Messer-Review Roselli "Leuku Groß"

  • In diesem kleinen Review möchte ich euch meine Erfahrung mit der größeren Version des Leuku-Messers der Firma Roselli schildern.


    Leuku-Messer sind die traditionellen Allzweckttools der Rentierhirten im finischen Teil des Polarkreises, den Sami.
    Die größeren aber meist relativ leicht dimensionierten Messer werden hauptsächlich zum Schlachten und Markieren von Rentieren verwendet. Außerdem zum schneiden von gefrorenem Fleisch und Fisch. Generelle Aufgaben die draußen im täglichen Leben anfallen werden natürlich ebenso damit erledigt.
    Im Normalfall haben die Hirten auch zwei Messer, ein kleineres Puukko und eben ein größeres, das Leuku.


    Das Leuku von Roselli mißt 312mm und wiegt inkl Lederscheide 307 Gramm.
    Die Klinge ist traditionell aus Kohlenstoffstahl mit einer Härte von 59 grad Rockwell. Der Griff aus Birke ist zwar einfach geformt, liegt aber sehr gut in der Hand. Gerade wenn man mit Handschuhen arbeitet ist ein so schlichter Griff von Vorteil!
    Der Schliff ist ein Hybrid zwischen Convex und Skandinavisch.
    Dieser ähnelt stark denen, die bei schwedischen Äxten angebracht sind.


    Ich habe mit dem Messer bei zahlreichen Gelegenheiten Fleisch, Fisch und Holz bearbeiten können und war nach der Obligatorischen Eingewöhnung an das neue Tool schon sehr zufrieden.
    Beeindruckt hat mich, dass der Schliff keinerlei Ausdrücke aufwies nach dem ich damit zwei Stück Rehwild draußen bei Minusgraden zerwirkt habe.
    Auch auf Holz macht das Messer was es soll.
    Spalten und auffächern geht beides sehr gut.
    Das Messer hält seine Schärfe zufriedenstellend und nimmt auch eine sehr gute Schärfe an.


    Einige Kleinigkeiten fielen mir negativ auf. Als erstes war das Messer für skandinavische Verhältnisse recht stumpf "out of the box".
    Das lässt sich zwar fix beheben, aber fällt halt negativ auf.
    Auch wenn ich kein Freund von Parrierelementen bin, so würde ich mir bei diesem Messer definitiv eines wünschen.
    Arbeitet man mit nassen oder blutigen, schleimigen Händen oder eben mit dicken Handschuhen, dann macht sich ein Handschutz schon ganz gut.


    Jemand der ein kräftiges, brauchbares Arbeitsmesser mit skandinavischem Charme sucht für den ist dieses Leuku echt was!


    In diesem Sinne
    kaikkea hyvää!

    • Offizieller Beitrag

    ...hab mich verliebt...aber in ein Puukko 8o ...

    Mandelaugen, du brichst mir das Herz! ;( :P :P :D


    Zum Thema: Gerade durch seine Schlichtheit gefällt das Messer mir. Aber ein jagdlicher Einsatz bzw.Schlachten käme aufgrund des fehlenden Parierelements für mich nicht in Frage. Die Gründe hat fjellstorm bereits angeführt. Das Argument des jahrhundertelangen Nutzens zählt nur sehr bedingt. Es war (und ist) schlichtweg einfacher ohne Fingerschutz zu bauen. Da geht man das höhere Verletzungsrisiko einfach ein.


    Danke fürs Vorstellen!

  • @Friese...heut machst Du doch Paarschippen 8o


    Ich bin kein Messerfreak und habe insgesamt nur 4 Stück, aber als ich das gestern sah, wurde mir klar, warum ich mit meinem Mora
    nicht warm werde...da steckt keine Handwerksseele drin und zuviel Plastik. Das Messer hier, da kann ich ne Beziehung aufbauen, hegen und pflegen, weil es
    was besonderes ist und davon brauch man nicht viele, wird ein Lieblingsstück. Super gefällt mir die Klingenlänge und die Schlichtheit.


    Mal schauen, was ich verkaufe, weil es gibt nix neues, wenn dafür nix altes geht und Geburtstag kommt auch noch :)

  • Nochmal zum Thema traditionelle Griffe und Griffformen. Man darf dabei nicht außer acht lassen das die Menschen die mit der Werkzeugen aufwachsen tlw nie was anderes benutzt haben und daher auch damit instinktiv umgehen können. Habe noch ein Messer mit so einem Traditions-Griff. Im Querschnitt Ei-Förmig; länger als man normal braucht, das aber wiederum wegen dem Handschuh-Gebrauch so sein muss. Natürlich wieder ohne Handschutz. Von einem passionierten Jäger gebaut der das halt für nicht nötig hält. Denke mal da muss man sich einfach über lange Zeit dran gewöhnen und aufpassen. Wenn es dann aber mal passiert das man mit seiner starken Hand in so eine Klinge rutscht.. kann sich jeder vorstellen was dann los ist.

  • Hallo @fjellstorm, vielen Dank für den Einblick. Optisch ein echter "Hingucker"! Das kleinere vordem beiden interessiert mich aber noch mehr. Kannst du bei Gelegenheit ein paar Bildchen davon einfügen?
    LG

    Wenn du die Wahl hast, ob du recht behalten oder freundlich sein sollst, wähle die Freundlichkeit.
    Wonder - R. J. Palacio

  • @fjellstorm hats ja erwähnt: Gerade mit Handschuhen machen diese Griffe mehr Sinn. Und zu der Zeit damals, gabs halt nur Fäustlinge. Und wärmer als heute wirds am Polarkreis wahrscheinlich auch nicht gewesen sein.

  • Richtig erwähnt mit den Fäustlingen. Aber wie gesagt deutlich safer ist das ganze mit Handschutz; dieser muss garnicht groß sein je nach Anwendung halt.


    @Wurzelgnom
    Hier ein paar Bilder von dem Messer. Das Teil hat mir mein Vater von seiner letzten Russland Reise mit gebracht. Wurde dort von win Schmied nach traditioneller Art gefertigt allerdings für Linkshänder ;) sowas benutzen die Nenzen und Samee auf der russischen Seite.
    Angeblich wäre die Hohlkehle gemacht worden, weil dadurch Material eingespart werden könne. Ob das stimmt kann ich allerdings nicht sagen. Liegt sehr gut in der Hand und ist sehr leicht.

  • Ich habe auch zwei Roselli (Hunter UHC und Hunter UHC lang). Ich mag die Messer sehr gerne. Der Anschliff ist allerdings derart steil und dabei konvex, dass Scheiden nicht wirklich eine Freude ist. Bei deinem Leuku sieht das aus der Ferne genau so aus.


    Das Weglassen eines herausstehenden Fingerschutzes bietet den Vorteil, dass man simple Köcherscheiden nutzen kann, die ein sehr unkompliziertes Ziehen und Versorgen ermöglichen. Und durch den eng geschlossenen Scheidenmund kann kaum Schnee oder Regenwasser eindringen.

    Angeblich wäre die Hohlkehle gemacht worden, weil dadurch Material eingespart werden könne.

    Kann sein. Die haben ihren Stahl früher mühseelig in Rennöfen selber erzeugt und tun das auch heute noch (Tradition, Show). Aber die Jakutischen Schmiede wissen den Grund für diese Klingenform heute selber nicht mehr genau. Bei einem Schmied auf einer russischen Seite habe ich gelesen, das er vermute, es wurde irgendwann einfach die Form früherer Knochenmesser in Stahl umgesetzt, weil diese sich bewährt hatte.


    Bei identischer Materialmenge ist ein C-Profil biegefester als eine konventionelle V-Klingengeometrie. Die Hohlkehle wurde auch beim Essen benutzt, um Knochenmark aus Röhrenknochen zu löffeln. Es lässt sich gefrohrener Fisch und Feathersticks ganz anders schnitzen, durch die asymetrische Klingenform u. v. a. WENN der Umgang damit gewohnt ist. Je nördlicher man komme, desto schmaler sollen diese Klingen werden, damit sie weniger schnell im Schnittgut festfrieren. Heute nutzt natürlich jeder Ewenke und Jakute was er will.


    Edit: Ein Ewenkischer Schmied meinte, die ideale/beliebteste Klingenlänge läge zwischen 13 und 16cm, bei diesen Messern. Ein nussförmiger Griff sei besser als ein ovaler, weil man in der Dunkelheit sofort wisse, wo sich die Schneide befindet.

  • Moin.
    @fjellstorm
    Danke für die Vorstellung.


    Ich habe das Roselli Hunter und das Puukko.
    Das Hunter für alles Mögliche.
    Das kleinere ist ein toller Schnitzer.
    Ich finde die Griffe, gerade beim Hunter, sehr gelungen.


    Das alles kostet kein Vermögen.
    Einzig die Scheiden gefallen mir nicht so toll. Optisch.