Schon länger spiele ich mit dem Gedanken, mir ein Faltboot zu holen um es mit der Bahn transportieren zu können. Was mich bisher davon abgehalten hat, war die lange Aufbauzeit und vor allem, dass man dann einen Rucksack nur mit Faltboot hat. Ich wollte jedoch Übernachtungskrempel und Boot in einem Rucksack unterbekommen, um damit auch Mehrtagestouren machen zu können. Und dann bin ich auf Packrafts gestoßen. Erst skeptisch beäugt und mir gedacht, bei diesen dünnen Materialien, da kann es sich doch nur um Einmalartikel handeln. Dann jedoch Videos gesehen wie mit den Dingern umgegangen wird, erst jedesmal "oooohhh" und "autsch" gedacht, aber dann gesehen, die Dinger halten ja doch ganz gut was aus.
Danach habe ich lange überlegt und mir Gedanken gemacht und dann schließlich das Anfibio Sigma TX bestellt.
Freitag ist es angekommen, gestern musste es natürlich gleich das erste Mal gequält werden. Also, Boot und Paddel gesattelt und auf zum unteren Wehr in Gießen. So sah es aus nachdem alles startklar war:
Nach nicht all zu langer Zeit war schon das erste Wehr in Sicht
Ob ich da mit dem Packraft wirklich runter soll? Egal, ich habe beschlossen dass da runter sicherer ist wie aussteigen und bin da runter.
Nach etwas Geschrabbel des Bugs an der rechten Wand war ich unten. Hätte ich vorher nicht schon einige Videos gesehen, hätte ich mich bei diesem Geräusch schon das erste Mal untergehen sehen. Nach einem guten Stück mit mehr Strömung wurde es dann wieder ruhiger und ich konnte die Kamera auspacken. Vorher war mir das zu heiß, nicht dass ich während des Moments des nicht steuerns im nächsten Baum hänge.
Überall konnte man die Hinterlassenschaften des letzten Hochwassers erkennen.
Es ging weiter die Lahn hinab.
Mittlerweile klappte auch das Paddeln ganz gut. Ich hatte heute zum ersten Mal ein Doppelpaddel in der Hand. Dass ich keine Verschränkung haben möchte (kurz ausprobiert), war genau so schnell festgestellt, wie dass die volle Länge des Paddels von 225cm am besten passt. Am Anfang habe ich mir jedoch Wasser ohne Ende in's Boot geschaufelt und bin ständig an der Bordwand hängen geblieben. Da dachte ich schon, Mist, Fehlkauf, nix wie raus aus dem Ding bei der nächsten Möglichkeit. Aber mittlerweile klappte es ganz gut. Ich habe gemerkt dass es garnicht daran lag, dass ich zu steil einstach, sondern dass ich es bis hinter die Hüfte zurück führte und daher sehr schräg hielt (also zu viel Richtung parallel zum Boot anstatt 90 Grad zum Boot). Ganz gut ging es, übertrieben gesprochen, wenn ich die Arme nach vorne streckte und das Paddel einfach vor dem Körper seine Achten ziehen ließ.
Was jetzt noch störte war, dass das Boot kaum Spurtreue hat. Das wusste ich ja vorher. Ist beim Paddeln auch nicht schlimm, ist ja leicht zu korrigieren. Aber sobald man aufhört zu Paddeln macht es kurz darauf schon eine 180-Grad-Drehung. Nervte mich am Anfang total, mittlerweile sehe ich es lockerer. So hat man automatisch 360-Grad-Sightseeing wenn man sich nur treiben lässt. Auch wenn man mal in ne andere Richtung gucken will ist es schön, wenn das Boot sich so leicht drehen lässt. Ein beherzter Paddelschlag und schon guckt man in die andere Richtung.
Diese Bäume hier haben es mir irgendwie angetan.
Am nächsten Rastplatz wollte ich stehen bleiben. Der Steg wurde erst nach meiner Ankunft belegt. Aber ich entschied mich wieder, lieber nicht diesen Steg zu nutzen, sondern lieber neben einem Stein anzulanden und mich dann an dem Baum der dabei stand aus dem Wasser zu ziehen.
Ein Schwan gab schnell mit dem Betteln auf, der andere ist noch lange geblieben um auf etwas zu Futtern zu warten.
Das hier war mein Anlegeplatz.
Nach dem Ablegen hatte ich noch etwas Begleitung. Wenn ich dahin trieb, ragte der Schnabel schon fast über die Bordwand, wenn ich paddelte wurde der Sicherheitsabstand mal kurz auf 3 Meter erhöht, um ihn gleich danach wieder zu verringern.
Mittlerweile wurden meine Arme immer schwerer. Als wenn das nicht genug wäre, wurde die Strömung der Lahn immer langsamer...
... bis sie mir dann kaum noch half und ich mehr oder minder alleine für Vortrieb sorgen musste.
Endlich eine Schleuse
Aber gefühlt stand hier unterhalb der Schleuse schon der Pegel der nächsten Staustufe an und ich musste wieder selber ran. Ich hätte vielleicht bedenken sollen dass ich heute Muskeln benutze, die bisher ihr untätiges Dasein in meinem Körper gefristet haben. Mittlerweile hat es doch schon ganz schön angefangen in den Muskeln zu ziehen.
Weiter geht es mit Brückenbauarbeiten an der A45.
Und einer schönen alten Eisenbahnbrücke.
Endlich mal keine Wellen im Bild, die ich immer verursache wenn ich aufhöre zu Paddeln und sich das Boot dreht.
Schon wieder Schleuse
Und so langsam Wetzlar in Sicht.
Nochmal etwas Sighseeing in Wetzlar
Hoppla, fast hätte ich das Selfie vergessen
Ein Foto vom Wehr in sicherem Abstand
Und hier dann doch beschlossen die Tour zu beenden und die Bootsgasse nicht zu nehmen. Erstens erscheint sie sehr schmal und zweitens steht das Wasser an der roten Markierung. Befahrung nur erlaubt wenn das Wasser unterhalb der roten Markierung steht. Ich denke es stand genau an der Grenze.
An diesem Steg musste ich erstmal rätseln wie ich hier aus dem Boot kommen soll. Alles was Schaden nehmen kann wenn es nass wird habe ich erstmal an Land gelegt und dann ging es doch ganz gut mit Arsch über Bordwand und Arschkante auf Steg.
Hier wurde mir dann gleich mal gezeigt was ein schnittiges Boot ist. Gleich mal nachgefragt wie schnell man damit Spitze und Ausdauer ist. Spitze 18 km/h, während dem Training dauerhaft mit 13 km/h unterwegs.
Ich hab mich dann mal kurz darüber geärgert dass mein Packraft solch eine lahme Krücke ist, habe mich dann kurz darauf aber wieder erinnert wieso ich genau so ein Ding gekauft habe. Ja richtig, schwupps, weg isses
Dann noch gemütlich zum Bahnhof nach Wetzlar und direkt von dort zurück in den Vogelsberg.
Hier noch die GPS-Aufzeichung für alle die es interessiert. Vielleicht für den ein oder anderen der die Lahn noch nicht kennt zum Nachpaddeln. Für alle anderen die die Lahn kennen und vielleicht auch mit dem Gedanken liebäugeln ein Packraft zu kaufen um zu gucken wie langsam man damit unterwegs sein kann