Nachdem mein 1ter Teil des Urlaubes im NP Šumava (Link) schon unter dem Motto 'die Wiederentdeckung der Langsamkeit' lief setzt sich dieses Motto im 2ten Teil beinahe nahtlos fort. Trotz motorisiertem Untersatz ging die Geschwindigeit auf div. Schotterpisten nicht über 10-20km/h hinaus Nach langer Anfahrt auf der Autobahn hab ich mein erstes Ziel erreicht, die Auffahrt zur Straniger Alm im Gailtal/ Kärnten - der eigentliche Startpunkt dieses (Off-)Roadtrips liegt also im südlichen Teil Österreichs an der Grenze zur italienischen Provinz Friaul.
Die Piste rauf zur Almwirtschaft war im perfekten Zustand und ich konnte kein einziges Schlagloch entdecken, also offensichtlich erst kürzlich in Stand gesetzt. Ich wurde von einem Landrover Defender raufgescheucht, der tauchte irgenwie direkt hinter mir auf und machte ordentlich Druck. Die Straniger Alm ist bekannt für ihren vor Ort produzierten Almkäse und hier legen viele Fahrer eine Pause ein. Der Hüttenwirt hat mir erklärt dass die Abfahrt über den Passo Polentin auf der italienischen Seite in eher bescheidenen Zustand wäre, mit meinen Subaru Forester aber machbar.
Habe bemerkt dass nach der Straniger Alm sämtliche Weidezäune bereits abgebaut waren und ich fuhr weiter hinauf bis zum Übergang ins nächste Tal und wurde mit herrlichen Ausblicken belohnt. Bin mir nicht sicher ob dieser Abstecher bei Weidebetrieb im Sommer tatsächlich möglich ist?
Was die Abfahrt vom Passo Polentin nach Italien betrifft behielt der Hüttenwirt leider recht: Steil, eng, stellenweise grober Schotter u. tiefe Querrinnen/ Wasserabläufe.
Auf der Anfahrt zu meinem nächsten Ziel verlies ich mich total auf's Navi und landete prompt vor einem Fahrverbotsschild - die Stelle war offensichtlich der Beginn des MTB-Trails oder Wanderweges! Also retour nach Ligosullo und die ehemalige Militärstrasse rauf auf den Monte Paularo genommen die bis über die Skilifte hinaus asphaltiert ist. Dannach beginnt der eigentliche Schotterteil. Schon beim rauffahren drückte der Wind den Nebel über die Gipfel und als ich oben am Plateau ankam war ich leider komplett in der Nebelwolke eingehüllt. Neben dem großen Parkfeld auf ca. 1960m Seehöhe war eine Schafsherde und ich hab den Hirten mit einer Dose Radler und einem vollen Becher Rotwein zutraulich gestimmt damit er nicht auf die Idee kam die Carabineri zu rufen denn ich wollte dort oben campieren. Hab die Idee sofort wieder verworfen nachdem ich bemerkte dass sich auf dem ganzen Platz die Schafsschexxxe gleichmäßig verteilte. Also warme Kleidung an, kurz gekocht und ab ins Auto wo ich dann eher unruhig schlief. Obwohl alle 4 Fenster über Nacht ein paar Zentimeter herabgelassen waren durfte ich morgens ordentlich Kondens von den Scheiben wischen Dafür wurde ich durch einen herrlichen (wenn auch kühlen) Morgen belohnt.
Bin kurz rauf gewandert auf das Gipfelpodest des Paularo welches bereits über 2000m liegt. Der kräftige Wind sorgte für sehr kalte Stimmung und die Relikte aus dem 1. Weltkrieg sind teils noch sehr deutlich in Form von Laufgräben, Unterstandsresten, Tunneleingängen, usw. erkennbar.
Auf dieser Piste hat es 2-3 Schlüsselstellen wo's neben der Piste direkt steil mehrere Hundert Meter den Abgrund runter geht und wenn man abkommt überschlägt sich die Karre nicht bloß 20x Daher poltert auch keiner mit Karacho herum und an unübersichtlichen Stellen schleicht man mit Schrittgeschwindigkeit rüber ...
Der Monte Zoncolan wurde als nächste Hochpunkt angefahren, da sich oben ein großes Skigebiet befindet ist die ostseitige Auffahrt breit wie eine Stadtautobahn und demenstprechend viele Moped-Tourenfahrer unterwegs. Die Abfahrt auf der Westrampe ist zwar asphaltiert aber sehr schmal und nicht nur durch die 3 wirklich engen Tunnel (einspurig!) nach meinem Geschmack Im Tal legte ich Mittagsrast ein und war verwundert als da eine schwere Harley runter kam - wie es dieses Ungetüm durch die engen Serpentinenkurven geschafft hat ist mir allerdings ein Rätsel!
Frisch gestärkt ging's auf Transferfahrt rüber nach Julisch-Venetien, durch das malerische Val Lumiei rauf zum Lago di Sauris und über den Sella di Rioda auf der anderen Seite bei bedecktem Himmel runter nach Lozzo di Cadore wo die Auffahrt zum Hochpunkt abermals etwas 'tricky' zu finden war.
Die Auffahrt Ri Col Vidal ist wie üblich schmal, jedoch durchgehend bis zu den Almwiesen mit Teerbelag versehen. Ich stand erneut unvermittelt vor einem Fahrverbot und dieses Mal sogar mit den üblichen Zusatztafeln die über Aktenzeichen und Beschluss informieren - also was hochoffizielles. Hab mich häuslich eingerichtet, an der Stelle befand sich direkt ein kleiner Parkplatz und ich wollte am nächsten Tag mein Ziel zu Fuß erwandern. Es gab halb-mediterranen Salat mit Prosciutto Schinken u. Ciabatta Brot - halb deshalb weil ich den Balsamiko zu Hause stehen hab lassen. Spät kamen noch 2 Fahrzeuge, es stellte sich heraus dass dies der Hirte + Kumpani war. Der Hirte war Österreicher aus dem Ausseerland und erklärte mir wie ich die Alternativroute zum Col finden konnte und das es ok sei für eine Nacht zu bleiben. Schlief abermals im Auto, das Zelt hatte erneut Pause.
Tag 3 startete anstatt mit Hochnebel mit Talnebel und auf der Wiese neben dem Parkplatz lag sogar etwas Raureif. Da der Tisch am Vorabend bereits zerlegt und verstaut wurde musste ein Abdeckung als ebener Stellplatz für den Espressoperkulator herhalten
Der eigentliche Trail zum Forte zweigt an der Pilgerkapelle ab und führt sogleich durch einen kurzen Tunnel in welchem man dank Kurve nicht sieht ob jemand von der anderen Seite einfährt. Die Ausblicke sind entlang der Strecke sehenswert und ich hab wegen meinem Navigationsfehler am Vorabend einen besseren Campspot verpasst Vor dem ehemaligen Mannschaftsquartier des Forte Col Vidal hat es einen besonders schönen Platz mit traumhafter Rundumsicht.
Im Internet erfährt man dass dieses Sperrwerk bei seiner Errichtung eine der modernsten Anlagen ihrer Zeit war. Die eigentliche Artilleriestellung sieht hingegen zerstört aus, ob absichtlich gesprengt oder im Zuge von kriegerischen Handlungen kaputt geschossen konnte ich leider nicht rausfinden.
Fuhr die selbe Piste wieder retour und direkt weiter zum Rifugio Baion. Dies ist eine alte Sennhütte welche in den 70igern zur Schutzhütte umfunktioniert wurde und eine tolle Lage vor einem zackigen Dolomitengrat hat. Der Schokokuchen m. Cappuccino hat zumindest gemundet. Die Schotterpisten in dem Gebiet sind in vernünftigen Zustand und mit Fahrzeugen mit ausreichend Bodenfreiheit locker zu bewältigen, 4x4 brauchts bei solch trockenen Verhältnissen wie ich sie hatte nicht. In den Sommermonaten ist auf der Verbindungsstrasse ins Tal ein Wechselbetrieb eingerichtet (man kann so gut wie nirgends ausweichen): Vormittags bergan, Nachmittags bergab.
Nach der Abfahrt ging's wieder retour nach Friaul durchs Val Pesarina und über Comeglians und Tualis auf die Panoramica delle Vette (Malga Chiadinis).
Die enge Strasse windet sich einen Höhenrücken Ri Monte Crostis hinauf. Im Tal hatte ich noch bestes Wetter doch drückte der Wind von Norden abermals Wolkenfetzen über den Kamm rüber und ich fand mich von einem auf den anderen Augenblick im Nebel mit Null Fernsicht - grrr! Ich steuerte auf einen Schotterstellplatz etwas oberhalb des Rifugios Chiadinas, da hier bereits ein WoMo in der Nebelsuppe stand. Das Paar aus DE war zuvor am Gipfel und wollte die Nacht ebenfalls hier oben verbringen - ich lud sie kurzerhand auf einen Radler ein und wir hatten nette Gespräche. Am Morgen hat es den Nebel zum Glück ins Tal runter gedrückt und ich erhielt eine Gegeneinladung zum Kaffee den wir ein Stück entfernt einnahmen.
Hier oben verläuft die Piste für ein paar km auf gleicher Höhenlinie und ist geschottert. Man kommt beinahe in jeder Biegung in Versuchung anzuhalten und ein Foto zu schießen
Am Ende des Schotterabschnittes stand ich vor einem Fahrverbotsschild das ziemlich verdächtig nach Baustelle aussah. Anstatt runter nach Ravascletto fuhr ich die gesamte Strecke wieder retour und nahm die Abfahrt nach Tualis was meine Tagesplanung gehörig durcheinander brachte! Bin dann weiter Ri Süden nach Ovaro um bei Mione die Auffahrt zum Passo della Forcella anzutreten. Am Ortsausgang war abermals ein Fahrverbot platziert, hab mich noch kurz mit einem Endurofahrer unterhalten und war schon am umkehren als ein alter Italiener so protzig auf der Strasse stand dass ich nicht vorbei konnte. Wir kamen ins Gespräch und er hat mir in gebrochenem Deutsch erklärt dass ich ruhig auffahren könne und das Fahrverbot ignorieren solle - gesagt, getan! Der Anstieg mit 28% Steigung hatte es tatsächlich in sich: Der Subi roch schon nach ein paar km nach heißem Auspuff, geschliffener Kupplung + Bremse u. vor allem nach Getriebeöl, machte aber die Tortur ohne zicken mit! Wurde oben am Passo mit einem tollen Ausblick ins Tal Ri Tolmezzo und auf die Gipfel der näheren Umgebung belohnt und legte hier Mittagsrast ein.
Weiter ging's auf Schotter über das Almgebiet das optisch echt was hergibt. Hier zeigten sich vermehrt Endurofahrer und sogar 3 Italiener mit aufgemotzten Offroadern waren unterwegs.
Da ich im I-Net gelesen hatte dass Forcella Ielma gesperrt sein soll bin ich gleich den alternativen Übergang Malga Pieltinis angefahren. Obwohl die Strasse nach der Almwirtschaft zum Übergang hoch relativ holprig war hat sich der Abstecher ausgezahlt!
Nachdem ich auf den Pieltinis doch problemlos wenn auch langsam raufkam wollte ich den Forcella Ielma drauf setzen, ist ja eigentlich in unmittelbarer Nähe und das primäre Ziel der meisten Endurofahrer. Bei der Abzweigung an der Hütte war doch kein Fahrverbot angebracht, den Spaß hätte ich mir allerdings schenken sollen: Auf der Straße rauf hat es ein paar sehr tief ausbetonierte Wasserabläufe, bei einem hat der Subi gestreift. Eine weitere Rinne hätte ich beinahe nicht gepackt da sich ständig irgend ein Rad in der Luft befand und am durchdrehen war - der Forester hat leider keine Sperren und auch keine moderne Traktionselektronik die so ein drehendes Rad einbremst damit die Antriebskraft auf die anderen geht ... Bergab geht sowas natürlich einen Tick leichter, da sorgt das Gewicht des Wagens für das Quentchen Bewegung was zur Überwindung der Rinnen notwendig ist
Bei der Abfahrt wollte ich auf der Navi-App nachsehen wie der Weg nach Lateis verläuft und bemerkte dass mein Handy oben am Ielma auf dem dort aufgestellten Picknicktisch liegen blieb - also nochmals hoch, grrr! Übernachtet hab ich diesmal in einem Appartement im idylischen Bergdorf Sauris di Sopra. War auch schon längst überfällig mich zu kultivieren und die Zivilisationstauglichkeit herzustellen
Der 5te Tourtag war zugleich Rückreisetag und ich wollte da noch einen Programmpunkt einfügen und hab einen Teil des sogen. 'Freilichtmuseum des Gebirgskrieges 1915-1917' besichtigt. Auf dem Parkplatz beim Plöckenhaus gab's eine Stärkung und ich bin den 'Landsturmweg' hoch zum Kl. Pal u. Freikofel, das sind ca. 670Hm im Aufstieg.
Der gesamte Gipfelbereich ist überzogen mit alten Stellungen, Unterständen und durchlöchert von Kavernen oder Tunneln. Die Bauten auf österr. Seite sehen zugegeben sehr improvisiert aus, man merkt irgendwie dass diese Defensivwerke in aller Eile ausgebaut wurden:
Die vorderste Linie der italienischen Alpini ist nichtmal 30m vom Horchposten der Österreicher entfernt. Die italienischen Stellungsbauten wirken irgendwie dauerhafter und solider, wurden aber auch zum Teil in Friedenszeiten bereits Jahre vor Ausbruch des 1. Weltkrieges errichtet.
Abgestiegen bin ich Ri Plöckenpass, der Steig war sehr rutschig und feucht, bin 1x so richtig ausgeglitten und auf der Schnauze gelandet Kurz oberhalb des Passes gibt es abermals eine restaurierte Maschinengewehr-Rundumstellung, die sogen. MG Nase:
Insgesamt war die Besichtigung der ehemaligen Frontlinie zwar ein Erlebnis, wenn auch bedrückend wenn man sich vorstellt unter welchen Strapazen da beide Seiten kämpfen mussten!
Auf diesem Roadtrip hab ich 1182km abgespult und damit doch deutlich weniger als auf der Tour durch die Westalpen vor 2 Jahren (Link) zurück gelegt. Der Subaru Forester hat sich für die gewählten Strecken abermals bewährt, auch wenn der Spritverbrauch durch den vollen Dachkorb und das viele zusätzliche Gepäck erneut deutlich höher als im Alltagsbetrieb war. Verglichen mit den Westalpen sind die interessanten Routen in Friaul natürlich kürzer, vor allem was die Passagen auf Schotter betrifft und seehöhenmäßig ist bei ca. 2000m eigentlich Schluss. Viel los war auf dem Monte Zoncolan (durchgehend Asphalt) sowie im Almgebiet Forcella oberhalb des Lago di Sauris wo sogar etwas Westalpenfeeling aufkommt und daher viele Endurofaher anzutreffen sind. An Mopeds waren die BMW GS-Modelle als echte Reiseenduros oder die Honda Africa Twin präsent, am Passo Forcella kam aber auch eine kleine Honda CRF 300 Rally an. 4x4 Offroader sah ich mit Ausnahme der 3 italiensichen Boliden eigenltich keine. Was fuhren die Locals? Erstaunlicherweise sah ich diesmal nicht so viele Fiat Panda 4x4 wie in den Westalpen, am häufigsten traf ich Ducia Duster und diverse kleinere Modelle von Suzuki an.