwort "Micarta/Stäube": Micartastaub steht mittlerweile im Verdacht hochtoxisch zu sein (sämtliche Stäube will man nicht in der Lunge haben). Es gibt Berichte, wonach die Messerhersteller, die noch Micartagriffe anbieten, ihre Preise anheben mussten, da sie in geeignete Abzuganlagen investieren mussten. Seit ich das gelesen habe, verarbeite ich das Material nicht mehr. Von den heimischen Hölzern sind ebenfalls Eiche und Buche (sowie Eibe, wird aber seltener für Griffe genutzt) im Verdacht, krebserregend zu sein (also die Stäube). Bei sämtlichen tierischen Materialien (Knochen, Horn), können über die Stäube Krankheiten (z.B. Knochenkrebs) übertragen werden. Klar: klingt jetzt nach "Lass mal die Kirche im Dorf, Alter!", ich nehme es mittlerweile jedenfalls nicht mehr auf die leichte Schulter. Also: Nicht in eine teure Atemschutzmaske zu investieren, scheint... kurzsichtig. (Asbest galt ja auch mal als Wunderfaser... (in Russland übrigens immer noch, in der EU seit '92 nicht mehr ;) )


    OK, entschuldigt das Sicherheitsgelaber, aber es wäre ja schade, wenn jemand sein Traummesser mit Verletzungen oder so "bezahlen" würde.


    Alle Grüße
    :dolldrueck:

  • Hallo,


    eine Staubmaske sollte bei allen stark staubbildenden
    Maßnahmen getragen werden. egal welches Material.


    Hysterie sollte aber mit dem krebserregend nicht ausgelöst werden.
    Eibenholz ist nicht giftiger als normale Hölzer, so die Aussage
    der Holz Berufsgenossenschaft.


    Bei Handschliff braucht es bei keinem Holzmaterial
    besondere gesetztliche Schutzmaßnahmen.


    Gruss
    Konrad

    Wer nicht will, findet Gründe, wer will, findet Wege!

    Member of the "Arctic Circle Society"!

  • Gute Anleitung @Desertstorm . Und auch die Sicherheitsanmerkungen von @Konradsky und @o:dee sind wichtig.
    Und damit ich auch ein Senf dazu gegeben hab:
    Nehmt euch zeit und macht alles so gut ihr könnt. Sonst ärgert ihr euch nacher.
    Plant das Messer besser bevor ihr den Stahl bestellt, das kann etwas Geld sparen und etwas Zeit.