Immer wieder lese ich hier wieviel Angst irgendwelche Städter davor haben im Wald zu übernachten. Angst ist ein wichtiger Insitinkt, Angst setzt Adrenalin frei und lässt uns Höchstleistungen erbringen, wenn es darum geht unser Leben zu retten. Nur dumm, wenn es gar keine Gefahr gibt, man aber trotzdem panisch im Wald sitzt, denn die Schattenseite von Adrenalin ist ein erhöhtes Herzinfaktrisiko. Also lasst uns mal über die tatsächlichen Gefahren im Wald sprechen.
1. sehr beliebt: Wildschweine
Wildschweine sind Fluchttiere. Wenn ihr im Wald schlaft tun sie euch NICHTS. Sie haben einen Geruchssinn, der weit besser als der eines Hundes ist, d. h. sie riechen euch schon einen Kilometer bevor ihr sie seht oder hört. Der einzige Grund weshalb ein Wildschwein einen Menschen angreift ist Angst, weil das Schwein euch für eine Bedrohung hält. Ein schlafender Mensch, der beim Aufwachen entspannt bleibt, nicht bedrohlich brüllt, sondern sich mit einem entspannten "guten Morgen, könntet ihr euch bitte aus meinem Lager verziehen" zu Wort meldet, der hat nichts zu befürchten, AUSSER, wenn er Lebensmittel herumliegen lässt, denn Wildschweine sind Feinschmecker und riechen nicht nur dich, sondern auch dein Essen Kilometer weit. Wenn sie eine Chance sehen an dein Essen oder essbaren Müll zu kommen, dann werden sie dich nicht neben sich dulden. Deshalb ist es eine gute Idee alles Essbare oder den ganzen Rucksack inklusive Müll über Nacht 1,80 bis 2 Meter hoch aufzuhängen.
2. die schlimmste Gefahr überhaupt: Wölfe
Wölfe könnten euch tatsächlich gefährlich werden, wenn sie sich für euch interessieren würden, tun sie aber üblicherweise nicht, vielleicht weil ihr zu sehr nach Chemie riecht oder weil sie den Menschen als Bedrohung betrachten. Angriffe durch Wölfe sind extrem selten und meist wurden die entsprechenden Tiere vorher von irgendwelchen Idioten "angefüttert", so dass sie die Scheu vor dem Menschen verloren. Wie auch die Wildschweine können euch auch Wölfe Kilometer weit riechen und in der Regel ist es ein riesiges Glück, wenn ihr überhaupt einen Wolf zu sehen bekommt, da sie Menschen meiden. Der Wolf ist ein großer Beutegreifer, wie auch bei Hunden löst eure Flucht bei solchen Tieren den Jagdtrieb aus, daher solltet ihr bei einer Wolfssichtung nicht davon laufen, sondern laut brüllen, aggressiv wirken und euch groß machen, ggf. die Jacke öffnen und wie ein Segel ausbreiten um größer zu wirken. Haltet ggf. eure Hunde an der kurzen Leine, Wölfe hassen Hunde. Sollte ein Wolf in eurem Lager stehen springt auf und brüllt ihn an, aber um ehrlich zu sein ist ein Lottogewinn wesentlich wahrscheinlicher als, dass euch sowas passiert und dann rennt der Wolf mit ziemlicher Sicherheit sofort davon ohne euch ein Haar zu krümmen.
3. der wandelnde Tod: Braunbär/Grizzly/Schwarzbär
Ein Bekannter von mir wurde in den USA gefragt ob es in Deutschland Bären gibt und seine Antwort war: "es gab mal einen Braunbären, er hieß Bruno, aber den haben die Deutschen gleich erschossen." Bären sind damit in Deutschland nachhaltig ausgerottet, aber in Italien, wo auch Bruno her kam und vielen anderen europäischen Ländern gibt es noch Braunbären. Auch Braunbären gehören zu den großen Beutegreifern, für Bären gilt dasselbe wie für Wölfe, NICHT WEG RENNEN, ggf. langsam rückwärts entfernen, sich groß machen oder wenn ihr mehrere seid stellt euch nebeneinander um größer zu wirken. Im Gegensatz zum Wolf sollte man Bären nicht aggressiv anbrüllen, denn ähnlich den Wildschweinen greifen Bären Bedrohungen an, man sollte eher beruhigend auf den Bären einreden. Auf Touren in den USA bekommt man immer wieder zu hören, wir müssen im Wald laut sein, damit sich die Bären nicht erschrecken, wobei das mehr der Beruhigung der Touristen dient als der Bärenabwehr, denn ein Bär hat einen ausgesprochen guten Geruchssinn, allerdings hören und sehen Bären schlecht. Es kann also nicht schaden Lärm zu machen. Auch bei Bären gilt, keine Lebensmittel im Lager herumliegen lassen. Das Dumme ist nur Schwarzbären, sowie junge Grizzlys und Braunbären können auch auf Bäume klettern. Experten raten dazu die Kochstelle 100 Meter vom Lager entfernt einzurichten und auch Lebensmittel in dieser Entfernung und bevorzugt in 4 Metern Höhe in Bäumen zu lagern oder alternativ zu vergraben. Man sollte gefangene Fische nicht in Kontakt mit dem Boot kommen lassen und Messer mit denen man Lebensmittel schneidet nicht an der Hose abwischen. Außerdem sollte man Lebensmittel bevorzugt luftdicht verpacken und eventuell auf stark riechende Lebensmittel wie Salami verzichten. Ich hoffe, ich ernte keinen Shitstorm, aber Bärenexperten empfehlen den Müll im Bärengebiet zu verbrennen.
4. Urzeitliche Monster - Schlangen: In Deutschland gibt es zwar Giftschlangen, aber die sind sehr scheu und sehr selten, außerdem ist deren Gift mehr oder minder harmlos. Die einzige ernste Gefahr wäre ein allergischer Schock, aber den kann man auch von Erdnussbutter bekommen und trotzdem hat niemand Angst vor Erdnussbutter.
5. Scorpione: Ja, im Ernst, es gibt in Deutschland Scorpione, z.B. den Alpenscorpion. Allergings ist deren Stich nicht gefährlicher als ein Bienenstich.
6. Hirsche: Hirsche sind während der Brunft ... sagen wir etwas reizbar, außerdem sind Hirsche nicht die hellsten Leuchten im Wald. Wenn ihr in der Abenddämmerung oder im Morgengrauen ein Röhren auf einer Waldlichtung oder am Waldrand hört, dann ist das vermutlich ein brünftiger Hirsch. Normalerweise würde ein Hirsch flüchten, wenn er euch sieht, aber in der Brunft sind die Hirsche ein wenig "berauscht" und könnten aggressiv reagieren, deshalb geht Hirschen in der Brunft aus dem Weg. Allgemein ist es nicht ratsam einem Tier im Weg zu stehen, das ein riesiges spitzes Geweih mit sich herum trägt, also schlagt euer Lager nicht auf einem Wildwechsel auf. Grundsätzlich sind Hirsche aber ziemlich harmlos, in der Regel wird ein Hirsch flüchten, sobald er euch bemerkt. Selbst eine Hirschkuh mit Jungtieren wird euch nicht angreifen.
7. Füchse: Füchse sind absolut harmlos für den Menschen. Ein Fuchs erlegt keine Beute größer als ein neugeborenes Lamm. Die größte Gefahr bei Füchsen ist die Tollwut, sollte also ein Fuchs zutraulich wirken und mit Schaum am Maul auf euch zu kommen, dann werft am Besten mit Tannenzapfen oder Steinen nach ihm. Schlagt euer Lager nie neben einem Fuchsbau auf, weniger zu eurem Schutz vor dem Fuchs, als viel mehr, weil es auch ein Dachsbau sein könnte. Manchmal leben Füchse sogar in Dachsbauten zur Untermiete. Außerdem solltet ihr die Nachtruhe der Tiere nicht durch eure Anwesenheit am Bau stören.
8. Dachs: Der Dachs ist harmlos und jagt nur Regenwürmer und Niederwild, also bestenfalls mal einen Igel, den er entrollen und fressen kann. Ihr solltet ihn jedoch nicht in die Enge treiben, denn dann können Dachse sich sehr aggressiv verhalten und ein Dachsbiss führt schnell zu einer Blutvergiftung. Ihr könntet außerdem in einen Dachsbau einbrechen, denn ein Dachsbau kann bis zu 40 Meter Durchmesser und eine Tiefe von 5 Metern haben.
9. Biber: Das ist für mich eine der größten Gefahren in deutschen Wäldern, denn wo ein Biber sein Unwesen treibt kann bereits ein leichter Wind den Wald in eine tödliche Falle verwandeln. Biber fressen die Stämme unzähliger Bäume an und bringen sie zu Fall. An unserem Badesee gibt es Ecken die sind wegen umstürzender Bäume gesperrt und wir reden hier teils von 40 cm dicken Bäumen, welche der Biber gefällt hat. Doch wir haben auch Biber an unscheinbaren Gräben mitten im Wald und der Biber treibt dort auch oft 50 Meter abseits von jedem Gewässer sein Unwesen und fällt Bäume. Die größte Gefahr sind jedoch nicht die gefällten Bäume, sondern jene die nur gefährlich tief angefressen wurden und dann beim nächsten Wind umstürzen. Wenn ihr also Biberspuren an einem Baum seht, dann meidet das Gebiet weiträumig.
10. Zecken: Ich hatte letztes Jahr Borreliose, rechtzeitig erkannt ist sie gut behandelbar. Wenn möglich sollte man sich täglich selbst (ggf. mit einem Spiegel) oder gegenseitig auf Zecken absuchen. Findet man eine Zecke sollte man sie herausdrehen, wenn möglich desinifizieren und die Stelle mit einem Kugelschreiber oder Filzstift markieren. Bildet sich in den darauf folgenden Tagen (bis 2 Wochen) eine größere Rötung oder ein roter Ring um die Einstichstelle, bitte sofort einen Arzt aufsuchen. Außerdem wird durch Zecken FSME, also Gehirnhautentzündung übertragen, man sollte daher auf Erkältungssymtome achten, wenn man sich schlecht fühlt, Fieber bekommt, sich müde und erschöpft fühlt, Kopfschmerzen oder Nackenstarre bekommt, wenn man besonders Licht-empfindlich reagiert, wenn einem schwindelig oder übel wird, dann sollte man einen Arzt konsultieren.
11. Menschen: Da gibt es nichts zu beschönigen, Menschen sind gefährlich, allerdings hätte ich weit mehr Angst in der Stadt durch eine finstere Seitenstraße zu laufen, als einem Förster im Wald zu begegnen. Mal davon abgesehen, dass der Förster einen vielleicht verjagt wird auch einer Frau kaum etwas passieren. Ein Förster oder Jäger ist vor Ort bekannt, er kann sich nicht wie ein Hooligan in der Stadt anonym in Nichts auflösen. Für alle anderen gibt es Pfefferspray.
Nein im Ernst, ich hatte noch nie so viel Schiss im Freien zu schlafen wie vor 20 Jahren mitten in Berlin Kreuzberg. Dagegen sind deutschlands Wälder unglaublich sicher.
Welche Gefahren könnte es in deutschen Wäldern sonst noch geben? Wovor habt ihr Angst im Wald?