Wie bei meinem Beitrag zu dem Film "Rambo First Blood" ( Rambo First Blood - eine Film und Messer-Geschichte ) bereits hingewiesen, erzeugte das im Film verwendete Messer von Jimmy Lile ein solch großes Interesse, dass viele Hersteller kurz darauf ein ähnliches Messer-Modell in ihr Programm aufnahmen. Selbst traditionsbewusste Hersteller wie Buck oder auch Gerber wollten dabei nicht hinten anstehen wie z.B. das Modell von Buck "184 Buckmaster Survival" und die Gerber LMF-/BMF-Serie, siehe z.B. hier: lederundmehr.wordpress.com/tag/gerber-lmf/
Auch Al-Mar brachte etwas in dieser Richtung heraus, siehe: worthpoint.com/worthopedia/vin…reen-beret-knife-38565236
Aitor begann im Jahr 1985 eine ganze Reihe von Survivalmesser-Modellen auf den Markt zu bringen, die bis heute erfolgreich produziert werden:
Siehe z.B.: aceros-de-hispania.com/jungle-king-knife.htm
Während die meisten Modelle anderer namhafter Hersteller, die seinerzeit in Umlauf waren, schon längst vom Markt verschwunden sind, konnte sich Aitor bis heute mit seiner Modell-Reihe von Überlebensmessern halten, also abgesehen von den Billigteilen die es ebenfalls nach wie vor gibt.
Solche Survivalmesser oder abfällig als "Rambo-Messer" bezeichnete Messer-Modelle sind heute insbesondere innerhalb der Bushcraft-Szene denkbar verpönt.
Anfang der 80er Jahre als dieser Trend durch den Film losgetreten worden war, sah das noch ganz anders aus. Zum einen gab es insgesamt nur ein Bruchteil von dem was heute auf dem Markt erhältlich ist, wie z.B. die klassischen Fahrtenmesser, eine handvoll traditionsreiche skandinavische Messer, Jagdmesser und dann noch ein paar Randerscheinungen wie Wurfmesser oder dergleichen. Der Begriff "Bushcraft" war noch ebenso weit entfernt wie das Verständnis über sogenannte "Bushcraft-Messer".
Was aber damals schon existierte, war die Faszination die Messer generell ausüben und man war grundsätzlich froh, um jede Neuerung auf dem Markt.
Vor allem aber dachte man noch nicht in bestimmte Bahnen und hatte keine Scheu vor Messern mit großer Klinge - ganz im Gegenteil.
Ich weiß noch sehr gut, wie ein damaliger Kumpel so 1986/87 mit einem Male als ich ihn besuchen war, ein "Jungle King II" hervor holte um mir seine neueste Errungenschaft zu zeigen. Ich war beim Anblick fast sprachlos... Das Messer an sich empfand ich alleine schon äußerst attraktiv, aber dann auch noch das dazugehörige Survival-Zubehör und das Gesamtkonzept mit dieser integrierten Schublade in der Scheide - ich war direkt ganz angetan und diese Begeisterung hält, trotz der zwischenzeitlichen Entwicklung auf dem Messermarkt bei mir bis heute an.
Es sollte aber noch etwas dauern bis ich mir ein eigenes anschaffen konnte. Bis dahin bewunderte ich jedes mal wenn wir draußen unterwegs waren, das Exemplar meines Freundes. Einmal fanden wir auf einer mehrtägigen Wanderung auf der Suche nach Wasser im Wald einen Schacht in dem Wasser stand. Allerdings lag der Wasserspiegel ein gutes Stück unter uns und es gab keine Leiter oder andere Möglichkeit herunterzusteigen um unsere Flaschen aufzufüllen. Aber wir hatten ja das Aitor-Messer dabei und damit sowohl ein Stück Schnur, als auch Wasserentkeimungstabletten im Hohlgriff, et voila!
Dass all dies mit diesem Messer vor Ort spontan möglich war, weil alles dafür notwendige (abgesehen von der Wasserflasche) daran mitgeführt wurde, hatte mir ungemein imponiert, wie bereits zuvor beim Film "First Blood", was der Hauptdarsteller John Rambo mit seinem Messer auf seiner Flucht durch die Wildnis alles damit bewerkstelligen konnte.
Dann hatte ich schließlich endlich die Gelegenheit über einen Bekannten der bei einem Outdoorladen Prozente bekam, etwas vergünstigt an ein eigenes Exemplar zu kommen und war stolz wie Oskar.
Es war aus der Schachtel heraus bereits so scharf, dass ich mir erst mal so derbe in den Finger geschnitten habe dass in der Fingerkuppe für über ein halbes Jahr das Gefühl taub war.
Später bekam ich die Gelegenheit zu einem guten Preis an ein gebrauchtes "Jungle King I" heran zu kommen und in diesem Zuge dafür mein "Jungle King II" verkauft.
An dem Einser gefiel mir im Vergleich zum zweier die größere Klinge, die Bowie-Klingenform, aber vor allem allem, das erweiterte Zubehör, insbesondere das größere Beimesser und der Magnesium-Feuerstarter.
Diesem Modell bin ich bis heute treu geblieben und ich habe im Laufe der Zeit ein regelrechtes Hobby entwickelt, mir zu überlegen, wie ich das Zubehör optimieren könnte.
Dazu habe ich einen eigenen Beitrag erstellt.
Siehe hier: Aitor Jungle King 1 - Modifikationen
Beschreibungen zu den Eigenschaften und dem Zubehör gibt es zu Hauf im Netz, auch und gerade bei Youtube.
Die ersten Modelle hatten noch eine Rückensäge mit dreieckigen Sägezähnen, die neueren Modelle weisen eine Rückensäge mit halbrunden Ausfräsungen auf.
https://www.filofiel.com/tiend…00bb507hhjh89tcf43c00vh26
Mir persönlich gefällt optisch die alte Ausführung besser, aber die aktuelle Rückensäge funktioniert allen Unkenrufen zum Trotz erstaunlich gut!
Ich selbst bin glücklicher Besitzer einer alten Version in einem sehr guten Zustand.
Im Gegensatz zur aktuellen Version weist die Klinge noch eine etwas andere Klingengeometrie auf und zwar ist die gesamte Klinge leicht flach geschliffen und hat einen runden Übergang zum Anschliff. Insgesamt macht die neue Version von der Verarbeitung her auf mich einen etwas groberen Eindruck.
Auf der Klinge ist als Angabe zum Stahl aufgedruckt: "Inoxidable Stainless Steel"
Auf diversen Seite wird angegeben dass sich dahinter ein 440C-Stahl verbirgt.
Ich bin auf einer dieser Seiten mal auf die Behauptung gestoßen, dass die Qualität des Stahls bei der alten Ausführung besser wäre, konnte dafür aber keinen Beleg finden.
Man kann den Stahl zumindest sehr scharf abziehen, siehe:
Insbesondere aus heutiger Sicht wird ja oftmals sowohl der praktische Nutzen als auch die Stabilität angezweifelt.
In der Tat stellt die Verbindung zwischen Klinge und Hohlraumgriff bekanntermaßen grundsätzlich eine potenzielle Schwachstelle dar, aber Aitor hat offenbar eine Methode gefunden um beide Teile dauerhaft stabil genug zu verbinden.
Ich habe aktiv nach Schäden gesucht, die bei der Benutzung aufgetreten sind, konnte aber bisher weder Berichte von Brüchen finden, noch über auftretendes Spiel im Bereich der Verbindungstelle.
Was ich allerdings erlebt habe, ist ein kleiner Ausbruch an der Schneide eines "Jungle King 2" von einem anderen ehemaligen Kumpel. Konnte er herausschleifen.
Man muss dabei jedoch bedenken, dass das "Jungle King 2" einen Hohlschliff ausweist mit der bekannten Empfindlichkeit.
Dann habe ich mal auf einem Treffen ein "Jungle King 2" gesehen, dass zum Verkauf angeboten worden war, bei dem ein Teil vom Fingerschutz abgebrochen war. Ich nehme an, dass damit mal geworfen worden ist.
Diesbezüglich gibt es zu bedenken, dass der Griff beim Zweier-Modell, also dem kleineren Modell, aus einer Aluminium-Magnesium-Legierung besteht und beim Einser-Modell aus Stahl und somit deutlich stabiler ausgeführt ist, was jedoch wiederum mehr Gewicht ins Spiel bringt.
Beim "Jungle King 1" ist mir bisher nichts dergleichen untergekommen und ich habe viele Berichte gefunden, wo Leute gesagt haben, dass sie es nicht nur intensiv benutzt, sondern regelrecht missbraucht hätten und dass das Messer alles unbeschadet überstanden hätte.
In der Zeitschrift "ARMAS" erschien bereits 1985, also im Jahr als das "Jungle King 1" gerade erst auf den Markt gekommen war, bereits ein ausführlicher Test, der das Messer auf Herz und Nieren prüfen sollte:
http://armasblancas.es/index.p…ria-de-un-cuchillo-mitico
Leider auf spanisch, aber es scheint so, als ob dieser Test mit Erfolg bestanden worden wäre.
Unter anderem wurde das Messer im Boden steckend mit einem Tritt aus der Erde befördert.
Auf dem entsprechenden Foto in dem Artikel sieht man deutlich die Verformung durch die auftretende Energie:
Auch dies scheint das Test-Modell ohne bleibende Schäden überstanden zu haben.
In der Zeitschrift "Knives" erschien 2015 ein Artikel zum "Aitor Jungle King 1" in welchem man der Frage nachging, weshalb die Aitor-Messer die einzigen Überlebenden der Überlebensmesser aus dem Boom der 80er-Jahre sind.
Der Artikel kann über einen Link auf dieser Seite in vollständigem Umfang abgerufen werden:
https://us9.campaign-archive.c…320409350c5&id=b57cf004db
Ab Seite 34 incl. Video!
Insbesondere das Modell "Jungle King 1" gab es im Laufe der Zeit in vielfältigen Ausführungen von denen viele heute bedauerlicherweise nicht mehr erhältlich sind.
Unter anderem gab es ein Modell in Flecktarn und Ausführungen mit einer Lederscheide!
Hier gibt es eine Fülle an Informationen und Abbildungen bis hin zu den Entwürfen und Prototypen aus der Entwicklungsphase:
http://bacotacticoscuchillos.b…-i-aitor-jungle-king.html
Der Google-Übersetzer leistet dabei gute Hilfe.
Es gibt einige Seiten in spanischer Sprache, die sich intensiv mit den Überlebensmessern von Aitor auseinandersetzen.
Auf vielen davon wird unter anderem darauf hingewiesen, dass das Modell "Jungle King 1" sogar von einigen Militäreinheiten benutzt wird, unter anderem bei der Marine, was sicherlich nicht nur die Zweifler an solchen Messer-Konzepten verwundern dürfte.
EDIT:
Der Vollständigkeit halber muss ich allerdings zugeben, dass das "Jungle King 1" im Gegensatz zum "Jungle King 2" nicht nur recht groß sondern vor allem auch schwer ausfällt. Es hängt mit merklichem Gewicht am Gürtel, so dass sich aufgrund dessen, das Bestreben aufdrängt, das Messer doch eher am oder im Rucksack zu verstauen. Dann jedoch erübrigt sich im Grunde die Idee die diesem Konzept zugrunde liegt, eben im Notfall, falls man vom Gepäck getrennt werden sollte, noch eine Notfallausrüstung am Körper zu tragen.
Hier wäre sicherlich ein Modell wünschenswert, dass von der Größe her zwischen diesen beiden Ausführungen angesiedelt wäre.
Tatsächlich gab es mal ein solches Modell names "Bucanero", siehe:
https://ninjamall.wordpress.co…ah-konsep-pisau-survival/
Sieht aus, wie ein größeres "Jungle King 2" bzw. wie eine Mischung aus dem Einser und dem Zweier, wird jedoch leider nicht mehr produziert.
Dann bleibt noch die Frage nach dem Sinn eines Hohlraumgriffs bzw. die Frage ob es sich lohnt, für das bißchen Stauraum das man dadurch gewinnt, soviel potentielle Stabilität aufzugeben.
Dies kann objektiv nur verneint werden, denn ebensogut könnte sich der dafür vorgesehene Kleinkram ja auch in einem separaten wasserdichten Behältnis befinden, das wiederum in einer Tasche auf der Messerscheide verstaut wird.
Zudem birgt der runde Griff, obwohl er sich füllig und angenehm greifen lässt, die Gefahr dass das Messer z.B. unter nassen Bedingungen in der Hand ungewollt rotiert.
Übrigens war die Idee eines Messers mit wasserdicht verschließbarem Hohlraum im Griff Anfang der 80er Jahre nicht neu, denn bereits in den 30er/40er Jahren gab es in den Staaten Jagdmesser mit einem hohlen Griff zur Unterbringung von Streichhölzern.
Trotz dieser Nachteile bleibt trotzdem die Faszination eines solchen Messer-Konzeptes auch heute noch bestehen.
Letztlich bleibt zu sagen, dass Aitor mit dieser Modell-Reihe ein Stück Messer-Geschichte geschrieben hat und ich persönlich bin der Ansicht, dass es sich dabei um eines, wenn nicht sogar um DAS der wenigen Konzepte in dieser Richtung handelt, die nicht nur gut durchdacht, sondern auch gut umgesetzt worden sind/ist.
Es lässt sich sogar mit Hilfe der Kunststoff-Scheide ein improvisierter Wasserfilter umsetzen, siehe hier: