Wozu braucht man eigentlich 1000+ Lumen?

    • Offizieller Beitrag

    Es macht sicherlich Spaß, nachts den Wald an Stellen, die als Rückzugsort von Tieren genutzt werden, in gleißendes Licht zu tauchen. Mein Ding ist es jedoch nicht. Licht ist auch Teil des ökologischen Fußabdrucks. Gerade im Winter, wenn viele Tiere ihren Stoffwechsel herunterfahren und jede Flucht existentiell am Energiepuffer knabbert, sehe ich eine überflüssige Ausleuchtung sehr kritisch. Von 90% der Fluchten bekommen wir nichts mit. Und trotzdem sind sie Realität.

  • jetzt hast du das OT aber begonnen @Friese
    Rein aus Interesse: bist du dann auch für ein generelles Jagdverbot in der Nacht um Wildtiere nicht zu stören (ich weiss, du machst das sowieso nicht) oder sogar ein generelles Fahrverbot in der Nacht auch für den Forst und Jagd?

  • Hallo zusammen,


    hierzu nur ein kleiner Vergleich, um das ganze vielleicht in Relation zu bringen.
    Beruflich habe ich viel mit der Straßenbeleuchtung zu tun.
    Ich habe hier LED-Leuchten, die sind auf 6 Meter hohe Stahlmasten montiert mit einem Mastabstand von 25 m.
    Die einzelnen Leuchten strahlen jeweils mit einem Lichtstrom knapp über 1.800 Lumen.
    Jede Leuchte bestrahlt eine Gesamtfläche von mindestens 250 m² mit einer mittleren Lichtstärke von 3,0 Lux und eine Mindestlichtstärke von 0,6 Lux (Dies ist immer noch 3 Mal heller als Mondlicht)
    Ein Vollmond bei klarem Nachthimmel leuchtet die gleiche Fläche mit 0,2 Lux aus. Diese Helligkeit reicht wiederum um auch die Zeitung lesen zu können.


    Auf was ich hinaus will?
    Mir ist bisher keine Situation als Nachtwanderer oder als "Im-Wald-Übernachtler" vorgekommen, wo ich eine hellere Leuchte benötigt habe, als mein Kopflampe mit ihren 70 Lumen.
    Generell wenn ich solo unterwegs bin, lasse ich das Licht einfach aus. Nach einer halben Stunde ist das Auge ganz gut auf Nachtsicht eingestellt und wenn man auf den Waldwegen bleibt, braucht man selbst bei bedeckten Himmel kein Licht.
    Wenn ich dann abseits der Wege mein Lagerplatz suche, schalte ich nur das Rotlicht ein um den Weg unmittelbar vor den Füßen auszuleuchten.
    Beim Lagerplatzaufbau reicht ebenfalls das Rotlicht aus.
    Das blöde mit den starken Leuchten finde ich, dass man sofort blind ist, wenn man sie ausschaltet und erst wieder 20 Minuten braucht um die natürlichen Nachtsicht wieder zu bekommen.


    Also mein Fazit, ICH kenne keine BUSHCRAFT Situationen, wo man eine Leuchte mit 1000 Lumen benötigt.


    Ich würde behaupten, dass der Angst vor der Dunkelheit und alleine im dunkeln Wald unterwegs zu sein die Hauptmotivation für den Einkauf von vielen Lumen ist.
    Wenn ich Angst vor anderen Menschen habe, hilft mir das Licht nichts. Dadurch werde ich eher wie einen Leuchtturm aus weiterer Entfernung wahrgenommen. Der, der sich rechtseitig hinter einem Baum im Dunkeln versteckt, wird auch nicht von der Taschenlampe mit 1.000 Lumen erfasst.


    Cheers Mike

  • @MacGyver sehr schön geschrieben und erklärt.


    Ok, weiter oben meldeten sich Mountenbiker, die brauchen mehr Licht, wenn sie in der Dunkelheit mit dem Rad durch den Wald fahren.
    Ja stimmt. Nur inwieweit ist es für das Wald leben gut?
    Kenne es von früher vom Schlittenhundesport, da versuchten wir auch relativ helle Stirnlampen zu haben.
    Dort gibt es auch Nachtrennen. Auch die Tiere müssen anständig versorgt werden.


    Aber so, nur alleine mit Rucksack unterwegs gebe ich Dir voll Recht.
    Je Dunkler, um so weniger wird man entdeckt und um so weniger stört man die Umgebung / Natur

  • ......... Von 90% der Fluchten bekommen wir nichts mit. Und trotzdem sind sie Realität.

    Das muss erstmal belegt werden. Hier flüchten weder Reh noch Sau, egal ob sie direkt oder indirekt angestrahlt werden. Da wir keine Straßenbeleuchtung haben kommen wir nicht ohne Kopf-oder Taschenlampen aus.


    Meistens nutze ich die niedrigen Stufe oder das Rotlicht, ab und an gibt es aber durchaus Situationen wo eine starke Lampe wichtig ist.

  • Das muss erstmal belegt werden. Hier flüchten weder Reh noch Sau, egal ob sie direkt oder indirekt angestrahlt werden.

    Dann hast du bestimmt Fotos von friedlich äsenden Tieren im Flutlicht von wenigstens einer der vielen Exkursionen die so gemacht wurden um das Gegenteil der Aussage eines langjährigen Jägers und belesenen Menschen zu Beweisen oder ope?

  • Ich glaube, Tiere flüchten so oder so, ob sie angestrahlt werden oder nicht, weil sie Nachtwanderer wahrnehmen, bevor der Nachtwanderer sie mit weiß-nicht-wie-viel Lumen anstrahlt.


    Es kommt m.E. darauf an, wozu man es braucht: Im Normalfall im Wald würde ich eine lahme Funzel vorziehen, fühle mich aber sicherer, wenn ich meinen Scheinwerfer für den Fall der Fälle in der Hosentasche habe.


    Wenn ich nachts schnell über's Feld radele, sind mir ganz viele Lumen gerade recht, da ich mit mehr Lumen mehr Straße sehen und deshalb schneller fahren kann. Wenn ich nachts im Straßenverkehr mit dem Rad unterwegs bin, sollte es am liebsten heller als Fernlicht sein, damit mich das Fernlicht entgegenkommender Autos nicht in den Straßengraben wirft.



    Das Baumkind

  • Dann hast du bestimmt Fotos von friedlich äsenden Tieren im Flutlicht von wenigstens einer der vielen Exkursionen die so gemacht wurden um das Gegenteil der Aussage eines langjährigen Jägers und belesenen Menschen zu Beweisen oder ope?

    Warum sollte ich sie mit einem Blitz verschrecken? Die Tiere stehen bei uns am Gartenzaun trotz Terassenlicht.
    Wer schonmal hier war weiss das dem so ist.
    Seltsamerweise haben wir bei Treibjagden hier auf unserem Grundstück die Tiere dort ruhen wo nachts permanent Autoscheinwerfer hinleuchten wenn wir ankommen oder weg fahren. Sie könnten ja noch 100m weiter im Wald Lager beziehen, tun sie aber nicht.
    In der Nähe meiner Eltern laufen Wildschweine am Gasthaus Anglerklause ganz ruhig vorbei trotz Diskothekenbeleuchtung.
    Ich denke das ist eine Frage der Gewöhnung und kann nicht pauschalisiert werden.

  • @ope


    Aber hier geht es, so wie ich es verstanden habe um mobile Lichtern ala Taschenlampe / Stirnlampe.


    Da sehe ich schon noch einen Unterschied, ob irgendwo eine Beleuchtung estellt installiert ist oder plötzlich irgendwo mitten im Wald mal ein heller Scheinwerfer eingeschaltet wird, wo sonst nie ein Licht ist.



    P.S. Und ansonsten, wenn eine Sache mit Scheinwerfer ausgeleuchtet ist braucht es für ein Foto keinen Blitz.

  • Zum Flüchten: Ich glaube, Tiere sind sehr wohl in der Lage zu erkennen, ob Menschen ihren eigenen Angelegenheiten nachgehen oder nicht.


    Wenn ich nachts über's Feld rase, höre ich es links und rechts überall rascheln, piepen, rufen. An manchen Stellen ist regelrecht Party im Gange. Weder Autoverkehr noch ich scheinen die Tiere in irgendeiner Art und Weise zu stören. Sobald ich jedoch anhalte, wird ist es sofort mucksmäuschenstill im Feld.


    Das Baumkind

    Nicht lamentieren, sondern fakturieren.

  • Ich bezog mich auf das ,,muss erst Bewiesen werden,, kam mir so vor als wenn du in Frage stellen würdest das ein Tier was etwas erlebt das nicht für sein Lebensraum normal/natürlich ist nicht verschreckt werden. Bei uns im Stadtwald gibts auch Rehwild was man quasi per handfüttern kann. Das ist aber nicht die Regel. Jedes Tier ist erstmal Lichtscheu bei nacht, wenn dem nicht der Fall ist, läuft da etwas unnätürlich ;)

  • Bei uns ist nix fest ausgeleuchtet ;)
    Wir haben bei uns in der Siedlung keine Straßenlaternen. Es gibt als nur Licht wenn die Lichter der Autos an sind oder eben mit Taschen-oder Stirnlampe.
    Hier sind Wurfkuhlen von Wildschweinen in direkter Nähe zu unseren Fahrzeug Stellplätzen. Dort leuchten die Scheinwerfer direkt in das Weissdorngebüsch in unregelmäßigen Abständen. Und heller als mein Licht am Auto ist keine meiner Taschenlampen.
    Es hält die Tiere trotzdem nicht vom Lagern und sogar gebären ab, ergo gewöhnen sich Tiere an Licht bzw. haben sich schon längst daran gewöhnt.

  • @ope Trotzdem sind diese Autoscheinwerfer wie auch Dein Terassenlicht regelmäßig !!!!


    Und keine mehr oder weniger einmalige Erscheinung.


    Ja, die Tiere haben sich daran gewöhnt - aber an dieser Stelle.
    Und nicht mitten im Wald, wo sonst NIE Licht ist .

  • @ope Trotzdem sind diese Autoscheinwerfer wie auch Dein Terassenlicht regelmäßig !!!!


    Und keine mehr oder weniger einmalige Erscheinung.


    Ja, die Tiere haben sich daran gewöhnt - aber an dieser Stelle.
    Und nicht mitten im Wald, wo sonst NIE Licht ist .

    Nicht regelmäßig sonder unregelmäßig. Gibt ja keine festen Zeiten wann (wir laufen und fahren ja wann wir wollen und unsere Nachbarn auch, nicht nach einem festen Zeitplan) was (je nachdem wo ich hinlaufe oder hinfahre wird ja immer was anderes beleuchtet) wovon (Taschenlampe, Stirnlampe, Autolicht ... )beleuchtet wird.


    Zeig mir hier in Deutschland Stellen wo Wild noch nie mit "Beleuchtung" in Berührung gekommen ist.
    Manchmal schreckt es eben auf und manchmal nicht. Und im seltensten Fall sind Leute bei 120cm Schnee nachts im tiefsten Winter irgendwo im Wald unterwegs.
    Und es wird deswegen auch kaum ein Tier sterben. Erstens weil unsere Winter kaum lange tiefen Schnee haben und zweitens weil hier bei uns fas alle 1000m eine Kirrung steht.

  • Es gibt keine Pauschalregel was die Tiere beunruhigt und was nicht. Auch die Furcht vor dem Jäger ist erlernt. Wir reden hier über komplexe Lebewesen die teilweise sogar den spezifischen PKW dem Jäger zuordnen können! Flucht und Stress bei Tieren sind aber definitiv ein wichtiges Thema, vor allem bei Arten die nur wenig Energiereserven speichern können. Bei extremer Kälte kann eine einmalige (!!!) Flucht bereits ausreichen, dass das Tier (z.B. eine Meise) den nächsten Morgen nicht mehr erlebt. Das ist eine Kausalität, die der normale "durch den Wald Polterer" leider nie wahrnehmen wird.

    Skal hilse fra fjellet – det evige land,
    hvor moskus og jerven har bolig.
    Min lengsel dit inn er blitt som en brann.
    Kun der får jeg fred og blir rolig...


    Jon Ø. Hov

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  • Es gibt keine Pauschalregel was die Tiere beunruhigt und was nicht. Auch die Furcht vor dem Jäger ist erlernt. Wir reden hier über komplexe Lebewesen die teilweise sogar den spezifischen PKW dem Jäger zuordnen können! Flucht und Stress bei Tieren sind aber definitiv ein wichtiges Thema, vor allem bei Arten die nur wenig Energiereserven speichern können. Bei extremer Kälte kann eine einmalige (!!!) Flucht bereits ausreichen, dass das Tier (z.B. eine Meise) den nächsten Morgen nicht mehr erlebt. Das ist eine Kausalität, die der normale "durch den Wald Polterer" leider nie wahrnehmen wird.

    Eben die Pauschalisierung gibt es nicht, danke.


    Dann müsste in Gegenden mit hohem Prädatorendruck permanent Wild durch Flucht verenden. Dies ist auch nicht der Fall.
    Gefährlich wird es für das Wild bei hohen Schneehöhen, tiefe Temperturen alleine reichen da nicht aus.
    Die Furcht vor dem Jäger ist in der Tat erlernt, trägt er aber eine rote Regenjacke statt grünem Loden wird er nicht mehr als Gefahr wahrgenommen. Soweit hier gemachte Erfahrungen.